Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
Könnte besser gehen? Blendend? Oder wurde ein längerer Monolog über meine entzündeten Achilles-Sehnen erwartet, war das der Grund für das langsame Tempo?
Eine Weile versuchte ich, der Frage zu entkommen, indem ich sie in Windeseile als erste zu stellen versuchte. War nicht ganz einfach, und der Erfolg mässig. Dann sagte ich einige Male einfach nichts. Das funktionierte, aber ich fühlte mich schlecht dabei. In der Zwischenzeit machte ich, was ich gelernt habe: die Einheimischen beobachten. Und fand die perfekte Lösung: „ Fine and you ?“ ist nun die Antwort meiner Wahl, also: „Mir geht’s gut und ihnen?“ Lustigerweise ist dies eine Floskel, die in Südafrika wortgenau so eingehalten wird. Fast nie heisst es „ I’m well “, immer schön „ I’m fine “. Das ist eine so gebräuchliche Floskel, dass es mir auch schon passiert ist, dass ich nur „ Hello “ sagte, und schon ein „ Fine, and you ?“ erntete, ohne die entsprechende Frage gestellt zu haben.
Weniger schwierig zu entschlüsseln als die Begrüssungsform ist die Verabschiedungsform, denn die ist nichtexistent. Während jede Verkäuferin in der Schweiz vor ihrer Kundin „Auf Wiedersehen und danke“ sagt, ernte ich in Südafrika auf mein „ bye-bye “ nur blankes Staunen, weshalb ich es mittlerweile einfach bleiben lasse.
Allerdings fällt mir das auch nicht einfach. Es erinnert mich ein wenig an die Zeit im Büro in der Schweiz, wenn ich meistens gutgelaunt durch die Gänge ging und mir eine bestimmte Kollegin meist griesgrämig entgegenkam und nicht oder kaum grüsste. Weil ich mich darüber, ehrlich gesagt, ein bisschen ärgerte, wollte ich mich zwingen, sie einfach mal nicht zuerst zu grüssen, sondern ihren Gruss abzuwarten. Habe ich kaum je geschafft. Offenbar kann man wirklich schlecht aus seiner Haut schlüpfen.
Aber nun kann ich ja meine Fragen zur südafrikanischen Lebensart einer Einheimischen stellen: Clara, unserer Maid. Sie ist in vielen Aspekten eine typische Südafrikanerin, nur schon im Aussehen: Ihr Teint ist haselnussbraun mit dunklen Pigmentflecken, ihre Nase ziemlich breit, die Haare trägt sie sehr kurz, in eng am Kopf geflochtenen Zöpfchen, und obwohl sie recht schlank ist, sind ihre Hüften eher ausladend. Noch weiss ich nicht sehr viel über sie, nur dass sie während zehn Jahren für Carmen und Urs gearbeitet hat, dass ihre Familie in einem ländlichen Gebiet in der Nähe von Kapstadt wohnt und dass ihre verwitwete Mutter dem Stamm der Xhosa (ausgesprochen: „Khosa“) angehört. Claras Sohn, ein Teenager, der noch zur Schule geht, wohnt bei seiner Grossmutter und wird von ihr aufgezogen. Über seinen Vater spricht Clara nie, und obwohl ich zugegebenermassen sehr neugierig bin, würde ich es nicht wagen, nach ihm zu fragen.
Abgesehen von Hausfrauen hat Clara einen der kürzesten Arbeitswege der Welt, nämlich nur ein paar Meter durch unseren Garten, durch die Terrassentür und schon fängt sie mit scheuem Lächeln ihre Arbeit an. Seit wir statt einem Umzugschaos einen nennenswerten Haushalt haben, führt sie denselbigen mit grosser Sorgfalt.
Bevor wir nach Südafrika zogen, habe ich mich natürlich ganz toll darüber gefreut, dass uns in Zukunft jemand die Arbeit im Haushalt erledigen wird. Gebügelte Blusen, einfach in den Schrank geliefert! Die Küche im sonntagabendlichen Chaos erfordert keinen Einsatz mehr! Der Boden unter Tims Hochstuhl muss nicht mehr mit Hammer und Spachtel bearbeitet werden, weil Cornflakes trümmerhart eingetrocknet sind! Keine Diskussionen – na gut, Streit – mehr darüber, ob die gläserne Duschwand nach jeder Dusche mit dem Schaber abgezogen werden muss!
Nichtsdestotrotz hatte ich auch einige Bedenken, genau genommen drei: Erstens hatte ich mir vorgestellt, dass ich morgens mit der Maid einen Tagesplan aufstellen müsste. So im Stil: „Heute müssen noch die Vorhänge abgestaubt und die Garage entkalkt werden“, und davor hat es mir immer ein wenig gegraut. Aus meiner Erfahrung mit Boutique-Verkäuferinnen weiss ich, dass ich nicht besonders toll bin, wenn es darum geht, jemanden, auch wenn er angestellt ist, mit einer Bitte zu behelligen... Meine Sorgen haben sich aber erübrigt, Clara ist eindeutig ein „alter Hase“ in Sachen Haushalt und hat die Sache in die Hand genommen. Bis jetzt musste ich nur entscheiden, an welchen Wochentagen sie die Wäsche erledigen soll, wobei ich ihrem Vorschlag, diese montags und donnerstags zu waschen, folgen konnte. Ansonsten
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