Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
Ich stelle mir das ganz hübsch und idyllisch vor, wie wir zusammen am Küchentisch sitzen und die Ostereier färben und über den Osterhasen reden, der durchs grüne Gras und über Margeriten hoppelt und die Kinder besucht...
Die Vorbereitungen für diesen Anlass stellen sich aber leider wieder einmal als viel schwieriger heraus als gedacht. Erstens finde ich keine Ostereier-Farben. Keine Stifte, keine Färbemittel, keine Marmoriersets, einfach nichts. Ein Anruf bei Petra, die über Haushalt und Einkaufen alles weiss, was es zu wissen gibt, bestätigt meine Beobachtung: Das gibt es in Südafrika nicht. Petra kennt aber einen deutschen Metzger, der Farben im Angebot führt. Leider ist sein Geschäft in der Nähe vom Flughafen, und ich habe keine Lust, 90 Minuten durch die Gegend zu fahren. Zumal gemäss Petra nicht sicher ist, dass die Farbe nicht ausverkauft ist. Mir fällt aber ein, dass man ganz hübsche Eier färben kann mit einem Zwiebelschalen-Sud. Zum Glück erwähne ich das im Telefongespräch mit Petra, denn die winkt gleich ab: „Kannst Du vergessen, in Südafrika gibt es nur braune Eier.“ Echt? Ich kontrolliere meinen Kühlschrank: Tatsächlich, sechs braune Eier liegen unschuldig in ihrem Karton. Kein weisses in Sicht. Tja, wir sind halt in Afrika.
Bleibt noch Rote Beete, das angeblich verschiedene Rot- und Rosatöne auf die Eierschalen zaubern kann. Meine Eier lassen sich jedoch vom Rote-Beete-Aufguss nicht beeindrucken, sie erröten kein bisschen während der normalen Kochdauer. Da greifen Tim und ich halt zu den Filzstiften. Ehrensache, dass wir, um dem Osterhasen unter die Arme zu greifen und bei der Arbeit zu helfen, auch farbige Finger in Kauf nehmen.
Der Osterhase hat in Südafrika schliesslich einen bedeutend schwierigeren Job als in Europa: Er muss die Schokoladen-Eier und -Hasen strategisch so verstecken, dass sie nicht an der Sonne schmelzen können. Und er muss sicherstellen, dass am Ostersonntag die Bewässerung im Garten ausgeschaltet bleibt. Der an diesem Sonntag aus der Schweiz angereiste Osterhase hat diesbezüglich noch keine Erfahrung. Im nächsten Jahr wird er es garantiert besser machen.
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Das bisschen Haushalt...
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Die Südafrikaner sind ein freundliches und fröhliches Volk. Das liest man in jedem Reiseführer, es steht auch als Bildunterschrift unter Fotos von strahlendem Lächeln mit schneeweissen Zähnen in braunen Gesichtern: So wird man in Afrika angestrahlt. Schön wär’s.
Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass ich sehr wohl ein aufrichtiges Lächeln kriege, doch oft setzt das harte Arbeit voraus. Gerade Verkäuferinnen hängen oft unerträglich träge herum oder schleppen sich im Tempo des Aletsch-Gletschers durch ihren Tag. Um zu kriegen, was ich brauche, heisst es oft: lächeln, freundlich sein, am besten eine humorvolle Bemerkung machen. Dann geht die Sonne auf im Gesicht meines Gegenübers und das blitzende Lächeln erscheint.
Das zeigt sich insbesondere beim Einkaufen. Ein typisch südafrikanisches Einkaufserlebnis geht so: Nach einer grösseren Wühlaktion finde ich bei Mr Price, der südafrikanischen Antwort auf H&M, ein süsses T-Shirt für Max. Sicherheitshalber prüfe ich es mit der Lupe auf Flecken und Löcher, alles schon da gewesen, um dann meinen Fund zur Kasse zu bringen. Allerdings geht das nur über den Umweg einer längeren Warteschlange, in der die Kunden mehr oder weniger geduldig anstehen. Wer nun denkt, bei einem Geschäft mit dem Namen „Mr Price“ werde am Personal gespart, liegt nicht ganz richtig. Die Angestellten, leicht erkennbar an ihren roten Hemden und Käppis, sind in genügender Anzahl vorhanden. Aber sie haben keine Lust, sich mit den Kunden zu beschäftigen. Also stehen sie zu fünft hinter der Theke und palavern, während ein einziger Kollege in einer beeindruckenden Kopie von Zeitlupe einscannt und einkassiert. In der Warteschlange wird gezischt und getänzelt, zur offenen Meuterei kommt es jedoch nie.
Als ich endlich an der Reihe bin, greift der Kassierer zum T-Shirt und nuschelt in Richtung Kasse „ Hällouhaurjü “. Anfangs war ich mir beim Einkaufen nicht sicher, ob die Kasse auf akustische Signale reagiert. Als mir klar wurde, dass die Anrede an mich gerichtet ist, konnte ich nicht verstehen, was diese zu bedeuten hatte. Und als ich endlich des Rätsels Lösung fand – Hello, how are you ? = Hallo, wie geht’s? - war ich unsicher, was ich zu antworten hatte: Danke der Nachfrage, bin heute ein wenig müde?
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