Bockmist
weißt nicht zufällig, was er von Spencer wollte?«
»Wer sagt das?«
»Weißt du’s?«
»Nein.«
Paulies Blick wanderte über meine Schulter, und ich drehte mich um, weil ich wissen wollte, was es dort zu sehen gab. Die beiden Männer an der Tür waren aufgestanden. Der ältere sprach kurz mit dem Oberkellner, der daraufhin einen Kellner an unseren Tisch schickte. Ein paar Speisende sahen zu.
»Mr Lang?«
»Das bin ich.«
»Telefon, Sir.«
Ich entschuldigte mich bei Paulie, der einen Finger anleckte und Krümel vom Tischtuch pickte.
Als ich zur Tür kam, war der jüngere Verfolger verschwunden. Ich versuchte Blickkontakt mit dem älteren herzustellen, aber der war in einen anonymen Stich an der Wand versunken. Ich hob ab.
»Master«, sagte Solomon, »es ist was faul im Staate Dänemark.«
»Das ist aber schade«, sagte ich, »eben war doch alles noch so frisch und knackig.«
Solomon wollte antworten, aber es klickte und knackte, und ich hatte O’Neals Näselstimme in der Leitung.
»Lang, sind Sie das?«
»Voll«, sagte ich.
»Das Mädchen, Lang. Die junge Frau, muß ich wohl sagen. Wissen Sie zufällig, wo die im Moment steckt?«
Ich lachte.
»Sie wollen von mir wissen, wo sie ist?«
»Allerdings. Wir haben Schwierigkeiten, sie ausfindig zu machen.«
Ich warf meinem Verfolger, der immer noch den Stich studierte, einen Blick zu.
»Ich kann Ihnen zu meinem Bedauern nicht helfen, Mr O’Neal«, sagte ich. »Schauen Sie, ich verfüge über kein Personal von 9000 Mann und keinen Etat von zwanzig Millionen Pfund, um Leute aufzuspüren und im Auge zu behalten. Aber wissen Sie was? Versuchen Sie’s doch mal bei den Sicherheitsbeamten vom Verteidigungsministerium. Die sollen sich auf so was ganz fabelhaft verstehen.«
Aber er hatte schon aufgelegt, bevor ich das Wort »Ministerium« ganz ausgesprochen hatte.
Ich ließ Paulie die Rechnung begleichen und stieg in einen Bus zum Holland Park. Ich war gespannt darauf, in welchem Zustand O’Neals Büttel meine Wohnung hinterlassen hatten, außerdem war ich neugierig, ob wieder kanadische Waffenhändler mit alttestamentarischen Namen Fühlung mit mir aufgenommen hatten.
Solomons Verfolger stiegen in denselben Bus und schauten aus dem Fenster, als sähen sie London zum ersten Mal.
Als wir uns Notting Hill näherten, sprach ich sie an.
»Sie können ruhig mit mir zusammen aussteigen«, meinte ich. »Dann brauchen Sie nicht von der nächsten Haltestelle zurückzurennen.« Der ältere tat unbeteiligt, aber der jüngere grinste. Im Endeffekt stiegen wir alle zusammen aus, sie postierten sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite, und ich ging ins Haus.
Auch wenn es mir niemand gesagt hätte, wäre mir aufgefallen, daß die Wohnung durchsucht worden war. Ich hatte nicht erwartet, daß sie die Bettwäsche wechseln oder einmal mit dem Staubsauger durch die Wohnung gehen würden, aber ich fand, sie hätten sie ruhig in besserer Verfassung zurücklassen können. Alle Möbel waren verrückt, meine wenigen Bilder hingen schief, und die falsche Bücherordnung in den Regalen war zum Heulen. Sie hatten sogar eine andere CD aufgelegt. Vielleicht hatten sie auch einfach das Gefühl, Professor Longhair eigne sich besser für die Hausdurchsuchung.
Ich fing gar nicht erst mit dem Aufräumen an, sondern ging in die Küche, setzte Wasser auf und fragte laut: »Tee oder Kaffee?«
Im Schlafzimmer raschelte es leise.
»Oder möchten Sie lieber eine Cola?«
Ich kehrte der Tür den Rücken zu, während sich der Kessel dem Kochen entgegenpfiff, aber ich hörte trotzdem, daß sie an der Küchentür auftauchte. Ich löffelte Kaffee in einen Becher und drehte mich um.
Statt des Morgenrocks aus Seide füllte Sarah Woolf jetzt eine ausgewaschene Jeans und ein dunkelgraues Polohemd. Ihr Haar hatte sie locker zurückgebunden, wofür manche Frauen fünf Sekunden und andere fünf Tage brauchen. Farblich auf das Hemd abgestimmt, hielt sie in der Rechten eine Walther Automatik TPH Kaliber .22.
Die TPH ist ein schnuckeliges Ding. Sie hat einen Geradmasseverschluß, ein sechsschüssiges Kastenmagazin und einen 5,7 Zentimeter langen Lauf. Als Waffe ist sie keinen Pfifferling wert, außer man trifft unter Garantie mit dem ersten Schuß Herz oder Gehirn, denn sonst fällt man dem Menschen, auf den man schießt, bloß auf den Wecker. Die meisten Leute haben selbst mit einer nassen Makrele größere Chancen.
»Mr Fincham«, sagte sie, »verraten Sie mir doch, woher Sie wußten,
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