Böse Dinge geschehen
ziehe ihm eins über den Schädel und stoße ihn aus dem Fenster. Lautet so Ihre Geschichte?«
»Zu Teilen«, gab Elizabeth zu.
»Wie geht der Rest?«
»Da ist Adrian Tully.«
»Klar«, sagte Hifflyn. »Adrian weiß von Seans Tod, und er ist ein Verdächtiger im Zusammenhang mit dem Mord an Tom. |318| Also bringe ich ihn eines Abends dazu, irgendwo in eine abgelegene Gegend zu fahren, und schieße ihm dort in den Kopf. Ich sorge dafür, dass der Mord wie Selbstmord aussieht. Seans Tod bleibt ein Geheimnis, und Sie glauben, dass sich Adrian aus Reue erschossen hat. Dann können Sie aufhören, nach Toms Mörder zu suchen.« Er berührte ein Rosenblatt, es fiel ab und wurde vom Wind davongetragen. »Aber ich bin immer noch nicht fertig«, sagte er. »David Loogan und Michael Beccanti wollen keine Ruhe geben. Beccanti fängt an, in Toms Büro herumzuschnüffeln. Und so folge ich ihm eines Nachts bis zu Loogans Haus und ersteche ihn. Und nun haben Sie mich enttarnt, weil sich Sean Wrentmore ein Tattoo hatte machen lassen.«
Er zupfte an einem weiteren Blatt, zerkrümelte es zwischen seinen Fingern.
»Stimmt das so ungefähr?«, sagte er. »Ist das Ihre Theorie?«
»Mehr oder weniger«, antwortete Elizabeth.
»Soll ich Ihnen sagen, was daran nicht stimmt?«
»Nur zu.«
Er zupfte noch ein Blatt ab und überließ es dem Wind. »Ich habe nie auf den Erpresserbrief reagiert.«
»Das kann ich kaum glauben.«
»Ich habe nie mit Tom darüber gesprochen. Wir haben uns nie gestritten.« Ein weiteres Blütenblatt flog davon. »Ich habe Valerie Calnero nie auch nur einen Cent bezahlt. Versetzen Sie sich doch in meine Lage: Eines Tages fand ich heraus, dass Sean tot war. Ein paar Tage später bekam ich den Brief. Ich wusste nicht, dass er von Valerie war. Er war mit einem Pseudonym unterschrieben. Aber derjenige, der ihn geschrieben hatte, wusste, dass Sean tot war. Ich dachte, er wäre von Adrian Tully.«
»Wann war Ihnen klar geworden, dass er von Valerie war?«
»Anfang der Woche begann ich stutzig zu werden«, sagte er, »als Valerie plötzlich die Stadt verließ. Ich war mir nicht sicher, bis Sie es eben bestätigten. Bis dahin dachte ich, dass der Brief von Tom, Laura oder Adrian sein musste – oder von jemandem, |319| dem sie sich anvertraut hatten. Adrian schien mir der wahrscheinlichste Kandidat zu sein. Wenn der Brief allerdings von ihm stammte, dann bluffte er. Er würde seine Drohung nie wahrmachen. Denn wenn er enthüllte, dass Sean meine Kendel-Bücher geschrieben hatte, würden die Leute nach Sean suchen. Früher oder später würden sie herausfinden, dass er tot war. Das konnte Adrian nicht riskieren, denn er war ja derjenige gewesen, der ihn getötet hatte.«
Er zupfte die restlichen Blütenblätter auf einmal ab und warf sie fort. »Aber selbst wenn der Brief kein Bluff war, war er das Geld nicht wert. Meine Vereinbarung mit Sean war nicht illegal. Es ist eine übliche Praxis: Ein Autor entwickelt eine Figur, und dann kommen andere und setzen die Reihe unter dem gleichen Namen fort. Mein Agent wusste von Sean. Ebenso mein Verleger.
Ich schäme mich nicht für meine Vereinbarung mit Sean«, sagte Hifflyn. »Ich habe kein Schweigegeld bezahlt, damit sie ein Geheimnis bleibt. Und ich habe ganz gewiss niemanden getötet.« Er ließ den Stiel zu Boden fallen. »Wenn Sie wirklich geglaubt haben, dass ich ein Mörder bin, warum wollten Sie sich dann allein mit mir treffen?«
»Wir sind nicht allein«, sagte Elizabeth. »Sie haben Ihren Anwalt mitgebracht.«
»Sie wussten ja nicht, dass er mitkommen würde.«
Sie nickte Shan zu, der zum Friedhofszaun gegangen war. »Mein Kollege ist auch hier. Er hat Sie im Blick behalten.« Sie strich eine Haarsträhne zur Seite, die ihr der Wind ins Gesicht geweht hatte. »Aber der Grund, warum ich Sie gebeten hatte, hierherzukommen, ist ganz einfach«, sagte sie. »Ich hatte gehofft, Sie würden gestehen.«
»Es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen.«
Nachdenklich betrachtete sie den grauen Stein, der Tom Kristolls Grab markierte. »Die Geschichte, die Sie erzählt haben, ist nicht schlecht«, sagte sie zu Hifflyn. »Sie haben Valerie Calnero nie bezahlt. Vielleicht bleiben Sie dabei und kommen damit |320| durch. Es wird ohnehin schwierig sein, das Ganze zu beweisen, es sei denn, wir bekommen die Gelegenheit, mit Valerie zu reden. Sie sind ein einfallsreicher Mann – ich glaube, Sie können einen Erpresser bezahlen, ohne belastende Unterlagen zu
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