Böse Dinge geschehen
hätte, wie man das Manuskript vielleicht kürzen und dafür sorgen könnte, dass es einen Verlag finden kann. Das war sein zweiter Fehler.«
Sie wandte sich Loogan zu. »Ich war nicht da, als sich Tom mit Sean getroffen hat. Er hat vorher nichts davon gesagt. Danach hat er mir alles erzählt. Aber es war noch jemand dabei: Adrian Tully.«
|197| Loogan hatte mit zurückgelehntem Kopf und geschlossenen Augen dagesessen. Jetzt öffnete er sie. »Warum sollte Tully dabei gewesen sein?«
»Adrian war ein guter Lektor«, sagte Laura. »An einem Manuskript eines solchen Umfangs zu arbeiten, ist eine gewaltige Aufgabe. Adrian war Toms zweites Paar Augen. Wenn Tom in einem Kapitel etwas wegkürzte, hatte das Auswirkungen auf alle anderen. Er brauchte jemanden, der sich noch einmal anschaute, was er gemacht hatte, um zu sehen, ob es auch wirklich Sinn ergab.
Also hatte er bei dem Treffen mit Sean auch Adrian dabei. Zu dem Zeitpunkt kannte Adrian das Manuskript fast so gut wie Tom. Er konnte helfen, Sean davon zu überzeugen, dass er die Kürzungen, die Tom gemacht hatte, akzeptierte. Das dachte Tom jedenfalls. Das war sein dritter Fehler.
Denn Sean mochte die Kürzungen nicht. Tom hatte ganze Handlungsstränge weggelassen, er hatte die Hälfte der Figuren gestrichen. Das war notwendig. Es gab keine andere Möglichkeit, den Umfang auf das herunterzubrechen, was erforderlich war. Aber Sean gefiel das Ganze keineswegs. Allein die Vorstellung, dass Tom sein Manuskript heimlich lektoriert hatte, machte ihn wütend. Und dann war da auch noch Adrian, der dazugehörte.«
Sie machte eine Pause, und Loogan dachte, er könnte über das Brummen des Motors hinweg ihren Atem hören. »Es wäre vielleicht anders ausgegangen, wenn Tom das Gespräch mit Sean allein geführt hätte«, sagte sie. »Sean hat Tom bewundert, ihn respektiert. Aber Adrian, das war etwas anderes. Ein Student, der Sean erzählen wollte, wie er sein Buch schreiben sollte. Sean war zweiunddreißig. Er hatte das College nicht abgeschlossen, aber er hatte das eine oder andere gelernt. Er hielt sich selbst für einen versierten Schriftsteller und das nicht ohne Grund. Und jetzt kam dieses Jüngelchen an und kritisierte ihn.
Das hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Die Prügelei ging los, als Adrian meinte, irgendeine Figur oder so sei für die |198| Handlung nicht wesentlich. Sein Ton muss ein bisschen zu lässig gewesen sein. Sean hat er auf jeden Fall nicht gefallen. Adrian hatte das Manuskript auf einem dieser niedrigen Tische in Toms Arbeitszimmer liegen. Sean flippte aus. Mit einem Tritt kippte er den Tisch um. Erregt sprang er auf, und auch Adrian kam auf die Füße. Die Seiten waren über den ganzen Boden verstreut. Adrian war verärgert. Sean verpasste ihm einen Schlag.
Tom hat sich dazwischen gestellt und den Kampf unterbunden. Es war eine ziemlich müde Schlägerei, so wie Tom davon erzählt hat. Ohrfeigen und Gekratze. Tom hat die beiden dazu gebracht, sich wieder zu beruhigen, und Adrian begann, die Seiten wieder einzusammeln. Fast sah es so aus, als wäre das das Ende der Geschichte. Das war es aber nicht, nicht für Sean. Denn in diesem Moment hat er nach seiner Waffe gegriffen.
Sean war der Typ Mensch, der an einem Samstagnachmittag gern zu einem Schießstand fährt. Ich glaube nicht, dass er je auf etwas anderes als eine Schießscheibe geschossen hat. Warum er an jenem Tag die Waffe dabei hatte, darüber kann ich nur spekulieren. Tom hatte ihn eingeladen, um über Kürzungen an seinem Manuskript zu reden. Das war ein ernstes Thema, aus Seans Sicht. Er begab sich in eine, wie er glaubte, feindselige Situation. Vielleicht hatte er vor, die Waffe im geeigneten Moment herauszuholen, in einer quasi dramatischen Geste, um Tom daran zu erinnern, dass man mit seiner Arbeit keinen Schindluder trieb. ›Ich würde uns eher beide erschießen, bevor ich zulasse, dass Sie mein Buch ruinieren.‹ So etwas in der Art. Sean war ein bisschen merkwürdig. Ich kann regelrecht vor mir sehen, wie er so etwas tut.
Aber ich weiß nicht, was er vorhatte. Ich weiß nur, dass er nach seiner Balgerei mit Adrian nach der Waffe gegriffen hat. Tom hat nicht aufgepasst. Er hatte ein paar Seiten vom Fußboden aufgesammelt und war an seinen Schreibtisch gegangen, um sie zu ordnen. Aber Adrian hat gesehen, wie Sean an seinem Knöchel herumfummelte, und begriffen, was er da machte. Die |199| Flasche Scotch war in Griffweite. Sie war mit dem Tisch umgekippt. Adrian hat sie vom
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