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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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nehme ich an, daß ich das Bewußtsein verloren habe.
     
    »Wie fühlen Sie sich?«
    Diese Frage bekommt man zwangsläufig zu hören, wenn man in einem Krankenhausbett auf dem Rücken liegt, aber mir wäre es trotzdem lieber gewesen, sie hätte nicht gefragt. Mein Hirn fühlte sich wie Rührei an, bei dessen Anblick man den Ober rufen und Schadensersatz verlangen möchte.
    Ich hätte es viel sinnvoller gefunden, sie zu fragen, wie ich mich fühlte. Aber sie war Krankenschwester und wollte mich also vermutlich nicht umbringen, deshalb beschloß ich, sie bis auf weiteres zu mögen.
    Mit großer Anstrengung riß ich die verklebten Lippen auseinander und krächzte: »Prima.«
    »Gut«, sagte sie. »Der Doktor kommt gleich mal kurz bei Ihnen vorbei.« Sie tätschelte mir den Handrücken und verschwand. Ich schloß ein paar Sekunden die Augen, und als ich sie wieder aufschlug, war es draußen dunkel. Ein weißer Kittel beugte sich über mich, und obwohl sein Träger jung genug war, um mein Bankmanager zu sein, nahm ich der Einfachheit halber an, daß er Arzt war. Er gab mir mein Handgelenk zurück, obwohl ich gar nicht gemerkt hatte, daß er es mir weggenommen hatte, und notierte sich etwas auf einem Klemmbrett.
    »Wie fühlen Sie sich?«
    »Prima.«
    Er kritzelte weiter.
    »Das sollten Sie aber nicht. Sie sind angeschossen worden und haben eine Menge Blut verloren, aber das ist kein Problem. Sie haben Glück gehabt. Die Kugel ist durch die Achselhöhle gedrungen.« Er sagte das, als wäre die Angelegenheit ganz und gar meine Schuld. War sie ja auch irgendwie.
    »Wo bin ich?«, fragte ich.
    »Im Krankenhaus.«
    Er ging.
    Später schob eine sehr fette Frau einen Teewagen herein und stellte einen Teller mit etwas Braunem und Übelriechendem auf den Tisch am Bett. Ich konnte mir nicht vorstellen, was ich ihr je getan haben sollte, aber es muß wirklich schlimm gewesen sein.
    Anscheinend sah sie ein, daß sie überreagiert hatte, denn eine halbe Stunde später kam sie zurück und nahm den Teller wieder mit. Bevor sie aus dem Zimmer ging, verriet sie mir noch, wo ich war. Im Krankenhaus Middlesex, William-Hoyle-Station.
     
    Mein erster echter Besucher war Solomon. Er kam herein, sah zuverlässig und unverändert aus, setzte sich aufs Bett und warf eine Papiertüte mit Weintrauben auf den Tisch.
    »Wie fühlt Ihr Euch?«
    So langsam zeichnete sich da ein Muster ab.
    »Ich fühle mich«, sagte ich, »als wäre ich angeschossen worden, läge zur Genesung in einem Krankenhausbett, und ein jüdischer Polizist säße auf meinem Fuß.« Er rückte ein Stück beiseite.
    »Man hört, Ihr hättet Glück gehabt, Master.«
    Ich steckte eine Traube in den Mund.
    »Glück wie in …?«
    »Wie in: nur ein paar Zentimeter vom Herzen weg.«
    »Oder ein paar Zentimeter vom Danebenschießen. Hängt ganz von der Betrachtungsweise ab.«
    Er nickte und überlegte.
    »Und Eure?«, fragte er dann.
    »Und meine was?«
    »Betrachtungsweise.«
    Wir sahen uns an.
    »England sollte gegen Holland mit einer schlichten Viererabwehrkette spielen«, sagte ich.
    Solomon erhob sich vom Bett und schälte sich aus dem Regenmantel. Ich konnte das gut nachvollziehen, denn die Temperatur mußte um die 36 Grad betragen, und im Zimmer schien viel zu viel Luft zu sein.
    Sie saß in dichtgedrängten Haufen da, im Gesicht und in den Augen, man hatte das Gefühl, man säße im Berufsverkehr in der U-Bahn und unmittelbar bevor sich die Türen schlossen, hätten sich noch einige Kubikmeter zusätzlich reingedrängelt.
    Ich hatte schon eine Schwester gefragt, ob man die Heizung nicht runterdrehen könne, aber sie hatte mir erklärt, die werde von einem Computer in Reading geregelt. Wenn ich zu den Menschen gehörte, die Leserbriefe an den Daily Telegraph schreiben, dann hätte ich jetzt einen Leserbrief an den Daily Telegraph geschrieben.
    Solomon hängte seinen Mantel an die Tür.
    »Nun denn, Sir«, sagte er, »ob Ihr es glaubt oder nicht, die Damen und Herren, denen ich mein Gehalt verdanke, haben mich gebeten, Euch eine Erklärung zu entlocken, wie es dazu kam, daß Ihr auf dem Boden einer renommierten Kunstgalerie im West End lagt und eine Kugelwunde in der Brust hattet.«
    »Achselhöhle.«
    »Achsel-… wenn Euch das konveniert, … -höhle. Also, verratet Ihr es mir freimütig, Master, oder muß ich Euch ein Kissen aufs Gesicht drücken, bis Ihr kooperiert?«
    »Also«, sagte ich aus dem Gedanken heraus, wir könnten das Geschäftliche auch gleich hinter uns bringen,

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