Bodensee - Piraten auf der Spur
aus ihren Zöpfen zu drücken, blickte ihn empört an.
„Nur weil Sie mir geholfen haben, haben Sie noch lange kein Recht, meine Freunde so anzuschnauzen!“ sagte sie böse. „Aber hätten Sie vielleicht ein Handtuch für mich? Mir ist nämlich kalt.“
„Komm mit!“ knurrte der Mann und lief zurück auf das Schiff. Lilo folgte ihm mit einem mißtrauischen Blick auf den kleinen Steg. Doch diesmal schaffte sie es, ihn zu überqueren.
„Los! Tritt ein, ich beiße nicht!“ rief ihr der Mann aus der Kabine zu. Zögernd tappte Lilo drei Holzstufen hinunter und zog erstaunt die Augenbrauen hoch. Sie befand sich in einem heillosen Durcheinander von Gewand, Büchern, Dosen, Angelzeug, Papier, Handtüchern und Schuhen. Mitten drinnen stand... der Picknickkorb.
„Da, zieh etwas Trockenes an!“ Mit diesen Worten warf ihr der Mann einen Pullover und Jeans zu. Danach verließ er die Kajüte.
„Besser könnte es gar nicht kommen“, dachte Lieselotte. Nun hatte sie Gelegenheit, ungestört einen Blick in den Picknickkorb zu werfen.
Sie sah zum Kabineneingang. Die Tür war angelehnt. Der Besitzer des Schiffes schien wieder an Land gegangen zu sein. Sie beugte sich zu dem Korb.
Enttäuscht verzog sie den Mund. Vor ihr lag ein Berg zusammengeknülltes Seidenpapier. Lilo schob es beiseite und erforschte die Tiefe des Korbes. Da ertastete sie etwas Hartes. Einen größeren Gegenstand, der wahrscheinlich aus Holz war. Sie packte zu und zog ihn ans Licht.
Es handelte sich um eine geschnitzte, kleine Nixe. Es mußte ein altes Stück sein, denn Farbe und Blattgold waren abgeblättert. Außerdem bewiesen viele kleine Löcher, daß ein Holzwurm seinen Heißhunger an dieser Statue gestillt hatte.
„Du miese, kleine Kröte, gib die Pfoten weg!“ brüllte eine Stimme neben Lilo. Ohne daß sie es bemerkt hatte, war der Mann zurückgekehrt. Er riß ihr die Nixe aus der Hand und blickte sie wütend an.
Was weiß die Möwe?
Lieselotte war sehr erschrocken, versuchte aber, ihre Angst zu verbergen. „Es muß sich um ein sehr wertvolles Stück handeln, wenn Bodensee-Piraten dahinter her sind und Sie es sogar mit einer Pistole verteidigen“, sagte sie ruhig.
Der Mann schwieg.
„Ein merkwürdiger Platz, diese Figur aufzubewahren“, fügte Lilo noch hinzu. „Übrigens, wir besitzen die Videokassette, auf der alles festgehalten ist. Ich meine, Ihr Kampf mit dem Seeräuber...“
Nun verlor der Mann die Beherrschung. „Das Ding bringt mir nichts als Unglück“, schrie er und riß sich die Sonnenbrille aus dem Gesicht. Zwei verschlafene, verschwollene Augen kamen darunter zum Vorschein. „Dabei habe ich das zum ersten Mal in meinem Leben versucht...“ jammerte er. Schließlich blickte er auf und fragte Lieselotte: „Wollt ihr mich jetzt erpressen, oder was?“
Das Superhirn spürte, daß von diesem Mann keine allzu große Gefahr zu erwarten war. „Nein“, sagte Lilo deshalb langsam, „ich möchte aber eines wissen: Haben Sie Axel und Dominik die Videokamera abgeknöpft? Haben Sie die beiden ins Bootshaus gelockt?“
Der Bootsbesitzer grinste und schüttelte den Kopf. „Ich mache viel Blödsinn, aber das war ich nicht. Du kannst auch ohne weiteres die ganze Wahrheit wissen. Diese Nixenfigur ist eine Antiquität und ziemlich wertvoll. Ich habe sie in Lindau gekauft und dann nach Österreich geschmuggelt. Als dieser Pirat an Bord gekommen ist, habe ich einen entsetzlichen Schreck bekommen. Die Pistole, die ich ihm vorgehalten habe, ist als Waffe ungeeignet. Damit kann ich nur in Notfällen Leuchtkugeln abfeuern. Aber noch heute melde ich mich beim Zoll und zahle die Abgaben für die Nixe. Die halbe Nacht konnte ich nicht schlafen. Ständig ist die Polizei in meinen Träumen aufgetaucht.“ Der Mann schüttelte sich, als wollte er die Alpträume abbeuteln.
Der Rest der Knickerbocker-Bande wurde bereits etwas unruhig. Wo blieb Lieselotte? Wieso hatte der Mann so gebrüllt? Warum herrschte nun Stille?
Axel, Dominik und Poppi waren sehr erleichtert, als das Mädchen in den fremden Klamotten aus der Kajüte kam. Lilo verabschiedete sich von dem Kapitän der Yacht und kam zu ihren Freunden. Lachend berichtete sie ihnen von den Ereignissen.
„Übrigens: Herr Pitzer – so heißt der Bootsbesitzer – kennt das Mädchen, das euch den Zettel gebracht hat. Es hat den Spitznamen ,Möwe’, weil es immer vorne auf der Mauer bei der Hafeneinfahrt sitzt. Mit einem Fernrohr beobachtet es alles, was sich auf dem See tut. Das
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