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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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ein Mann, der weiß, daß er jederzeit verfolgt werden kann, und über gewisse Vorkenntnisse in puncto Gegenmaßnahmen verfügt. Ich durfte nicht riskieren, ihm zu nahe zu kommen, und das ließ sich nur mit Rennen umgehen; auf den geraden Strecken zurückbleiben, volle Pulle aufdrehen, sobald er um eine Ecke bog, aber rechtzeitig stehenbleiben für den Fall, daß er kehrtmachte. Eine Profi-Einheit hätte natürlich von all dem abgeraten, weil man dabei die Gefahr außer acht läßt, daß er jemanden hat, der ihm den Rücken deckt und dem so ein sprintender, schlurfender, schaufensterbummelnder Veitstänzer nach einer gewissen Zeit auffällt.
    Der erste Abschnitt war kinderleicht. McCluskey watschelte die Fleet Street runter und dann die Strand weiter, am Savoy überquerte er die Straße und ging in Richtung Norden zum Covent Garden. Dort bummelte er an den Myriaden nutzloser Lädchen vorbei und schaute fünf Minuten lang einem Jongleur vor der Actors Church zu. Erfrischt marschierte er anschließend in flottem Tempo in Richtung St Martin’s Lane, ging zum Leicester Square weiter und täuschte plötzlich an, indem er nach Süden zum Trafalgar Square abbog.
    Als wir unten in der Haymarket angekommen waren, troff mir der Schweiß aus allen Poren, und ich hoffte inständig, er würde sich endlich ein Taxi nehmen. Das tat er aber erst in der Lower Regent Street, und ich brauchte qualvolle zwanzig Sekunden, bis ich ein anderes fand.
    Ja, natürlich war es ein anderes. Selbst ein blutiger Laie im Verfolgen weiß, daß man nicht in dasselbe Taxi steigt wie der Verfolgte. Ich ließ mich auf den Sitz fallen und rief dem Fahrer zu: »Folgen Sie dem Taxi dort« und merkte dann erst, wie komisch das im richtigen Leben klingt. Für den Fahrer war das anscheinend ganz alltäglich.
    »Sagen Sie«, meinte er, »schläft er mit Ihrer Frau oder Sie mit seiner?«
    Ich lachte, als wäre das der beste Witz, den ich seit Jahren gehört hätte; das muß man bei Taxifahrern so machen, damit sie einen auf dem kürzesten Weg zum gewünschten Ziel bringen.
    McCluskey stieg am Ritz aus, mußte seinem Fahrer aber gesagt haben, er solle das Taxameter laufen lassen. Ich ließ ihm drei Minuten Vorsprung, bis ich seinem Beispiel folgte, aber als ich gerade aussteigen wollte, kam er wieder rausgewetzt, und weiter ging die wilde, verwegene Jagd.
    Wir krochen einige Zeit die Piccadilly entlang und bogen dann nach rechts in enge, leere Straßen ab, die ich noch nie gesehen hatte. In dieser Gegend bauten geschickte Gewerbetreibende in Handarbeit Unterwäsche für Inhaber von American-Express-Karten zusammen.
    Ich beugte mich vor, um den Fahrer zu instruieren, er solle nicht zu dicht aufschließen, aber er machte das nicht zum ersten Mal oder hatte beim Fernsehen aufgepaßt, jedenfalls hielt er immer Abstand.
    McCluskeys Taxi hielt in der Cork Street an. Ich sah, wie er bezahlte, und sagte meinem Fahrer, er solle langsam vorbeifahren und mich zweihundert Meter weiter absetzen.
    Das Taxameter zeigte sechs Pfund an, ich reichte dem Fahrer einen Zehnpfundschein durch die Trennscheibe und kam in den Genuß seiner fünfzehnsekündigen Vorstellung von »Ich weiß gar nicht, ob ich das wechseln kann«, in der Hauptrolle Lizenz-Besitzer Nr. 99.102, bevor ich ausstieg und die Straße zurücklief.
    In diesen fünfzehn Sekunden war McCluskey verschwunden. Ich hatte ihn zwanzig Minuten und acht Kilometer weit verfolgt und auf den letzten paar hundert Metern verloren. Wahrscheinlich geschah es mir ganz recht, weil ich beim Trinkgeld so geknausert hatte.
    Cork Street besteht samt und sonders aus Kunstgalerien, die meisten mit riesigen Fenstern zur Straße, und mir ist irgendwann aufgegangen, daß Fenster sich zum Hinausgucken ebenso eignen wie zum Hineinsehen. Ich konnte mir schlecht an allen Kunstgalerien die Nase plattdrücken, bis ich ihn gefunden hatte, also versuchte ich es auf gut Glück. Ich ging zu der Stelle zurück, wo McCluskey ungefähr ausgestiegen war, und probierte die nächste Tür aus.
    Sie war abgeschlossen.
    Ich stand da, sah auf die Uhr und überlegte, wann eine Galerie wohl geöffnet sein mochte, wenn sie um zwölf geschlossen war, als eine Blondine in einem adretten schwarzen Hemdkleid aus dem Halbdunkel auftauchte und den Riegel zurückschob. Sie öffnete die Tür mit einem Begrüßungslächeln, und plötzlich hatte ich keine andere Wahl mehr, als einzutreten. Meine Hoffnungen, McCluskey wiederzufinden, schwanden zusehends.
    Ich behielt das

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