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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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wissen, daß sie für die Gesellschaft arbeiten. Sie wurden immer beobachtet. Pjotr Werchowenskij ist unter anderem deshalb hierhergekommen, um in Ihrem Fall die endgültige Lösung zu finden, und hat entsprechende Vollmachten, nämlich: Sie in einem geeigneten Augenblick zu beseitigen, als jemand, der zuviel weiß und sie denunzieren könnte. Ich wiederhole, es ist so; und ich möchte, wenn Sie erlauben, noch hinzufügen, daß sie aus irgendeinem Grunde absolut überzeugt sind, Sie seien ein Spitzel und würden sie denunzieren, wenn Sie sie nicht bereits denunziert hätten. Ist das wahr?«
    Schatow verzog den Mund, als er diese Frage in einem so sachlichen Ton gestellt hörte.
    »Und wenn ich ein Spitzel wäre, wo sollte ich sie denunzieren?« sagte er erbost, ohne direkt zu antworten. »Nein, weg mit mir, mich soll der Teufel holen!« rief er, als wäre er plötzlich auf den ursprünglichen Gedanken zurückgekommen, der ihn übermäßig erschüttert hatte, allen Anzeichen nach unvergleichlich heftiger als die Nachricht von der Gefahr, in der er schwebte. »Sie, Sie, Stawrogin, wie können Sie sich mit einem derart schamlosen, schwachköpfigen, lakaienhaften Unsinn gemein machen! Sie – Mitglied dieser Gesellschaft! Soll das die Heldentat eines Nikolaj Stawrogin sein?!« rief er fast verzweifelt aus.
    Er schlug sogar die Hände zusammen, wie wenn für ihn nichts bitterer und trostloser sein könnte als diese Entdeckung.
    »Entschuldigung«, Nikolaj Wsewolodowitsch war allen Ernstes erstaunt, »Sie scheinen mich für eine Sonne zu halten und sich selbst im Vergleich mit mir für ein Insekt. Das ist mir sogar an Ihrem Brief aus Amerika aufgefallen.«
    »Sie … Sie wissen … Ah, lassen wir mich ganz, ganz beiseite!« unterbrach sich Schatow plötzlich selbst. »Wenn Sie irgend etwas über sich selbst sagen können, so sagen Sie es … Auf meine Frage!« wiederholte er mit brennender Ungeduld.
    »Mit Vergnügen. Sie fragen: Wie konnte ich mich mit diesem Abschaum gemein machen? Nach meiner Mitteilung bin ich Ihnen gegenüber sogar zu einer gewissen Offenheit in dieser Sache verpflichtet. Sehen Sie, im strengen Sinne gehöre ich dieser Gesellschaft gar nicht an, habe ihr auch früher nicht angehört und habe ein viel größeres Recht als Sie, sie einfach zu verlassen, weil ich ja nie Mitglied war. Ganz im Gegenteil, ich habe von Anfang an erklärt, daß mein Weg ein anderer ist, und wenn ich ihnen auch gelegentlich half, dann nur aus Müßiggang. Ich habe auch zum Teil an der Reorganisation der Gesellschaft nach dem neuen Plan mitgewirkt, das ist alles. Aber jetzt haben sie überlegt und sind im stillen zu dem Schluß gekommen, daß es auch in meinem Fall gefährlich ist, mich laufenzulassen, und haben über mich, scheint es, ebenfalls das Todesurteil gefällt.«
    »Oh, die haben nichts anderes im Kopf als Todesurteile und nichts anderes als Instruktionen auf Aktenbogen mit Stempeln, von dreieinhalb Mann unterzeichnet. Und Sie glauben, die seien zu irgend etwas fähig!«
    »Darin haben Sie teils Recht, teils Unrecht«, fuhr Stawrogin mit derselben Gleichgültigkeit wie vorher, sogar lustlos, fort. »Zweifellos, es ist viel Phantasie dabei, wie immer in solchen Fällen: Das Häuflein überschätzt sein Wachstum und seine Bedeutung. Wenn Sie so wollen, gibt es nur den einen Pjotr Werchowenskij, und lediglich seiner Bescheidenheit ist es zu verdanken, daß er sich nur für einen Agenten seiner Gesellschaft ausgibt. Die Grundidee ist übrigens nicht dümmer als manches andere dieser Art. Sie unterhalten Kontakte zur Internationale; sie haben es fertiggebracht, Agenten in Rußland anzuwerben, und wenden dabei eine ziemlich originelle Methode an … aber selbstverständlich nur theoretisch. Was aber ihre Absichten hier betrifft, so ist das Taktieren unserer russischen Organisation eine dermaßen undurchsichtige und fast immer unberechenbare Sache, daß man bei uns tatsächlich alles ausprobieren kann. Bedenken Sie, daß Werchowenskij ein beharrlicher Mensch ist.«
    »Diese Wanze, dieser Ignorant, dieser Dummkopf, der von Rußland keine Ahnung hat!« rief Schatow erbost.
    »Sie kennen ihn zu wenig. Es stimmt, daß sie alle im allgemeinen sehr wenig von Rußland verstehen, aber höchstens nur ein bißchen weniger als wir beide; und außerdem ist Werchowenskij ein Enthusiast.«
    »Werchowenskij ein Enthusiast?«
    »O ja. Es gibt einen Punkt, an dem er aufhört, ein Narr zu sein, und sich in einen … Halbwahnsinnigen

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