Bodyfinder - Das Echo der Toten
ein Echo das andere Mädchen, Brooke Johnson, hinterlassen hatte. Sie musste auf den Friedhof gehen, auf dem Brooke beerdigt war.
In der Vergangenheit hatte sie Orte wie Friedhöfe und Krankenhäuser, wo die Gefahr, Echos zu begegnen, besonders groß war, gemieden.
Aber jetzt, da Hailey McDonald noch nicht gefunden worden war, empfand Violet eine Verantwortung, die schwerer wog als ihre Angst. Vielleicht war sie die Einzige, die den Mörder finden konnte.
Der Plan war einfach, die Ausführung jedoch schwierig. Ihre Eltern hielten sie zu Hause wie in einem Hochsicherheitsgefängnis. Als müsste sie eine Strafe absitzen.Und ohne Jay als Beschützer waren sie nicht gewillt, Violet länger als fünf Minuten aus den Augen zu lassen.
Jay wäre der perfekte Komplize, doch ärgerlicherweise redeten sie ja nicht miteinander. Und auch wenn zwischen ihnen alles geklärt wäre, nach der Nummer, die sie im Einkaufszentrum abgezogen hatte, konnte sie wohl kaum mit seiner Hilfe rechnen. Wüsste er, was sie vorhatte, würde er wahrscheinlich versuchen, sie davon abzuhalten. Womöglich würde er sogar mit ihren Eltern sprechen.
Immer wieder überlegte Violet, wie sie sich am Nachmittag aus dem Haus schleichen könnte, doch ihr fiel nichts ein.
Als sie endlich die zündende Idee hatte, wunderte sie sich, dass sie nicht schon eher darauf gekommen war. Sie hatte die perfekte Ausrede gefunden, und niemand, nicht einmal ihre Eltern, würden sie durchschauen können. Selbst ihr Begleiter würde keine Ahnung haben, welche Rolle er bei der Sache spielte. Ihr Plan war idiotensicher.
Sie rief Grady mit ihrem brandneuen Handy an. Zum ersten Mal, seit ihre Eltern es ihr zur Sicherheit geschenkt hatten, war es wirklich nützlich.
Er ging beim ersten Klingeln dran und Violet kam direkt zur Sache.
Sie wägte ihre Worte sehr sorgfältig ab, sie hatte sich vor ihrem Anruf alles genau zurechtgelegt. »Also,eigentlich melde ich mich, weil ich immer noch nicht an Brookes Grab war. Ich hab schon ein ganz schlechtes Gewissen«, erklärte Violet unschuldig.
»Mann, ich wusste ja gar nicht, dass ihr befreundet wart.«
»Doch. Wir haben früher mal Fußball und Softball zusammen gespielt. Wir haben uns zwar nicht oft gesehen, aber trotzdem war ich echt fertig, als ich gehört hab … du weißt schon …« Sie versuchte, so zu klingen, als wäre sie am Boden zerstört und könnte den Satz nicht zu Ende bringen. »Meinst du … würdest du vielleicht … mit mir hingehen? Allein würde ich es nicht schaffen.« Ihre Stimme wurde leiser, sie wartete auf Gradys Antwort.
Jay hätte das Spiel sofort durchschaut, aber Grady schöpfte keinerlei Verdacht.
»Wann willst du denn hin?«, fragte er.
»Kannst du in einer Stunde hier sein?«
Wahrscheinlich hätte Grady sich auch sofort ins Auto gesetzt.
Als Violet das Gespräch beendete, wunderte sie sich, dass sie überhaupt keine Gewissensbisse hatte, und sie fragte sich, ob es anders wäre, wenn sie Jay angelogen hätte statt Grady.
Der nächste Teil ihres Plans war noch vertrackter. Sie musste ihre Eltern überreden, sie aus dem Haus zu lassen.
Ihr Vater war auf der Arbeit, also blieb ihr nichts anderes übrig, als mit ihrer Mutter zu sprechen. Violet ging über den Rasen zu dem Gartenhäuschen, das zum Atelier umgebaut worden war. Als sie die Tür öffnete, schlug ihr der Geruch von Ölfarbe entgegen.
Ihre Mutter lächelte ihr zu, während sie einen Pinsel in einem alten Weckglas auswusch. »Was gibt’s, Vi?«
Violet zögerte, jetzt meldete sich auf einmal das schlechte Gewissen. Aber sie entschied, dass es kein Zurück gab. »Grady Spencer hat angerufen und gefragt, ob ich mit auf den Friedhof gehe.«
Ihre Mutter zog die Augenbrauen hoch. Sie legte den Pinsel beiseite und wischte sich die Hände an dem farbverschmierten Kittel ab. Sie wirkte mit einem Mal besorgt.
Schnell flüchtete sich Violet in ihre einstudierte Erklärung. »Ich glaub, er war mit dem Mädchen befreundet, das ermordet wurde, mit der aus Bonney Lake. Er möchte ihr Blumen aufs Grab legen, aber er will nicht allein da hin.« Sie konnte es kaum fassen, dass sie das sagte, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ich dachte mir, es wär keine große Sache, zumal er ja bei mir ist, also hab ich zugesagt.« Sie zwang sich, so locker wie möglich zu bleiben, während ihr Herz gegen ihren Brustkorb hämmerte. »Das geht doch klar, oder?«
Ihre Mutter schaute sie prüfend an. »Meinst du wirklich, Violet?«
Violet nickte und hielt den Atem
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