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Bodenrausch

Bodenrausch

Titel: Bodenrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Bommert
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Oberhäupter, und sie verteilen Grund und Boden. Der »König« in Agogo gab ScanFuel über die Hälfte seines Königreiches, beste Ackerflächen. Die Subchiefs protestierten, vergebens. Den Kleinbauern bot ScanFuel einen Ghanaischen Cedi pro Morgen, das sind knapp 20 Eurocent für 4000 Quadratmeter.
    Amadu Zakari und die meisten anderen Dorfvorsteher lehnten diesen erbärmlichen Preis ab. Nach und nach verstand der Mann aus Efirise, was vor sich ging. Und dann kamen die Bulldozer und anderes schweres Gerät und arbeiteten sich gnadenlos voran, rissen Bäume aus, pflügten bebaute Äcker unter, zerstörten Häuser und Höfe in Dukuse, Bamala, Brentuo, Enso Nyame ye und vielen anderen Dörfern. David Eli rechnet hoch: Insgesamt rund 12000 Menschen wurden von der ScanFuel-Farm vertrieben. Wo sind sie jetzt? Zakari zuckt mit den Schultern, in alle Winde verstreut.
    »Karité- und Dawadawa-Bäume haben sie abgeholzt«, erzählt er weiter, »davon konnten wir einigermaßen leben. Es war zwar schwierig, die Ernte auf den Markt zu bringen, aber jetzt entsteht hier eine gute Straße und wir hätten die Märkte einfacher erreicht. Wir hätten vielleicht etwas Gewinn machen können. Aber nun werden wir hier davongejagt.« David Eli ergänzt: »Die Bewohner hier wissen genau, wie wichtig die Bäume sind. Die brächten zum Beispiel zur richtigen Zeit ausreichend Regen, sagen sie, diese Erfahrungen kann man fast wissenschaftlich nennen.«
    Noch haben die Bewohner von Efirise ihren Grund und Boden nicht verlassen. Die Gemeinde hatte sich den Bulldozern entgegengestellt: »Die ScanFuel-Arbeiter auf den Maschinen sagten, der Agogo Chief habe ScanFuel das Land übergeben und wir sollten den Weg frei machen. Daraufhin haben wir unser Land mit roten Bändern markiert und den Arbeitern zugerufen: »Wenn ihr über diese Grenze fahrt, werden wir hier mit lebendigem Leib stehen, und ihr müsst uns töten.« Diese Androhung habe die Arbeiter erschreckt, und sie hätten ihre Maschinen angehalten. »Danach hat man aufgehört, uns zu bedrängen.«
    Die Bewohner von Efirise trauen ScanFuel nicht über den Weg. Und sie hoffen noch immer darauf, eines Tages ihr Land zurückzubekommen.
    Auf der Rückfahrt erzählt David Eli, dass FoodSPAN seine Beobachtungen bis ins ghanaische Parlament getragen hat. »Die Abgeordneten waren total überrascht und von den Fakten betroffen und haben versprochen, ein Gesetz zum Schutz der Kleinbauern zu beschließen.« Das war 2009. Bis 2011 jedoch ist nichts geschehen.
    Inzwischen hat ScanFuel seinen Namen in ScanFarm geändert und seine Jatrophapflanzung »wegen fehlender Vermarktungsmöglichkeiten« tatsächlich aufgegeben, wie der Geschäftsführer in Ghana, Eric Wiersma, ein ausgewiesener Jatropha-Experte, auf Anfrage schriftlich mitteilt. Obwohl sie schon im ersten Jahr gute Erträge hätten erzielen können. Von den 13000 Hektar seien 620 bepflanzt, davon 340 mit Jatropha. Doch nun habe man auf »weißen Mais für den lokalen Markt« umgestellt, und zwar in »mechanisierter Landwirtschaft«, einem »gänzlich neuen Zweig landwirtschaftlicher Produktion« in Ghana. Bis 2011 sollten gelber Mais und Soja hinzukommen.
    Im staatlichen Ghana Investment Promotion Centre, das für Investitionen zuständig ist, hat man gehört, dass ScanFarm finanzielle Probleme habe. Aber David Eli und seine Mitstreiter, die sich mit anderen Menschenrechtsorganisationen in Togo, Senegal, Mali, Elfenbeinküste und Niger zusammengetan haben, bleiben misstrauisch. Auch wenn der Konzern jetzt umstelle auf Nahrungsmittel, blieben die Kleinbauern dennoch vertrieben und würden nicht angemessen entschädigt.
    Außerdem, was sei mit der Vielfalt der Natur, die den Rodungen zum Opfer falle, und was mit den Agrochemikalien, die dort versprüht würden? Wie leicht landeten sie im Wasser und anschließend im Voltasee. »Der ganze Süden des Landes, einschließlich der Hauptstadt Accra, wird mit diesem Wasser versorgt. Auch unser Fisch, der Tilapia, kommt daher.« Und die Gewinne der Riesenplantagen bleiben nicht im Land, sondern landen weit weg in Europa.
    Der Widerstand wächst. Denn mittlerweile stellt sich heraus, dass die als anspruchslos gelobte Ölnuss Jatropha gar nicht so anspruchslos ist, sondern fruchtbares Ackerland benötigt. Dies war zwar schon seit 2009 klar, der indische Professor R. R. Shah fand im Rahmen eines Großversuchs an der Navsari Agricultural University heraus, dass der Ölstrauch nur auf guten Böden wächst und

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