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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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da Sie noch nicht wissen, daß Sie an Gott glauben, glauben Sie nicht«, sagte Nikolaj Wsewolodowitsch lächelnd.
    »Nicht so«, Kirillow überlegte, »Sie haben den Gedanken verdreht. Ein Scherz à la mode. Erinnern Sie sich, was Sie in meinem Leben bedeutet haben, Stawrogin.«
    »Leben Sie wohl, Kirillow.«
    »Kommen Sie nachts; wann?«
    »Haben Sie etwa unsere morgige Verabredung vergessen?«
    »Ach ja, habe vergessen, seien Sie unbesorgt, werde nicht verschlafen; neun Uhr vormittags. Ich kann aufwachen, wann ich will. Gehe schlafen und sage: sieben, und bin um sieben Uhr wach; oder zehn – und bin um zehn Uhr wach.«
    »Sie haben bemerkenswerte Eigenschaften«, sagte Nikolaj Wsewolodowitsch mit einem Blick auf sein bleiches Gesicht.
    »Ich komme mit und schließe das Tor auf.«
    »Machen Sie sich keine Mühe, Schatow wird mir öffnen.«
    »Aha, Schatow. Gut, leben Sie wohl.«
    VI
    DIE Eingangstür des leeren Hauses, in dem Schatow wohnte, war nicht abgeschlossen; aber als Stawrogin in den Flur hinaufkam, fand er sich im Stockfinstern und mußte mit der Hand nach der Treppe zum Mezzanin tasten. Plötzlich öffnete sich oben eine Tür, und man sah Licht; Schatow kam ihm nicht entgegen, er hatte nur seine Tür geöffnet. Als Nikolaj Wsewolodowitsch an der Schwelle seines Zimmers anhielt, sah er, daß er in der Ecke am Tisch stand und wartete.
    »Würden Sie mich in einer wichtigen Angelegenheit empfangen?« fragte er von der Schwelle aus.
    »Treten Sie ein und setzen Sie sich«, antwortete Schatow, »schließen Sie die Tür ab, nein, warten Sie, ich tue es selbst.«
    Er schloß die Tür, drehte den Schlüssel um, kehrte an den Tisch zurück und setzte sich Nikolaj Wsewolodowitsch gegenüber. In der vergangenen Woche war er abgemagert, jetzt hatte er wohl Fieber.
    »Sie haben mich gefoltert«, sagte er mit gesenktem Blick, kaum hörbar flüsternd, »warum sind Sie nicht gekommen?«
    »Waren Sie so überzeugt, daß ich kommen würde?«
    »Ja, Moment, ich hatte phantasiert … Vielleicht phantasiere ich immer noch … Moment.«
    Er erhob sich und holte vom obersten seiner drei Bücherbretter, vom Rand, irgendeinen Gegenstand herunter. Es war ein Revolver.
    »Einmal nachts träumte ich, Sie würden kommen, um mich zu töten, und am nächsten Morgen in der Frühe kaufte ich bei diesem Gauner Ljamschin einen Revolver, für mein letztes Geld; ich wollte Ihnen nicht ausgeliefert sein. Später kam ich wieder zu mir … Ich habe weder Pulver noch Kugeln; seitdem liegt er da auf dem Bücherbrett. Moment …«
    Er erhob sich und öffnete schon das Kappfenster.
    »Werfen Sie ihn nicht hinaus, warum?« Nikolaj Wsewolodowitsch hielt ihn zurück. »Er hat Geld gekostet, und außerdem würden die Leute morgen sagen, unter Schatows Fenster lägen Revolver herum. Legen Sie ihn zurück, so, und setzen Sie sich. Sagen Sie, warum wollen Sie Ihren Gedanken, ich würde kommen, um Sie zu töten, vor mir gleichsam bereuen? Ich komme auch jetzt nicht, um mich mit Ihnen auszusöhnen, sondern um Notwendiges zu besprechen. Erstens: Sie haben mich doch nicht wegen meines Verhältnisses mit Ihrer Frau geschlagen?«
    »Das wissen Sie doch selbst, nein.« Schatow senkte abermals den Blick.
    »Und auch nicht, weil Sie dem dummen Gerücht über Darja Pawlowna Glauben geschenkt haben?«
    »Nein, nein, natürlich nicht. Quatsch! Meine Schwester hat mir gleich zu Anfang gesagt …«, antwortete Schatow ungeduldig und schroff und stampfte sogar kaum merklich auf.
    »Folglich habe ich es erraten, und Sie haben es auch erraten«, fuhr Stawrogin in ruhigem Ton fort, »Sie haben recht: Marja Timofejewna Lebjadkina ist meine legitime, mir vor dem Altar angetraute Ehefrau, in Petersburg, vor etwa viereinhalb Jahren. Sie haben mich doch ihretwegen geschlagen?«
    Schatow, völlig bestürzt, hörte zu und schwieg.
    »Ich hatte es erraten und doch nicht geglaubt«, murmelte er schließlich mit einem sonderbaren Blick auf Stawrogin.
    »Und deshalb geschlagen?«
    Schatow errötete und murmelte beinahe zusammenhanglos: »Ich tat es, weil Sie gefallen sind … und gelogen haben. Ich bin nicht auf Sie zugegangen, um Sie zu strafen; als ich auf Sie zuging, wußte ich nicht, daß ich Sie schlagen würde … Ich tat es, weil Sie so viel in meinem Leben bedeutet haben … Ich …«
    »Verstehe, verstehe, sparen Sie Ihre Worte. Ich bedauere, daß Sie Fieber haben; ich komme in einer äußerst dringenden Angelegenheit.«
    »Ich habe zu lange auf Sie gewartet«,

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