Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
hatte.
Innenpolitisch hat er ein kleines Wunder vollbracht, indem er die verschiedenen Bevölkerungsteile dazu brachte, sich zu einem Land zu bekennen.
Er und seine Nachfolger haben es durchaus geschafft, das Land vernünftig zu regieren. Eine Balance zu finden zwischen den vielen verschiedenen Ansprüchen. Die ausgezeichnete Infrastruktur Südafrikas zum Beispiel - funktionierende Wasser- und Stromversorgung, europäisch anmutende Autobahnen, etc. – hat die ANC-Regierung von der Apartheid-Ära „geerbt“ und zum Glück weitergepflegt, wenn auch nicht ganz auf dem selben hohen Niveau wie früher. Denn dank dieser Infrastruktur ist Südafrika der Wirtschaftsmotor des ganzen afrikanischen Kontinents, ein Land, in dem investiert und produziert werden kann und in dem es daher Arbeitsplätze und Einkommen gibt.
Andererseits muss die Regierung daran arbeiten, die Lebensbedingungen der bitter Armen zu verbessern. Häuserbau, Arbeitsplätze schaffen... auch das kostet viel Geld. In diesem Bereich gibt es in Südafrika jedoch auch viel Solidarität. Schon den Kleinsten wird an der Schule ein Gefühl für die community, die Gemeinschaft, gelehrt, und fast alle Südafrikaner, die ich kenne, unterstützen die Wohlfahrt in irgendeiner Weise. Im Winter zum Beispiel wird am Radio zum Spenden von Decken für die Armen aufgerufen, die wohlhabenden Bewohner von Dainfern spenden warme Kleider, Spielzeug und ähnliches für die armen Bewohner von Diepsloot, und in der Krippe gibt es eine Schachtel für Meals on Wheels , die von den Müttern regelmässig mit Suppenpulver, Maismehl und Büchsennahrung für die Bedürftigen gefüllt wird. Das ist Solidarität in kleinem Raum – Dainfern und Diepsloot sind eigentliche Nachbargemeinden, rund 10 km voneinander entfernt.
Wie es einem Land geht, das nur von der internationalen Wohlfahrt abhängt, lässt sich in Südafrikas Nachbarstaat Lesotho beobachten: Dort ist fast die Hälfte der Bevölkerung abhängig von den Lebensmittellieferungen der ausländischen Hilfswerke. Lokale Landwirtschaft gibt es praktisch keine, obwohl die Bedingungen dafür nicht viel schlechter sind als in Südafrika, wo in den ländlichen Gebieten jeder auf seinem Land ein bisschen Mais anpflanzt und Hühner und Kühe hält. Worauf können diese Menschen denn stolz sein? Ist es nicht auch ein menschliches Bedürfnis, Befriedigung zu erlangen von dem, was man geschaffen hat? Weshalb soll man sich überhaupt anstrengen, wenn der Kochtopf sowieso gefüllt wird? Die Faulen werden nicht benachteiligt, die Innovativen und Fleissigen erhalten keine Belohnung für ihre Anstrengungen. Das ist eine ähnliche Situation wie in den sozialistischen Ländern in Europa – wo auch niemand mehr so leben will. Ausgerechnet die Chinesen bauen nun in Lesotho Textilfabriken. Mir scheint dies die bessere Entwicklungshilfe zu sein, weil es Hilfe zur Selbsthilfe bietet.
Die erfolgreiche Ökonomin Dambisa Moyo aus Sambia weist in ihrem Bestseller-Buch „Dead Aid“ nach, dass die internationale Entwicklungshilfe den afrikanischen Kontinent ärmer gemacht hat, als er vor 50 Jahren war. Sie erhebt den Vorwurf, dass die Entwicklungshilfe der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds und der privaten Organisationen keine Jobs und damit Nachhaltigkeit schafft, sondern Inflation, Schulden, Bürokratie und vor allem Korruption in die afrikanischen Länder bringt. Sogar eine Studie der Weltbank hat belegt, dass 85% der gesprochenen Gelder anders benützt wurden als vorgesehen. Insbesondere die korrupten Diktatoren wie Mobutu, Idi Amin oder Robert Mugabe haben sich einen Grossteil davon unter den Nagel gerissen, um ihren irrwitzigen privaten Lebensstil zu sichern.
Es tönt schrecklich, aber auch einleuchtend: Dambisa Moyo behauptet, dass auch die Angestellten der Wohlfahrtsorganisationen daran interessiert sind, dass in Afrika keine wirtschaftliche Entwicklung stattfindet. Sie würden sonst ihre Daseinsberechtigung verlieren.
Moyos Lösungswege: Die Entwicklungshilfe in Afrika innerhalb von fünf Jahren komplett abschaffen. Und die betroffenen Länder zu zwingen, sich auf dem Weltmarkt zu behaupten. Wie der Marshall Plan, der Europa nach dem zweiten Weltkrieg wieder auf die Beine geholfen hat, sollen auch in Afrika die Spendengelder nur während einem streng definierten Zeitraum fliessen.
Den Privatpersonen, die Afrikas Bevölkerung unterstützen wollen, empfiehlt sie statt Spenden einen Mikrokredit zu vergeben, der dann aber
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