Bockmist
Schaufenster im Augenwinkel und versank im Halbdunkel der Galerie. Außer der Blondine schien niemand da zu sein, was mich nicht weiter überraschte, nachdem ich die Bilder sah.
»Kennen Sie Terence Glass?«, fragte sie und reichte mir eine Visitenkarte und eine Preisliste. Sie war ein fürchterlich kultiviertes junges Ding.
»Ja, allerdings«, sagte ich. »Drei hab’ ich übrigens schon.«
Was sollte ich sonst sagen? Manchmal muß man einfach ins Blaue reden, oder?
»Drei was?«, fragte sie.
Auch wenn man nicht immer ins Schwarze trifft.
»Gemälde.«
»Gute Güte«, sagte sie. »Ich wußte gar nicht, daß er malt. Sarah«, rief sie nach hinten, »wußtest du, daß Terence malt?«
Aus der hinteren Galeriehälfte erklang eine kühle amerikanische Stimme. »Terry hat noch nie in seinem Leben gemalt. Der kann doch kaum seinen Namen schreiben.«
Ich sah hoch, als Sarah Woolf gerade durch den Torbogen schritt, eine makellose Schönheit im Pepitakostüm und wieder mit der sanften Bugwelle aus Fleur de Fleurs.
Aber sie würdigte mich keines Blickes, sondern sah zum Galerieeingang.
Ich folgte ihrem Blick und sah McCluskey, der in der offenen Tür stand.
»Aber dieser Herr sagt, er habe drei …«, sagte die Blondine lachend.
McCluskey ging zügig auf Sarah zu, seine rechte Hand glitt in den Mantel. Ich schubste die Blondine mit dem rechten Arm beiseite, hörte ihre verhaltenen Proteste, und im selben Augenblick drehte sich McCluskey um und sah mich an.
Als er sich ganz zu mir gedreht hatte, trat ich ihm mit vollem Schwung in den Bauch, und um den Tritt abzuwehren, mußte er die Rechte aus dem Mantel ziehen. Der Tritt erreichte sein Ziel und hob McCluskey einen Augenblick lang von den Füßen. Er senkte den Kopf und schnappte nach Luft, ich glitt hinter ihn und legte ihm den linken Arm um den Hals. Die Blondine schrie mit vornehmem Genäsel »O mein Gott« und griff hektisch nach dem Telefon auf dem Tisch, aber Sarah blieb einfach mit an den Körper gepreßten Armen stehen. Ich schrie sie an, sie solle weglaufen, aber entweder hörte sie mich nicht, oder sie wollte mich nicht hören. Als ich McCluskeys Hals stärker zudrückte, versuchte er, seine Finger zwischen meine Armbeuge und seine Kehle zu schieben, hatte aber keine Chance.
Ich legte ihm den rechten Ellbogen auf die Schulter und die rechte Hand an den Hinterkopf. Die linke Hand schmiegte sich in die rechte Armbeuge, und fertig: Schaubild (c) im Kapitel »Genickbrechen: Die Grundlagen«.
Als McCluskey nach mir trat und stieß, zog ich den linken Unterarm an und schob die rechte Hand vor – er hörte schlagartig auf zu treten. Er hörte auf zu treten, weil er wußte, was ich auch wußte und ihn wissen lassen wollte: Noch ein paar Kilopond Druck, und er war Geschichte.
Ich könnte es nicht beschwören, aber ich glaube, in dem Augenblick muß sich der Schuß gelöst haben.
Ich kann mich nicht erinnern, ob ich mich getroffen fühlte. Ich hörte bloß das trockene Poppen durch die Galerie hallen und roch das verbrannte Zeug, das man heutzutage benutzt.
Erst dachte ich, sie hätte auf McCluskey geschossen, und schrie sie an, ich hätte doch alles im Griff, und was sie überhaupt noch hier zu suchen habe, ich sagte ihr doch, sie solle sich aus dem Staub machen. Dann dachte ich, meine Güte, ich schwitz’ aber doll, weil mir die Suppe schon unterm Gürtel durchsickerte. Ich sah hoch und merkte, daß Sarah ein zweitesmal schießen wollte. Vielleicht hatte sie auch schon. McCluskey hatte sich freigezappelt, und ich fiel anscheinend gegen eins der Bilder.
»Sie dumme Kuh«, sagte ich, »ich bin … auf Ihrer Seite. Das da ist er … der … der da will … Ihren Vater umbringen. Scheiße.«
Das »Scheiße« bezog sich darauf, daß plötzlich alles ganz komisch wurde. Lichter, Geräusche, Bewegungen.
Sarah baute sich vor mir auf, und unter anderen Umständen hätte ich mich vielleicht an ihren Beinen ergötzt. Aber die hatten sich nicht verändert, sondern waren gleich geblieben. Ich hatte nur noch ihre Walther vor Augen.
»Das wäre einigermaßen hirnrissig, Mr Lang«, sagte sie. »Das könnte er auch zu Hause.« Darauf konnte ich mir keinen Reim machen. Hier lief einiges falsch, verdammt falsch, nicht zuletzt die Betäubung in meiner linken Körperhälfte. Sarah kniete sich neben mich und drückte mir die Revolvermündung unters Kinn.
»Das da«, sie wies mit dem Daumen auf McCluskey, »ist mein Vater.«
Da ich mich an nichts weiter erinnern kann,
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