Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Titel: Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Brühwiler
Vom Netzwerk:
Vorladung, ich studiere den Arbeitsvertrag, ich studiere, um eine Strategie herauszufinden. Als Begründung hat Pumi unfair dismissal angegeben, ungerechtfertigte Kündigung. Ha, als hätte ich sie wirklich entlassen! Als wäre nicht sie aus meinem Haus stolziert!
    Genau, darauf muss ich meine Strategie abstützen. Schliesslich hat sie mich verlassen, ich habe sie nicht gefeuert. Zwei Tage verwende ich darauf, alle möglichen Argumente Pumis aufzuschreiben, samt meinen Gegenargumenten. Ziemlich schwierig, ehrlich gesagt, und sogar kreativ. Und ich hatte immer gedacht, die Juristerei sei total trockenes Brot!
    Sogar positives Denken setze ich ein, indem ich mir ausmale, wie ich mit blitzenden Augen meine Verteidigungsrede halte, überzeugend bis in die letzte Faser, feurig wie ein scharfes Gulasch!
    Meinem Auftritt muss ich auch noch ein paar Gedanken schenken. Soll ich quasi professionell in den Gerichtssaal segeln, mit von Lukas ausgeliehenem Aktenkoffer und dem Kostüm, das ich an den seltenen Anlässen anzog, wenn ich bei meinem Job in der Bank einen Kunden traf? Oder soll ich mich eher intellektuell geben, mit Brille und Schlabberhosen? Oder als brave und biedere Hausfrau, in Jeans und billigem T-Shirt?
    Ilze rät mir zur letzteren Strategie. Die nette Hausfrau, im „Ich-bin-klein-mein-Herz-ist-rein“-Look. Harmlos. Nur durch Zufall und aus Herzensgüte überhaupt Arbeitgeberin, und als solche sicher keine Menschenfresserin. Ade also zum filmreifen Auftritt als brillante Möchte-Gern-Anwältin. Eigentlich schade.

    D-Day . Der Termin beim Arbeitsgericht ist um 14 Uhr. Morgens habe ich alle meine Papiere in ein Karton-Federmäppchen geordnet, das in einem Plastiksack verstaut – nur nichts auffällig-teures - zusammen mit Lesestoff, einer kleinen Wasserflasche und einem Apfel. Die Wartezeit könnte lang werden, wir sind ja in Afrika. Die Adresse des Arbeitsgerichts in der Loveday Street habe ich auf der Karte nachgeschaut und diese so gefaltet, dass ich die richtige Seite vor mir habe. Das Arbeitsgericht befindet sich in der Innenstadt von Johannesburg. Dort, wo es gemäss allen mir bekannten Quellen gefährlich ist. Dort, wo man keinesfalls allein hinfahren sollte. Wo das Verbrechen lauert. Lukas wollte mir deshalb einen Fahrer organisieren, aber ich habe dazu abgewinkt, als ich sah, wo die Loveday Street ist: am Rand der Innenstadt, in der Nähe vom Civic Theatre. Das sollte ich allein schaffen.

    Nach einem ereignisreichen Nachmittag rufe ich meine Mutter an und erzähle ihr, wie’s gegangen ist:
    „Hallo Mama, heute war ich also vor Gericht, und ich hab’s hinter mich gebracht.“
    „Oh du meine Güte, und wie ist es gegangen?“
    „Och, ganz gut. Am Anfang war es zwar ein bisschen schwierig, denn als ich vom Civic Theatre in die Loveday Street einbog, wo das Arbeitsgericht sein sollte, konnte ich die Hausnummer nicht finden. Ich kurvte in den Einbahnstrassen herum und fragte dann einen Parkwächter beim Civic Centre, wo es ist. Er wusste es auch nicht. Dann bin ich halt bis zum High Court gefahren und habe dort einen Parkwächter gefragt. Ich dachte mir, bei diesem Gericht wissen sie vielleicht, wo das andere ist...“
    „Und das war alles in der Innenstadt von Johannesburg? Kind, ist das nicht gefährlich?“
    „Das habe ich auch überall gelesen, aber was hätte ich denn machen sollen?! Immerhin hat der Parkwächter beim High Court gewusst, wo das Arbeitsgericht ist. Die Loveday Street biegt nämlich in die Rissik Street ein, nur für ein paar Hundert Meter, und dann läuft sie einfach noch ein bisschen weiter. Also wirklich! Wie hätte ich das denn wissen sollen, wer hat schon eine Strasse gesehen, die unterbrochen wird und dann einfach weiterläuft! Auf jeden Fall bin ich dann mit der Karte auf dem Schoss rumgekurvt, überall waren Einbahnstrassen, bis ich das Arbeitsgericht endlich gefunden hatte. An der Ecke war ein Parkplatz an der Strasse, da habe ich dann mal angehalten.“
    „Zum Glück wusste ich von all dem nichts! Von Johannesburg hört man doch immer diese Gruselgeschichten über Schiessereien und Raub und Überfall und Klau, und Du bist da einfach allein rumgefahren! Und da kann man doch nicht einfach parkieren! Dein Auto ist doch so gross, das ist doch sicher teuer!“
    „Ja, das dachte ich mir auch. Aber dann war da ein Parkwächter, der hat gesagt ich könne dort parkieren, das sei okay. Ich solle ihm nur Geld dalassen, dann könne er mir den Parkometer füttern. Das habe ich

Weitere Kostenlose Bücher