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Bodin Lacht

Bodin Lacht

Titel: Bodin Lacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvie Schenk
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Sturm ist laut;
Hier im Stübchen ist es trocken,
Warm und einsam stillvertraut.
    Sinnend sitz ich auf dem Sessel,
An dem knisternden Kamin,
Kochend summt der Wasserkessel
Längst verklungne Melodien.
    H EINRICH H EINE
    Die Tür ging auf, aber es war nur ein alter Mann, der ein Bauernbrot kaufte, und Bodin verstand den Dialekt der beiden überhaupt nicht. Er beobachtete das tief zerfurchte Gesicht und fragte sich nach dem Durchschnittsalter der hiesigen Bevölkerung, fühlte sich gestärkt bei dem Gedanken, dass er hier vielleicht zu den Jüngeren zählen könnte. Der Alte grüßte auch den Gast auf dem Stuhl und scherzte anscheinend mit der Bäckerin, die lachte und ihm mit dem Finger drohte. Wieso war diese Christine Suter noch nicht da? Die Zeit schmolz in diesem gottverlassenen Kesseldorf anders, zäher. Endlich ging die Ladentür wieder auf und eine noch junge Frau kam lachend herein, ihr Anorak und das braune Haar glänzten vor Feuchtigkeit, sie trug ein Bündel aus blauen Stoffen, das auf einmal Laute von sich gab: Es schneit, lachte die junge Frau, es schneit! Sie hatte nichts mit seiner Patientin gemeinsam und Jürgen Bodin stellte an seiner Gleichgültigkeit fest, dass er nicht ernsthaft daran geglaubt hatte, Christine Droemer hier anzutreffen. Er stand auf, gab Christine Suter die Hand. Die beiden Frauen stürzten sich dann in eine Unterhaltung, die von Lachen unterbrochen war, die entzückte Bäckerin übte internationale Lautmalerei mit dem Baby, die zwei Frauen schienen dann über alles Mögliche zu schwätzen, er hüstelte, setzte sich wieder, stand auf, machte ein paar Schritte in dem Geschäft, aber sie reagierten nicht auf seine Ungeduld, endlich kaufte die Zimmervermieterin ein dickes Brot und bat Bodin lächelnd auf Hochdeutsch, ihr zu folgen. Er bekam also sein Zimmer. Sie wohne, sagte sie, am Ende des Dorfes. Sie erzählte, sie stamme nicht aus diesem Dorf, sie habe da eingeheiratet, sie komme aus Sion und ihre Muttersprache sei eigentlich Französisch, ihr Mann spreche den hiesigen Dialekt aber, keine Angst, auch Deutsch und ein bisschen Französisch und Italienisch. Ja, sie nehme eigentlich nur im Sommer Gäste und auch in den Winterferien, aber da er nun da sei, könne er auch bei ihr einziehen. Für wie lang? Er wisse es selbst nicht, er habe auf jeden Fall Zeit, sagte er, viel Zeit, wolle sich hier erholen, die gute Luft, die Ruhe und die Natur außerhalb der Ferienzeiten genießen. Es fielen schöne Flocken, Bodin hörte der sympathischen und heiteren Stimme zu und er spürte, wie seine Ängste sich verflüchtigten. Das Haus, das sie betraten, war ein Chalet, wie man es von Ansichtskarten kennt. Als Christine die Tür öffnete, miaute eine schwarze Katze und streifte ihm um die Beine. SoumSoum, stellte Christine sie vor, ich hoffe, Sie haben keine Katzenhaarallergie. Die Katze war schlank, schön und hatte gelbe Schlitzaugen. Christine zeigte ihm ein gemütliches Zimmer unter dem ausgebauten Dach, das Zimmer sei noch nicht beheizt, sagte sie, den Heizkörper habe sie jetzt angemacht, es werde schnell warm, bis dahin, Herr Bodin, können Sie es sich gern im Wohnzimmer bequem machen, da brennt Feuer. Während er ein Blatt mit seinen Personalien ausfüllte, sprach die Frau weiter auf ihn ein, er aber hörte nicht mehr zu. Ihr Akzent gefiel ihm, so wie ihre Art, die Handflächen nach oben zu drehen und die Finger zu entfalten, wenn sie etwas erklärte, als würde sie tanzende Puppen dirigieren. Ja, sie würde mittags und abends ein warmes Essen kochen. Er könnte einfach, wann er wollte, an ihrem Familientisch im Erdgeschoss mitessen, da keine anderen Gäste da waren. Ein Esser mehr oder weniger sei für sie kein Problem. Vollpension also? Bei Wanderungen gebe es dann eben ein Lunchpaket. Er dankte mehrmals, fand den Preis angemessen, alles prima. Er fror nicht und zog es vor, in seinem mit Holz getäfelten Zimmer zu bleiben. Er legte sich auf das Bett und schaute zu den gerahmten schwarz-weißen Bergfotos an den Wänden und dann zum Fenster. Der Himmel war wieder strahlend blau. Er musste sich nur noch gehen lassen, einfach abwarten, offen bleiben für alles, was ihm passieren könnte, offen wie eine Bahnhofshalle, wo man nur Unbekannte trifft. Hier würde er sie ins Nichts schicken, die Langweiler, die Kranken und krankmachenden Menschen, die Opfer und Schuldigen,

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