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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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Barnes, »wir machen einen Spaziergang.« Er war schon aus dem Wagen und lief am Embankment entlang, bevor ich etwas sagen konnte. Ich blickte in den Rückspiegel und merkte, daß Lucas mich ansah.
    »Ein bemerkenswerter Mann«, sagte ich.
    Lucas wandte den Kopf und sah Barnes’ sich entfernendem Rücken nach, dann blickte er wieder in den Spiegel.
    »Passen Sie auf, ja?«, sagte er.
    Ich zögerte, die Hand schon am Türhebel. Mike Lucas klang nicht besonders glücklich. Ganz und gar nicht.
    »Auf irgendwas Bestimmtes?«
    Er zog die Schultern hoch und hielt die Hand vor den Mund, damit man seine Lippenbewegungen nicht erkennen konnte.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er, »ich schwöre bei Gott, ich weiß es nicht. Aber hier ist irgendeine Kacke am Dampfen …« Er verstummte, weil er hörte, wie sich hinter uns Autotüren öffneten und schlossen.
    Ich legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Danke«, sagte ich und stieg aus. Einige Carls schlenderten auf den Wagen zu und drückten ihre Stiernacken heraus. Zwanzig Meter weiter sah Barnes zu uns her und wartete wohl, daß ich zu ihm aufschloß.
    »Ich glaube, nachts gefällt mir London am besten«, sagte er, als wir in Gleichschritt gefallen waren.
    »Mir auch«, sagte ich, »der Fluß glitzert dann so schön.«
    »Der Fluß kann mich mal«, sagte Barnes. »London gefällt mir nachts am besten, weil man es dann nicht sehen muß.«
    Ich lachte, hörte aber gleich wieder auf, weil er es wahrscheinlich ernst meinte. Er wirkte verbittert, und als Hypothese formulierte ich, daß er als Strafe für eine Pflichtverletzung in der Vergangenheit nach London versetzt worden war und über die ihm widerfahrene Behandlung unaufhörlich wütete und schäumte. Und das ließ er die Stadt jetzt büßen.
    Er unterbrach mein Hypothetisieren.
    »O’Neal sagt, Sie hätten da eine kleine Theorie«, sagte er. »Hätten sich da so Ihre Gedanken gemacht. Stimmt das?«
    »Allerdings.«
    »Na, dann lassen Sie mal hören.«
    Und da eigentlich nichts dagegen sprach, legte ich los und hielt ihm denselben Vortrag, den ich O’Neal im Shala gehalten hatte, flocht hier etwas ein und ließ da etwas weg. Barnes hörte ohne großes Interesse zu, und als ich fertig war, seufzte er. Ein langer, müder »Herrgott, was soll ich mit dem bloß machen?«-Seufzer.
    »Um nicht um den heißen Brei herumzureden«, meinte ich, weil ich aus meinen Gefühlen keinen Hehl machen wollte. »Ich finde, Sie sind ein gefährliches, korruptes, verlogenes Stück neun Tage alter Moskitoscheiße. Ich würde Sie jederzeit und mit Freuden umbringen, aber das würde Sarahs Lage wohl nur noch schlimmer machen.« Aber auch das schien ihn nicht groß zu kratzen.
    »Aha«, sagte er. »Und was Sie mir da grade erzählt haben …«
    »Was soll damit sein?«
    »Das haben Sie natürlich alles schriftlich. Haben Kopien an Ihren Anwalt geschickt, Ihre Bank, Ihre Mutter und die Queen, und erst im Fall Ihres Todes darf das alles geöffnet werden. Das übliche Drum und Dran?«
    »Selbstverständlich. Wissen Sie, wir haben hier sogar schon Fernsehprogramme.«
    »So würd’ ich diesen Scheiß nicht gerade nennen. Zigarette?« Er holte ein Päckchen Marlboro aus der Tasche und hielt es mir hin. Eine Weile rauchten wir, und ich fand es komisch, daß zwei Männer, die sich aus tiefster Seele haßten, einander plötzlich so vertraut wurden, einfach weil beide an brennendem Papier saugten.
    Barnes blieb stehen, stützte sich auf die Balustrade und sah in die schwarzen Schlammfluten der Themse hinunter. Ich blieb ein paar Meter auf Distanz; man kann die Männerfreundschaften schließlich auch übertreiben.
    »Okay, Lang. Folgendes«, sagte Barnes. »Ich sag’ das alles nur einmal, schließlich sind Sie kein Idiot. Sie haben voll ins Schwarze getroffen.« Er schnippte seine Zigarette weg. »Na toll. Dann schlagen wir eben Krach und wirbeln etwas Staub auf. Buhuhu. Was ist denn schon dabei?«
    Ich versuchte es auf die ruhige Methode. Wenn das nicht klappte, mußte Plan B herhalten: Schubs ihn in den Fluß und renn um dein Leben.
    »Was dabei ist?«, fragte ich langsam. »Wir stammen beide aus waschechten demokratischen Ländern, in denen der Wille des Volkes angeblich noch etwas zählt. Und ich habe den Eindruck, daß es gegenwärtig nicht der Wille des Volkes ist, daß seine Regierung durch die Gegend zieht und ihre eigenen oder fremde Bürger abmurkst, nur um im Großmaßstab in die eigene Tasche zu wirtschaften. Nächsten Mittwoch findet das Volk

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