Bodenrausch
französische Kolonie. Beide Staaten sind durch den Fluss Kongo getrennt und verbunden. Er garantiert dem Kongobecken einen Teil seiner Fruchtbarkeit und damit die Aufmerksamkeit der Investoren im globalen Bodenboom.
Der größte bislang dokumentierte Fall von Landnahme ereignet sich derzeit in der Republik Kongo. Ebenfalls ein »failed state«.
Republik Kongo – Brazzaville
Die Republik hat erst 2003 ihren inneren Frieden wiedergefunden. Bis dahin herrschte Bürgerkrieg. Die 4 Millionen Einwohner teilen sich in etwa die Fläche Deutschlands. Mit 11 Einwohnern pro Quadratkilometer ist die Republik Kongo ein dünn besiedeltes Land. Rund die Hälfte der Einwohner lebt in drei Städten, die meisten in der Hauptstadt Brazzaville. Die Republik ist extrem überschuldet, die Arbeitslosigkeit hoch. Obwohl 40 Prozent den Kongolesen auf dem Land arbeiten, kann die Landwirtschaft die Bevölkerung nicht ernähren. Auf dem Human Development Index der Vereinten Nationen nimmt das Land mit Rang 126 einen der hinteren Plätze ein.
Rigobert Mabundu, der Landwirtschaftsminister, hat den größten Deal in der Geschichte des Landes mit der südafrikanischen Farmers Union Agri SA geschlossen. Es ging um eine Fläche von 10 Millionen Hektar. Mabundu erklärte das Geschäft im Oktober 2009 zum Teil des »Plan of Action«, den seine Regierung verfolge, um die daniederliegende Landwirtschaft am Kongo wieder zu mobilisieren. »Wir importieren jede Menge, und es ist nicht normal, dass wir bei den Ressourcen, über die wir verfügen, am Ende von Importen abhängig bleiben.« 69
Die Republik will ihre Bevölkerung selbst versorgen. Da sie das den eigenen Bauern nicht zutraut, hat sie sich mit den südafrikanischen Farmern zusammengetan. Die bieten sich als Lösung des kongolesischen Ernährungsproblems an.
Theo De Jager, der Vizepräsident der Farmers Union, sieht im Kongo den großen Wurf für die weißen Bauern seines Landes. Die haben Probleme mit ihrer eigenen Regierung, die einen Teil der Afrikaner in Südafrika wieder auf das Land zurücksiedeln will, das ihnen die Weißen einst genommen haben. Darüber hinaus gerät die Republik Südafrika zunehmend durch den Klimawandel unter Druck, das Land muss mehr Dürren als je zuvor über sich ergehen lassen, und die Ernten werden unsicher. Da kommt der Landdeal mit der Republik Kongo gerade zur rechten Zeit.
Seit 2009 bekommt De Jager täglich bis zu 500 E-Mails von Farmern aus der Kapregion, die ihre Zukunft im Kongo sehen. Es seien auch ein paar Rückkehrer darunter, die früher ihre Farmen im Kongogebiet hatten, sie aber während der Aufstände 1997 verlassen mussten. Auch einige Farmer, die aus Simbabwe vertrieben wurden, seien dabei.
»Für uns ist das wie im Himmel«, erklärt De Jager voller Begeisterung. »Genug Regen und zwei Regenzeiten.« Das verspricht reiche Ernten bei Mais, Zuckerrohr, Sojabohnen und genügend Futter für die Geflügelfarmen, die die Investoren bauen wollen. Dreimal höhere Erträge als in Südafrika erwarten die Farmer. Sie bekommen das Land für 30 Jahre umsonst und können danach den Vertrag um weitere 30 Jahre verlängern. Die Republik Kongo verzichtet auf Importsteuern, die Farmer können ihre Gewinne über fünf Jahre steuerfrei ausführen. 70
Im Falle von Feindseligkeiten bietet die kongolesische Regierung den Südafrikanern Hilfe durch ihre Sicherheitskräfte an.
Was hat die Republik von diesem Landdeal? Sie hegt die Hoffnung, dass auf diesem Weg die einheimischen Märkte mit einheimischen Produkten versorgt werden. Auch wenn sie auf den Farmen weißer Südafrikaner wachsen, bedeutet das ein Stück mehr Unabhängigkeit vom Wildwestklima des Weltmarktes. Aber das ist eben nur eine Hoffnung. Ob die Großfarmen am Ende für den kongolesischen Markt, für Südafrika oder für den Weltmarkt produzieren, das bleibt im Vertrag offen, und für Theo De Jager ist es eine Frage des Preises. Der aber deutet schon heute darauf hin, dass auf den Märkten des Kongos nur die zweite Wahl angeboten wird. Die Qualitätsprodukte werden abwandern zu den Märkten der Reichen in Afrika, Asien, Amerika oder Europa.
Der Deal ist nicht unumstritten in der Republik. Die Regierung erklärte die betroffenen 10 Millionen Hektar für unbesiedelt und ungenutzt, alles seien alte Staatsfarmen, auf denen keiner wirtschafte. Doch dagegen erhebt sich Widerspruch. Teile des Landes seien sehr wohl besiedelt mit kleinen Bauernhöfen, die Siedler hätten nur keine Eigentumstitel
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