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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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diese Idee vielleicht spitze. Aber momentan ist es sein Wille, daß wir das Wort ›böse‹ benutzen, wenn wir solche Aktivitäten diskutieren.« Ich nahm einen letzten Zug und schnippte dann ebenfalls meine Kippe ins Wasser. Ihr Fall schien kein Ende zu nehmen.
    »Zu Ihrer hübschen Rede, Lang«, sagte Barnes nach einer langen Pause, »hätte ich zwei Anmerkungen. Erstens: Keiner von uns lebt in einer Demokratie. Alle vier Jahre Wahlen abzuhalten, ist noch keine Demokratie. Beileibe nicht. Zweitens: Wer hat was davon gesagt, daß wir in die eigene Tasche wirtschaften?«
    »Ach natürlich.« Ich schlug mir an die Stirn. »Wie konnte ich das bloß vergessen? Sie spenden den ganzen Erlös aus dem Waffenverkauf dem Kinderschutzbund. Das Ganze ist eine riesige philanthropische Geste, und ich hab’s nicht mal gemerkt. Alexander Woolf wird völlig von den Socken sein.« Ich verlor die ruhige Methode langsam aus den Augen. »Aber Moment mal, dessen Eingeweide werden in der City ja grade von der Wand abgekratzt. Vielleicht ist er doch nicht so uneingeschränkt dankbar, wie er gern wäre. Sie, Mr Barnes«, ich fürchte, ich zielte sogar mit dem Finger auf ihn, »Sie haben doch einen an der Waffel.«
    Ich ließ ihn stehen und ging wieder am Fluß entlang. Zwei Carls mit Ohrhörern wollten mir den Weg abschneiden.
    »Was glauben Sie denn, wo das alles hinfließt, Lang?« Barnes hatte sich nicht von der Stelle gerührt, er sprach bloß etwas lauter. Ich blieb stehen. »Wenn ein arabischer Playboy im San Martin Valley aufkreuzt und fünfzig M-1-Abrams-Panzer und ein halbes Dutzend F-16 einsackt. Einen Scheck über eine halbe Milliarde Dollar ausstellt. Was glauben Sie, wo das ganze Geld hinfließt? Glauben Sie, ich krieg’ das? Glauben Sie, Bill Clinton kriegt das? David Letterman, dieser Arsch? Wo fließt das hin?«
    »Bitte, bitte, verraten Sie es mir«, sagte ich.
    »Ich werd’s Ihnen verraten, obwohl Sie es längst wissen. Es fließt an das amerikanische Volk. Zweihundertfünfzig Millionen Menschen bekommen dieses Geld.«
    Mühsam machte ich mich ans Kopfrechnen. Teile durch zehn, zwei im Sinn …
    »Da bekommt jeder zwei Dollar, stimmt’s? Jeder Mann, jede Frau, jedes Kind?« Ich saugte an den Zähnen. »Warum hab’ ich bloß das Gefühl, daß die Rechnung nicht aufgeht?«
    »Hundertfünfzigtausend Menschen«, sagte Barnes, »Verdanken diesem Geld ihren Job. Mit ihrer Arbeit ernähren sie weitere dreihunderttausend. Und mit einer halben Milliarde können diese Menschen eine Menge Öl, eine Menge Weizen und eine Menge Nissan Micras kaufen. Und die nächste halbe Million Menschen verkauft ihnen die Nissan Micras, und wieder eine halbe Million repariert die Nissan Micras und wäscht die Windschutzscheiben und prüft den Reifendruck. Die nächste halbe Million baut die Straßen, auf denen die beschissenen Nissan Micras fahren, und im Handumdrehen haben Sie zweihundertfünfzig Millionen gute Demokraten, die darauf angewiesen sind, daß Amerika weiterhin das einzige tut, wovon es noch etwas versteht: Waffen bauen.«
    Ich starrte in den Fluß hinab, weil mir bei diesem Mann ganz schwindlig wurde. Wo sollte man da denn auch einhaken?
    »Wenn es um das Wohlergehen dieser guten Demokraten geht, ist eine Leiche hier und eine Leiche da also zu verschmerzen. Wollen Sie darauf hinaus?«
    »Jou. Und jeder einzelne dieser guten Demokraten wird Ihnen das bestätigen.«
    »Alexander Woolf wohl kaum, glaube ich.«
    »Na toll.«
    Ich starrte weiter in den Fluß. Er sah dickflüssig und warm aus.
    »Im Ernst, Lang, so toll ist das wirklich nicht. Ein Mann gegen alle. Er wurde überstimmt. Da haben Sie Ihre Demokratie. Und soll ich Ihnen noch was sagen?« Ich drehte mich zu ihm um. Auch er sah mich jetzt an, und auf seinem zerfurchten Gesicht lag der flackernde Widerschein der Theaterreklame. »Es gibt weitere zwei Millionen US-Bürger, die ich noch gar nicht erwähnt habe. Wissen Sie, was die dieses Jahr machen?«
    Er kam langsam auf mich zu. Zuversichtlich.
    »Sie werden Anwalt?«
    »Sie sterben«, sagte er. Die Vorstellung schien ihn nicht weiter zu stören. »Sie sterben an Altersschwäche, bei Autounfällen, an Leukämie, Herzinfarkten, Kneipenprügeleien, Abstürzen beim Fensterputzen, scheißegal woran. Zwei Millionen Amerikaner sterben dieses Jahr, jetzt verraten Sie mir doch mal, ob Sie für jeden einzelnen von denen eine Träne vergießen?«
    »Nein.«
    »Und warum nicht, zum Donnerwetter? Was ist bei denen anders? Tot ist tot,

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