Bodenrausch
nicht zustandekam, freut den Geschäftsführer der Kleinbauernbewegung in Mosambik, Diamantino Nhampossa. Es gebe zwar ein gutes Landgesetz in Mosambik, aber das werde von den Investoren gerne umgangen. Am Gesetz vorbei seien schon Pachtverträge über 15 Millionen Hektar für Zuckerrohr, Jatropha und Ölpflanzen von Ethanol- und Agrodieselkonzernen mit den Behörden ausgehandelt worden.
Was für Diamantino Nhampossa fehlt, ist ein Programm, das die kleinen Bauern so weit bringt, dass sie Überschüsse produzieren und damit die Märkte versorgen – über Straßen, auf denen man fahren kann. Wenn dann noch Land übrig sei, könne das an die Investoren verpachtet werden, »wenn die auch einen Beitrag zur Ernährungssicherung in Mosambik leisten«. 67
Ob die Regierung die Investoren so weit verpflichten wird und kann? Solange sie die Auflagen von Weltbank und Währungsfonds erfüllen muss, sieht es schlecht aus für die Selbstversorgung, da hat die Exportwirtschaft Vorrang. Und die schafft weiterhin Fakten. Etwa durch eine Zuckerrohrplantage von 120000 Hektar auf bestem Farmland in Mosambik, das sich die Regierung von Mauritius im März 2011 für ihre Industrie gesichert hat. Damit bleibt das Land am Sambesifluss weiterhin auf der Einkaufsliste des globalen Investorenkapitals.
Madagaskar, oder wo alles begann
Unmittelbar vor Mosambik, getrennt durch eine Meerenge, liegt die Insel Madagaskar im Indischen Ozean. Zum Meer hin mit Wald bedeckt, zum Festland hin mit einer hochgelegenen Dornensavanne. Die abgeschiedene Lage hat die Insel nicht davor bewahrt, zum Tatort des ersten großen Landraubs der jüngeren Geschichte zu werden.
Am 19. November 2008 erfuhren die Madagassen, was es heißt, wenn die Gier über einen ganzen Staat hereinbricht, und Beobachter auf der ganzen Welt rieben sich ungläubig die Augen.
Die Nachricht breitete sich in den Dörfern Madagaskars aus wie ein Lauffeuer. Ihre eigene Regierung, so das Gerücht, habe die Heimat verkauft. Eine Fläche halb so groß wie Belgien sei in einer Nacht-und-Nebel-Aktion an den südkoreanischen Konzern Daewoo verschachert worden. Die Financial Times hatte die ungeheuerlichen Fakten aufgedeckt. Es ging um über 1,3 Millionen Hektar Land, die Hälfte des madagassischen Bodens sollte per Vertrag an den südkoreanischen Konzern Daewoo übertragen werden. Und dies, obwohl in vielen Hütten der Insel das Brot fehlte und 600000 Madagassen nur überlebten, weil sie Getreide aus den Lagern des Welternährungsprogramms bekamen.
Den Profit aus dem Geschäft auf Madagaskar sollten am Ende nur zwei ziehen, der Präsident der Insel, Marc Ravalomanana, und der Großkonzern Daewoo als Handlanger der Regierung Südkoreas. Der Daewoo-Manager, Hong Jong-Wan, erklärte gegenüber der Financial Times , was er anbauen wolle, werde vor allem die Ernährungssicherheit in Südkorea erhöhen und nur Land in Anspruch nehmen, das gänzlich unbearbeitet und unberührt sei. 68
Für die madagassischen Bauern, die seit Generationen auf dem Land arbeiten, sollte nichts bleiben. Ohne Entschädigung und ohne Arbeit wären sie in die Armut gestoßen worden. Noch nicht einmal auf den geplanten Palmölplantagen und Getreidefarmen hätten sie sich verdingen können, denn die Kräfte für dieses gigantischen Projekt wollte Daewoo in Südafrika rekrutieren, aus dem Heer der Wanderarbeiter, die jederzeit wieder nach Hause geschickt werden könnten.
Doch so weit kam es nicht mehr. Der Unmut der Bevölkerung entlud sich in einem Volksaufstand. Am 17. Januar 2009 gingen 30000 Madagassen auf die Straße. »Weg mit der Korruption, Schluss mit dem Ausverkauf«, skandierte die Menge. Schaufenster gingen zu Bruch. Plünderer zogen durch die Straßen. Maschinengewehre bellten durch die tropische Nacht. Am nächsten Tag zählten Journalisten mehr als 100 Tote in den Straßen der Hauptstadt Antananarivo. Der Bürgermeister Andry Rajoelina forderte den Rücktritt des Präsidenten. Das Militär schlug sich auf die Seite der Bauern, der Vertrag mit Daewoo wurde für null und nichtig erklärt. Der koreanische Konzern pocht auf sein Recht. Allerdings wagt bisher auch Daewoo nicht, die explosive Stimmung weiter anzuheizen.
Von Madagaskar aus erreicht man das Kongobecken und den Kongo über Tansania. Der Tanganjikasee bildet die Grenze. Weiter im Westen liegt das Kongobecken, das in zwei Staaten aufgeteilt ist – die Demokratische Republik Kongo, ehemals belgische Kolonie, und die Republik Kongo, ehemals
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