Böse Dinge geschehen
Nachrichten. Er könnte Beccanti anrufen, er wusste, dass der Mann jetzt wach war, aber ihm war nicht nach Reden zumute. Morgen wäre früh genug.
Er ging nach oben und putzte sich die Zähne. Seine Augen im Spiegel sahen müde aus. Er stellte den Wecker auf seinem Nachttisch auf neun Uhr morgens, hängte sein Hemd auf, legte seine Hose zusammengefaltet auf die Kommode und kroch ins Bett.
In der Nacht erwachte er von einem Traum. Tom Kristoll und er waren im Wald von Marshall Park. Eine Taschenlampe, die an |205| einen Ast gebunden war, leuchtete hinunter in Sean Wrentmores Grab. Tom hatte den Spaten beiseitegelegt und von irgendwoher einen dicken Papierstapel hervorgeholt. Er drückte ihn Loogan in die Hand.
Sag mir, dass das nicht brillant ist
, sagte er. Die Titelseite war mit Schmutz von Toms Händen beschmiert. Loogan versuchte, den Dreck wegzuwischen, und machte es nur noch schlimmer.
Plötzlich erschien ein gezacktes Loch von der Größe einer Münze in der Seite. Ein Kreis mit schwarzen Rändern. Loogan hielt sich verwirrt das Manuskript vor die Augen. Das Loch ging gerade durch, es durchbohrte jede Seite des Manuskripts. Dadurch konnte Loogan die Gestalt von Sean Wrentmore sehen, der in seinem Grab stand. Rauch stieg aus dem Lauf seiner mit Nickel verzierten Pistole auf.
Erst da hörte Loogan den Schuss. Der Schreck weckte ihn, und er setzte sich mit einem Ruck in seinem Bett auf. Er hörte, wie sein Wecker klingelte, aber draußen vor dem Fenster war es dunkel. Auf der Uhr war es 2 Uhr 09. Dann begriff Loogan, dass es nicht der Wecker war. Sein Handy klingelte, er hatte es auf dem Nachttisch liegen gelassen.
Er ging dran und hörte Michael Beccantis Stimme. »David, ich bin’s. Keine Panik.«
Er stopfte sich das Kissen in den Rücken und lehnte sich an das Kopfteil. »Nein, nein.«
»Haben Sie geschlafen?«, sagte Beccanti. »Ich vergesse immer, wann Sie schlafen.«
»Jetzt bin ich wach.«
»Gut, ich bin nämlich wieder durchs Fenster rein und komme jetzt die Treppe hoch. Ich werde im Flur Licht anmachen. Erschrecken Sie nicht.«
Das Licht ging an. Beccanti erschien in der Tür, klappte sein Handy zu und steckte es in die Tasche. Er trug Jeans, ein schwarzes Hemd locker über der Hose, darüber einen dicken schwarzen Blazer.
|206| »Hallo, David«, sagte er fröhlich.
Loogan klappte sein Handy ebenfalls zu und knipste die Lampe auf seinem Nachttisch an. Er trug ein T-Shirt und seine Boxershorts und hatte sich die Decke bis zur Taille hochgezogen. Er blieb, wo er war, entschlossen, von Beccantis plötzlichem Erscheinen unbeeindruckt zu bleiben.
»Nehmen Sie sich doch einen Stuhl«, sagte er. »Wo sind Sie gewesen?«
Neben der Kommode stand ein Stuhl mit gerader Rückenlehne. Beccanti holte ihn ans Bett, drehte ihn herum und setzte sich rittlings darauf.
»Es tut mir leid, dass ich erst so spät komme«, sagte er. »Ich habe die Zeit aus den Augen verloren. Ich habe gelesen.«
Er holte eine CD aus der Tasche seines Blazers und hielt sie hoch, damit Loogan sie sehen konnte. Sie leuchtete golden im Lampenlicht.
»Was ist das?«, fragte Loogan.
»Das ist das, was ich gelesen habe. Ich habe es im Schrank in Toms und Lauras Schlafzimmer gefunden. Es gibt ein Loch in der Wand, hinter einem kleinen Holzpaneel, sehr pfiffig. Da drin lagen fünfhundert in bar und das hier. Also, nicht genau das. Das ist eine Kopie. Ich habe sie auf dem Computer in Toms Arbeitszimmer gebrannt. Ich bin gespannt, ob Sie erraten, was darauf ist.«
Loogan griff nach der Diskette. Sie war nicht beschriftet. Er drehte sie auf seiner Fingerkuppe.
»Sean Wrentmores Manuskript.
Lügner, Diebe und unschuldige Menschen
«, sagte er.
Beccanti grinste. »Gut geraten, aber nicht ganz richtig.«
Loogan tippte sich mit der Kante der Diskette an die Stirn. »Ich hätte etwas genauer sein sollen«, sagte er. »Es ist eine redigierte Fassung von Wrentmores Manuskript, heruntergekürzt auf ungefähr dreihundert Seiten.«
Beccantis Grinsen verschwand, aber er erholte sich schnell |207| wieder. »Woher wussten Sie das? Sie haben mir etwas verschwiegen, David.«
Loogan gab ihm die Diskette zurück. »Ich habe auch erst heute Abend davon erfahren.« Er gab ihm eine kurze Zusammenfassung von Lauras Bericht über Toms Arbeit am Manuskript und Sean Wrentmores Tod. Beccanti hörte schweigend zu, seine Arme lagen auf dem Stuhlrücken, sein Kinn ruhte auf seinen Armen.
»Und was machen wir jetzt damit?«, sagte er, als Loogan fertig
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