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Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Titel: Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Brühwiler
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einem Bagger aufgespürt und prompt säuberlich in zwei Teile getrennt wurde. Jetzt sieht es in diesem Stadtteil im wahrsten Sinne des Wortes düster aus!
    Am Radio habe ich schon gehört, dass es in der Eastgate Shopping Mall keinen Strom hat. Die Geschäfte bleiben geschlossen, nur die Leute vom Sicherheitsdienst patrouillieren durch die stillen, dunklen Gänge. Und ein paar Unentwegte pilgern zu Woolworths, dem einzigen Kaufhaus der mall , das einen Generator hat und deshalb mit Strom versorgt ist.
    Petra jedenfalls ist nur einmal kurz zu Woolie gerast, um sich für ein paar Tage mit kalt essbaren Lebensmitteln einzudecken. Das liegt einerseits daran, dass sie ihr elektrisch gesteuertes Garagetor von Hand nur unter grösster Mühe aufkriegt, und andererseits daran, dass sie keinen Hund hat.
    „Du würdest für einen Hund einkaufen, aber nicht für Deinen Mann, Deine Kinder und Dich?!?“ frage ich sie entgeistert.
    „Ein Hund wäre doch eine Alarmanlage, die ohne Strom funktioniert! Unsere hat gestern noch auf dem Notakku gearbeitet, doch nach ein paar Stunden war Schluss. Sobald ich wusste, dass wir für längere Zeit keinen Strom mehr haben werden, bin ich rasch einkaufen gegangen, um vor dem Ableben der Alarmanlage wieder zu Hause zu sein.“
    Radio und Fernsehen haben die Nachrichten über den Stromausfall verbreitet und so der Einbrecherzunft wertvolle Tipps geliefert. Die Einbruchrate hat schon am ersten Tag sprunghaft zugenommen, und jetzt wird im Quartier lebhaft - per Mobiltelefon - besprochen, was zu tun ist. Ist das Eigentum besser geschützt, wenn jemand zu Hause ist? Oder begibt sich diese Person in unverhältnismässige Gefahr, weil die Einbrecher sofort Gewalt anwenden? Soll man das Auto auf dem Vorplatz parkieren und damit markieren, dass jemand zu Hause ist? Oder zieht dies die Autodiebe an, die ebenfalls über die funktionsunfähigen Alarmanlagen informiert sind?
    Petra und Heinz haben sich für die mittlere Variante entschieden: Schmuck und andere Wertgegenstände hat Heinz ins Geschäft mitgenommen, um sie dort im Tresor zu deponieren. Petra bleibt mit Fernseher, DVD und Stereoanlage zu Hause – sollte es zum Einbruch kommen, dann hätten die Einbrecher was zum Mitnehmen und müssten nicht wütend und gewalttätig werden.
    Glück im Unglück für die Betroffenen ist, dass die beiden kühlen Wintermonate vorbei sind. In den Nächten fällt das Thermometer nicht mehr in die Nähe des Gefrierpunkts, so dass wenigstens nicht mehr geheizt werden muss.
    Noch bevor Petra sich die Haare fertig geföhnt hat, steht eine heisse Aufbackpizza für sie bereit. Nicht gerade standesgemäss, aber ich kann nun mal nicht zaubern, wie ich auch meinen Jungs immer wieder glaubhaft versichere. Ich sitze am Küchentisch mit ihr und erzähle von unserer neuen Maid – auf deutsch ist das ja kein Problem. Die Konversation ist einseitig, denn Petra isst und hat daneben keine weiteren Kapazitäten. Wahrscheinlich nicht mal fürs Zuhören, aber davon lasse ich mich nicht abhalten. Wäre doch nicht sehr gastfreundlich, wenn ich sie ohne Unterhaltung so einfach essen liesse! Und ausserdem ist es eine nette Abwechslung, mal zu sprechen, ohne von den Kindern unterbrochen zu werden.
    Vielleicht lag es an der Geschichte von der teuren Kuh, jedenfalls springt Petra noch mit dem letzten Bissen im Mund auf und packt hektisch ihre Handtasche. „Muss los, die Räuber abwehren! Melde mich spätestens, wenn meine Tiefkühlkost wieder zu mir übersiedelt werden kann!“ Küsschen, Küsschen, Küsschen, und weg ist sie.

12
    Ein Zug auf Buttercrème
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    Christine, meine Schweizer Pilates-Kollegin, hat mich eingeladen, als Gast am monatlichen Treffen des International Women’s Club Johannesburg teilzunehmen. Immer am ersten Dienstag im Monat findet eine Vollversammlung statt, bei der rund 150 ladies einem Vortrag lauschen. Über die neusten künstlichen Kniegelenke oder lilafarbene Haartönungen, vermute ich, als ich den Saal im Bryanston Country Club betrete. Oh Gott, ich allein bin dafür verantwortlich, dass das Durchschnittsalter im Raum um circa fünf Jahre gesenkt wird!
    Auf den zweiten Blick ist die Situation doch nicht so dramatisch. Bei genauem Hinsehen finde ich mindestens sieben weitere dunkle Schöpfe im Heer der grauen Locken. Auch wenn die gefärbt sein sollten, dann wäre das doch ein sehr jugendlicher Zug, zumindest. Jugendlich sind aber auch die Trägerinnen der grauen Schöpfe, wie ich später herausfinde.

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