Bodyfinder - Das Echo der Toten
wie Violet es erwartet hatte: merkwürdig.
Schon als Violet aus dem Auto stieg, griff Jay nach ihrer Hand und ließ sie auch erst mal nicht mehr los. Er ignorierte Violets stummen Protest, hielt sie fest und führte sie demonstrativ in die Schule.
Nicht, dass sie noch nie Hand in Hand gegangen wären. Aber jetzt war es etwas ganz anderes, und Jay war wild entschlossen, es alle wissen zu lassen. Und für den Fall, dass sich noch irgendjemand fragte, was das alles zu bedeuten hatte, drückte er ihr mitten im Flur einen Kuss auf die Lippen.
Violet versuchte diesmal gar nicht, sich ihm zu entziehen.
Dummerweise kamen in diesem Moment Chelsea und Claire vorbei.
»Soso«, säuselte Chelsea, »wen haben wir denn da, Claire? Das sind ja Alt-Jay und Violet.« Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Nur dass sie, korrigier mich bitte, wenn ich mich irre, inzwischen mehr als nur Freunde zu sein scheinen, oder?«
»Ich küsse meine Freunde jedenfalls nie so«, antwortete Claire grinsend.
Als Antwort zog Jay Violet fest an sich und schlang die Arme um ihre Taille. Violet wäre am liebsten im Erdboden versunken.
»Das wurde aber auch Zeit. Ich glaube, alle werden euch dafür dankbar sein, dass ihr uns endlich von unserem Elend erlöst. Ich jedenfalls konnte es kaum noch mit ansehen, wie ihr beiden euch angeschmachtet habt. Echt, das war abartig.« Chelsea packte Claire beim Ärmel ihres Kapuzenpullis und schob sie vor sich her, den Gang entlang. »Dann lassen wir die beiden Turteltäubchen mal wieder allein.«
Fassungslos blickte Violet ihnen nach. Ganz offenbar hatten es alle kommen sehen, dass Jay und sie ein Paar wurden.
»Du hast mich angeschmachtet?«, fragte Jay mit einem dämlichen Grinsen im Gesicht.
Violet boxte ihn gegen den Arm. »Halt die Klappe!« Sie schüttelte den Kopf. »Garantiert hat sie dich gemeint.«
An diesem Schultag standen Jay und Violet im Zentrum der Aufmerksamkeit.
Auf unangenehme Weise wurde Violet das in der Mittagspause deutlich. Dort lief sie Lissy Adams über den Weg. Es war ihr nur zu deutlich anzumerken, dass siesauer war, weil Jay sie abserviert hatte. Und offensichtlich gab sie Violet die Schuld daran.
Violet saß beim Mittagessen auf ihrem Stammplatz bei Claire und Jules. Chelsea und Jay waren noch nicht aufgetaucht, und Claire bombardierte Violet mit Fragen. Sie wollte bis ins kleinste Detail wissen, wie Violet und Jay zusammengekommen waren. Violet versuchte, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken, was unter normalen Umständen nicht so schwierig gewesen wäre, denn Claire sprach sowieso am allerliebsten über sich selbst.
Aber leider ließ Jules Violet nicht so leicht davonkommen, und wenn Claire auf Violets Ablenkungsmanöver einging, führte Jules sie immer wieder zurück zum Thema.
»Und, Violet, kann Jay gut küssen?«, fragte Jules.
»Ja«, seufzte Claire träumerisch, »bestimmt küsst er himmlisch. Oder?«
Violet starrte Jules wütend an, und Jules musste so lachen, dass sie sich fast an ihrem Brot verschluckt hätte.
»Was hab ich verpasst?«, fragte Chelsea. Sie setzte sich neben Jules, sodass Claire ein gutes Stück zur Seite rücken musste.
»Violet wollte uns gerade erzählen, ob Jay gut küssen kann.« Jules grinste Violet mit Brotkrumen zwischen den Zähnen an.
»Das würde mich auch brennend interessieren«, hörte Violet da hinter sich eine rasiermesserscharfe Stimme, die ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Sie schloss die Augen und überlegte, wie sie reagieren sollte. Schließlich setzte sie ihr freundlichstes Lächeln auf, erhob sich und drehte sich zu Lissy Adams und ihrer besten Freundin um. Lissy schaute Violet wütend an.
»Hi, Lissy«, sagte Violet fröhlich, mehr fiel ihr nicht ein.
»Du bildest dir wohl ein, du wärst besser als ich, was?«, sprudelte es da auch schon aus Lissy heraus. »Bist du aber nicht. Bloß weil du Jay irgendwie überredet hast, mit dir zum Ball zu gehen, bist du keinen Deut besser als letzte Woche.«
Jetzt stand Chelsea auf. »Verpiss dich, Lissy. Entweder bewegst du jetzt deinen abgesaugten Arsch hier raus oder wir regeln die Sache vor der Tür.«
Violet hob beschwichtigend die Hand. »Schon gut, Chelsea.« Dann wandte sie sich wieder Lissy zu, die sie immer noch anstarrte, als wollte sie sie erwürgen. »Ich hab’s wirklich nicht darauf angelegt, dir dein Date kaputtzumachen, Lissy. Es ist einfach …« Sie überlegte, was sie eigentlich sagen wollte. »Das mit Jay und mir ist nicht so leicht zu
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