Böse Dinge geschehen
das war ich, aber ich habe der Versuchung widerstanden. Haben Sie Kinder?«
|173| »Ich habe eine Tochter.«
»Sie muss noch jung sein.«
»Fünfzehn.«
Hideaway nickte. »Genau das Alter, in dem ein Mädchen seine Mutter braucht. Wenn sie älter werden, möchten sie mehr Abstand. Ich kann das Flugzeug nehmen, wann immer ich meine Töchter sehen will, und ich bin immer willkommen. Meine Enkelkinder sind immer begeistert, wenn ich sie besuche. Es wäre nicht das Gleiche, wenn sie mich jeden Tag sehen würden. Hier kann ich allein sein, wenn ich möchte, und ich habe Gesellschaft, wenn ich sie mir wünsche.«
»Die Studenten kommen sicher gern zu Ihnen«, sagte Elizabeth. »Ein Romancier, der gedruckt wird, ist eine Seltenheit – das hat Cass Hifflyn mir erzählt. Sie verbringen sicher gern Zeit mit Ihnen.«
»Manche von ihnen.«
»Wie war das mit Adrian Tully?«
Hideaway beugte sich in seinem Sessel vor. »Jetzt haben Sie es geschafft, mich zu dem entscheidenden Punkt zu bringen«, sagte er. »Adrian war freundlich. Ein bisschen angespannt, würde ich sagen.«
»Cass Hifflyn dachte, er wäre sanft.«
»Also, ich weiß nicht so recht. Adrian war intelligent, nachdenklich.« Sein Blick traf Elizabeths. »Einige glauben, dass er sich zu Laura Kristoll hingezogen fühlte.«
»Da hat wohl jemand getratscht.«
»Daran mangelt es nie. Aber ich glaube, es stimmt. Ich glaube, er war verliebt in Laura.«
Elizabeth schob ihr Glas beiseite. »Hat er Ihnen das erzählt?«
»Nicht direkt«, sagte Hideaway. »Aber er hat manchmal über sie gesprochen – gewöhnlich ging es um irgendeine Erkenntnis von ihr, die ihm bei seiner Arbeit weitergeholfen hatte. Sie war natürlich seine Betreuerin. In seiner Stimme lag immer etwas Ehrfurchtsvolles, wenn er über sie sprach. Und bei Zusammenkünften, |174| bei irgendwelchen gesellschaftlichen Ereignissen, hat er sie regelrecht beobachtet. Er hat darauf geachtet, sie nicht direkt anzustarren, aber man merkte irgendwann, dass er genau aufpasste, wo sie jeweils war.«
»Hört sich so an, als hätte er nicht genug aufgepasst.«
»Anderen wäre das vielleicht nicht aufgefallen«, sagte Hideaway. »Aber ich beobachte gern Menschen. In Adrians Fall konnte man fast vorhersagen, dass er sich in seine Betreuerin verlieben würde. Er war einfach dieser Typ Mann. Er hat sich garantiert in jede schöne Frau verliebt, mit der er in näheren Kontakt kam. Er hat sich auch in diese Rothaarige verliebt, die mit dem Botticelli-Gesicht.«
»Valerie Calnero?«
»Ja, Valerie. Manche Männer sind einfach so. Und ich spreche hier nicht von einer oberflächlichen Verliebtheit. Ich glaube, Adrian hat sehr starke Gefühle entwickelt.«
»Wenn er also in Laura Kristoll verliebt war und herausgefunden hat, dass sie mit jemand anderem eine Affäre hatte, wäre er eifersüchtig geworden.«
»Ganz bestimmt.«
»Glauben Sie, dass er vielleicht zu Tom Kristoll gegangen sein könnte, um ihm von dieser Affäre zu erzählen?«, fragte Elizabeth. »Und wenn Tom ihm nicht geglaubt hat, hätte ihn das wütend gemacht?«
»Das wäre reine Spekulation, aber für möglich halte ich das schon.«
»Glauben Sie, dass Adrian Tom getötet hat?«
»So weit würde ich nicht gehen. Jede Spekulation hat ihre Grenzen.«
»Aber Sie halten es für plausibel, als Hypothese.«
Hideaway zuckte mit den Schultern. »Als Hypothese.«
»Und Adrian hat sehr starke Gefühle entwickelt. So dass es ihn, falls er Tom getötet hätte, sehr belastet hätte. Er hätte sich schuldig gefühlt.«
|175| »Natürlich.«
»Hätte er sich so schuldig gefühlt, dass er sich erschießen würde?«
»Hier kommen wir wieder an die Grenzen«, sagte Hideaway. »Ich habe gehört, dass Sie Zweifel daran haben, dass Adrian sich erschossen hat.«
»Es gibt ein paar Dinge, die nicht so recht zu diesem Szenario passen.«
Er bildete mit seinen Fingern ein Spitzdach. »Ich mache mir Gedanken wegen der Waffe. Ich hätte nicht gedacht, dass Adrian eine Waffe besitzt.«
»Ist das wahr?«
»Wir haben nie über dieses Thema gesprochen. Aber wenn Sie mich gefragt hätten, ob er der Typ Mann ist, der eine Waffe besitzt, hätte ich nein gesagt.«
»Die Waffe war auf einen Mann in Dearborn registriert«, sagte Elizabeth. »Wir haben ihn bislang nicht ausfindig gemacht. Er ist vor zwei Jahren aus Michigan weggezogen. Seine Exfrau sagt, dass er gern zu Waffenshows gegangen ist. Ich habe das Gefühl, dass sich herausstellen wird, dass er die Waffe an
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