Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
Zug-Fahrkarte? Glen, die Krippenleiterin, klärt mich auf:
„Das ist die Einladung zu Vallabhs Geburtstagsfest, darling . Vallabh mag Lokomotiven und Züge so gerne, der kleine Schatz, deshalb hat seine Mutter das als Thema gewählt. Alle Kinder in der Krippe sind eingeladen – Vallabh wäre sicher ganz begeistert , wenn Tim und Max zur Party kommen würden!“
Zu Hause studiere ich die Einladung dann nochmals ausführlich: Da steht, dass die ganze Familie eingeladen ist?
„Aber sischer, das ist ’ier normal. Die Kinderparties sind immer an einem Woschenende, und die Papis kommen mit und alle Kinder der Familie.“
Sonia hat bereits Erfahrung mit Kinder-Geburtstagsparties. „Natürlisch, denn in Südafrika laden die Kinder immer viel mehr Freunde ein als in die Schweiz, und dann dazu nosch die Familie von allen diesen Kindern... Wir sind ziemlisch oft an Kindergeburtstagen!“
Nun gut. Eigentlich ist es ja prima: Da können wir vielleicht noch andere Eltern kennen lernen? Nur etwas ist seltsam: Tim weiss irgendwie gar nicht recht, wer Vallabh ist...
Mit einem etwas unguten Gefühl und einem Geschenk unter dem Arm machen sich Lukas, die Jungs und ich zwei Wochen später am frühen Samstagnachmittag auf den Weg zum Pavillon in Dainfern. Da ist schon richtig was los: Neben dem Pavillon steht ein Kinderzug und auf dem Fussballfeld stehen ein Karussell und ein Mini-Riesenrad! Wir werden von den Eltern des Geburtstagskinds begrüsst, einer recht fülligen, hübschen Amerikanerin mit indischen Wurzeln und ihrem ebenfalls indisch-amerikanischen Ehemann. Sie nehmen dankend das Geschenk entgegen, denn Vallabh sei im Kinderzug unterwegs, und leiten uns an die Partyorganisatorin weiter, die hinter dem Schild Ticket-Office an einem Tisch vor dem Pavillon sitzt. Sie sucht uns die unter dem Namen unserer Kinder abgelegten Gutscheine hervor und erklärt: „Das ist der Gepäckgutschein, für den party-pack der Kinder am Schluss. Hier ist der Gutschein vom Speisewagen, für ein Säckchen mit Snacks und Süssigkeiten.“ Und in dieser Art geht es weiter: Mit einem Gutschein könne sich die Kinder aufklebbare Tatoos anbringen lassen, mit einem anderen kleine Geschenke am „Kiosk“ auswählen, etc.
Doch zuerst sollen sich alle im Pavillon versammeln. Dort ist eine lange Tafel für die Kinder aufgebaut: Ich zähle 36 Kinderstühle. Für jedes Kind ist ein Büchlein mit Zug-Motiven zum Ausmalen oder Knobeln bereit, nebst Malstiften. In der Ecke steht ein Buffett mit allen möglichen Getränken und kalten und warmen Speisen, neben Süssigkeiten und Chips mit Dip. Bald darauf wird Vallabh vorgestellt und der Partyablauf bekannt gegeben: Jetzt können wir essen und nach Herzenslust die Attraktionen benützen, in einer Stunde findet die eigentliche Geburtstags-Prozedur statt mit Kuchen, Kerzen und Singen.
Tim ist so aufgeregt, dass er sich nicht entscheiden kann. Aufs Karussell! Nein, zuerst aufs Riesenrad! Am Allerliebsten erst eine Runde mit dem Zug fahren! Lukas und ich trotten mit Max hintennach. Vor dem Riesenrad treffen wir Vallabhs Vater und kommen mit ihm ins Gespräch.
„Ach, Vallabh mag Zugfahren so gerne. Und meine Frau hat sich ein bisschen bei den Partyorganisatoren herumgehört. Das ist ja toll in diesem Land, alles so billig, diese Party kostet ja nur ein paar Tausend Rand, da haben wir zugeschlagen. Man wird ja nur einmal zwei Jahre alt!“ Vallabhs Papa strahlt, als wäre es sein Fest.
Später kommt der eigentliche Höhepunkt der Geburtstagsparty, die Kuchen-Prozedur. Getreu dem Motto ist ein riesiger Kuchen aufgetischt worden, in Form einer Berglandschaft, auf der ein winziger Zug seine Runden dreht. Die beiden brennenden Kerzen stehen auf zwei Berggipfeln. Vallabh wird davor aufgestellt, alle singen Happy Birthday , er bläst die Kerzen aus, wir applaudieren. Der Kuchen wird angeschnitten und verteilt, wobei die meisten lieber kein Stück davon nehmen. Ich merke, weshalb: Der Kuchen besteht aus Biscuit und einer dicken Schicht grün gefärbter Buttercrème. Na ja. Offenbar ist das bekannt, denn gleichzeitig werden noch vier grosse Plastikcontainer mit Eis gebracht, von denen sich die Kinder lieber bedienen.
Während Tim sein Eis vertilgt und sich nachher seinem Malbuch widmet, füttere ich Max mit seinem Brei und höre mit einem Ohr zu, wie sich Lukas mit Vallabhs Vater unterhält. Der arbeitet, wie sich herausstellt, für eine amerikanische Hilfsorganisation in Afrika.
Ich schaue mich um: Vier Fünftel
Weitere Kostenlose Bücher