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Bodin Lacht

Bodin Lacht

Titel: Bodin Lacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvie Schenk
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Evelyn will ihn höflich loswerden, er aber erzählt von der schwarzhaarigen Frau mit Männerhut, von einem Blumenkleid. Sie lacht, es fällt ihr ein, dass sie ihm, Martin, Kleid und Tasche geschenkt hatte, sie sagt, eine Freundin, sie ist eine Freundin von mir, hat Ihnen die falsche Karte gegeben, ein Irrtum, das ist ein Irrtum, sie plaudern ein bisschen, sie gefällt ihm immer mehr, sie aber will ihn loswerden, dieser Typ mit der unreinen Haut, dem Geruch, kann ihr, der feinen Musikerin, unmöglich gefallen, das ist ganz und gar undenkbar. Sie bereut schon, ihn hereingelassen zu haben, Gott sei Dank lässt er sich hinausbegleiten, jetzt erwarte sie Kollegen, sagt sie, sie müssen gemeinsam proben.
    Falls der Typ ein Psychopath war, hatte er Blut geleckt. Er verfolgte, belästigte sie immer wieder, eines Tages am See versuchte er, sie zu vergewaltigen und brachte sie um. Unter Martins nackten Füßen klaffte ein schwarzer Abgrund. Falls dieses Szenario den realen Ereignissen entsprach, hatte Martina Evelyns elenden Tod auf dem Gewissen, das war hundertprozentig klar, und auch, dass weder Martin noch Martina damit leben konnte.

FELD 32: WEISS UND ROT
    (Bei den Sufis) ist die Farbe Weiß die wesentliche Farbe der Weisheit, sie stammt aus dem Ursprung des Menschen und ist seine Berufung. Das Rot ist die Farbe des Wesens, das in die Dunkelheit der Welt getaucht zum Gefangenen der Hindernisse geworden ist. Der Mensch auf der Erde ist ein rotgewordener Erzengel.
    D ICTIONAIRE DES S YMBOLES,
R OBERT L AFFONT 1969
    Martin hatte seine Handschuhe vergessen und fuhr Rad mit einer Hand, die andere in der Tasche, wechselte ab und zu und blies sich auf die roten Finger. Frost säumte das trockene Heidekraut mit Reif. Glänzende weiße Spitzen, wohin man schaute. Die kalte Luft fraß sich einen Weg unter seine Windjacke. Er strampelte sich warm. Am Horizont schloss ein heller Strich die Nacht ab und endlich kroch eine schräge Sonne zwischen den kahlen Ästen hervor und ließ am Knick umgebogener Gräser ein Sternchen glitzern. Liliane Hoffmann hatte sich nicht von seinem Anruf überrascht gezeigt und ihm sofort vorgeschlagen, sich frühmorgens am See zu verabreden. Er hatte keine Lust, im Polizeirevier zu erscheinen, und nach dem Treffen am See könnte er vielleicht seine Mutter mit den Frühstückshörnchen überraschen, die er in seiner Tasche trug. Er ließ sein Rad stehen und einen Augenblick lang verdrängte er am Ufer den Grund seiner Fahrt hierher. Eine dünne Eisschicht brach unter seinen Schritten und das Wasser darunter stieß ein Befreiungsgurgeln aus.
    Da sind Sie ja schon, stellte Liliane Hoffmann fest. Mit ihrem langen weißen Fleecemantel, dem roten Schal und der roten Pudelmütze sah sie wie ein frischer Schneemann aus. Als hätte sie seine Gedanken erraten, nahm sie die Mütze ab und schüttelte ihr heute gelöstes Haar, das wellig um ihre Wangen fiel. Im schwachen Morgenlicht sah man die Aknespuren ihrer Stirn nicht mehr. Ihr Lächeln legte hübsche Zähne bloß: Die beste Stunde am See, sagte sie. Schwimmen Sie heute nicht?
    Sie überkreuzte die Armen dicht am Körper und sagte, sie friere, sie mache sich jetzt darauf gefasst, dass sie einige Monate lang frieren würde, sie liebe zwar den Winter, aber diese feuchte Kälte, da müsse man sich erst wieder daran gewöhnen. Dennoch schien sie es nicht eilig zu haben, sich zu bewegen. Sie setzte ihre Mütze wieder auf den Kopf und die Mantelkapuze dazu. Wie zwei Wanderer betrachteten sie eine Weile das Wasser, wie es im Sonnenaufgang zum Leben erwachte, bis sie die Frage stellte: Na, was ist? Erzähl mal!
    Waren sie schon beim Du gewesen? Er klopfte mit der Ferse, bis das Eis am Ufer brach, und stotterte Füllwörter ins Loch. Also. Gut, was ich Ihnen sagen wollte. Ja, wie soll ich anfangen? Es war einmal, begann Liliane, los, Ladyboy, spring ins kalte Wasser! Er errötete, doch ihr warmes Lachen gab ihm ein wenig Mut. Ich verkleide mich manchmal als Frau, gestand er mit erstickter Stimme. Das wissen wir schon lange, lächelte Liliane. Und weiter? Ach … stotterte Martin, ihr … okay, also eines Abends vor mehreren Wochen, habe ich in einer Kneipe einen Mann getroffen. Wir haben uns kurz unterhalten und … ich habe ihm irrtümlich Evelyns Karte gegeben. Eigentlich wollte er meine haben.
    Seine Aussage stand jetzt zwischen ihnen, so steif gefroren

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