Bodenrausch
von der Regierung erhalten. Für Elfrieda Pschorn-Strauss von der Aktion GRAIN ist das Ende klar, man werde die Kleinlandwirte verdrängen und vertreiben, wie in anderen Teilen Afrikas auch. 71
Die Nachrichtagentur South African Press Association meldet, dass die kongolesische Regierung bereits ähnliche Verträge mit China, Brasilien und Israel abgeschlossen habe. 72
Kein Reis für Mali
Die Republik Mali, das ist zum größten Teil Wüste. Nur der Süden des Landes führt Wasser. Dort fließt der Niger. Er durchströmt das Land von West nach Südost auf seinem Weg ins tiefe Afrika. Die Geschichte Malis lässt sich als eine Geschichte von Armut und Hunger schreiben – auch Mali zählt zu den ärmsten Ländern des Kontinents – oder als eine Aufbruchgeschichte, in der Phönix aus der Asche steigt, weil er zur rechten Zeit am rechten Ort war.
Der Ort, der diesen Aufbruch symbolisiert, ist ein Schleusentor. Im Marschland von Macina erhebt sich dieses Tor in einem grünen Turm über einem Kanal, dem größten südlich der Sahara, 40 Kilometer lang, 30 Meter breit, 55 Millionen US-Dollar Baukosten. Er soll das Land weiträumig bewässern, Reisplantagen von gewaltigem Ausmaß sind schon abgesteckt. Das Land gehört dem Staat, und er hat es für 50 Jahre an die libysche Malibay Development Company verpachtet. Mehr als 100000 Hektar Reisland, das der Region und ihren Anwohnern Arbeit und Einkommen geben soll.
Vorläufig gibt es für sie nur Unangenehmes. Denn sie stehen der Kanaltrasse im Weg und müssen weichen. Das Problem wird unangemeldet mit einem Bulldozer erledigt. Die Baufirma kommt aus China, Kommunikation ist nicht ihre Stärke, und auch die Regierung sagt lieber nichts. Doch der Bauernführer der Region nimmt kein Blatt vor den Mund. »Alles Banditen«, ruft er mit hochrotem Kopf. »Was sie machen, verstößt komplett gegen das Gesetz«, schnauft Ibrahim Coulibaly. »Auch wenn das Land der Regierung gehört, die Leute, die darauf leben, haben noch Rechte und wir werden alles tun, um dieses Unrecht zu bekämpfen.« Es geht nicht nur um Land, es geht vor allem um Wasser. Wenn die Reisplantagen erst einmal bewässert werden, was bleibt dann für die einfachen Bauern? 11 Millionen Kubikmeter pro Tag, 4 Milliarden Kubikmeter pro Jahr, das ist die vertraglich gesicherte Wassermenge für den Kanal. 73
Was passiert, wenn die Trockenheit kommt, was passiert am Unterlauf des Nigers? Exportiert der Reis dann den Hunger in andere Regionen Afrikas? Fragen, die weder die Regierung von Mali noch die Libyer beantworten wollen.
Wer vom Kanal verdrängt wurde, bekam zwar eine Entschädigung, aber die reichte nicht einmal, um eine neue Hütte zu bauen. Das Dorf Kolongo ist schon dem Boden gleich gemacht worden. Hier ragen zwei brandneue Telegrafenmasten in den Himmel, Vorboten eines Flugplatzes, der hier entstehen wird. Die Bauern argwöhnen, dies sei der eigentliche Zweck des Projekts. Der Reis, der hier wachsen soll, wäre gar nicht für Mali, sondern für Libyen bestimmt. Das hat sich auch nach dem Sturz des Diktators 2011 nicht geändert.
Ibrahim Coulibaly sieht darin keinen Zufall. Alles sei Teil eines Plans, ausgeheckt von den neoliberalen Beratern, die die Weltbank dem Präsidenten seines Landes zur Seite gestellt habe. Sie nennen sich »Presidential Council on Investment«. Alles junge Manager mit Hochschulabschluss von amerikanischen Universitäten. »Die kommen von einem ganz anderen Planeten, die wissen nichts vom dem, was in unseren Ländern passiert. Die werden einfach angeheuert und sagen dann, was mit dem Geld passieren soll, das ins Land fließt, egal, ob Blut oder Drogen an den Scheinen kleben.« Der Sprecher der malischen Kleinbauern hat sich zusammenrechnen lassen, was bereits von der Regierung an ausländische Firmen verpachtet wurde, 700000 Hektar seien das bisher. Für Ibrahim Coulibaly ist das nichts anderes als Landraub, staatliche Räuberei.
Aber für ihn ist auch klar: All diese Ideen, die Malis Politik bestimmten, seien von außen diktiert. Den Menschen in Mali sollte damit nur klar gemacht werden, dass die malischen Bauern sich nicht selbst versorgen könnten und dass es deshalb vernünftig sei, ausländische Investoren ins Land zu holen. Seine Antwort darauf heißt: »Wir werden unser Hungerproblem nicht lösen, indem wir unser Land an ausländische Interessenten abgeben.« Jetzt komme es auf Investitionen in die Kleinlandwirtschaften an, die ihnen ermöglichten, mehr zu ernten, um die
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