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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Stimme: »Kannst du mir verzeihen?« Er machte überhaupt einen irgendwie verwirrten Eindruck. Vor lauter Kummer gestatteten wir uns ein paar Gläschen. Übrigens entschlummerte er dann bald und süß. Am nächsten Morgen schlang er seine Halsbinde zu einem meisterhaften Knoten, kleidete sich sorgfältig an und trat öfters vor den Spiegel, um sich zu betrachten. Sein Taschentuch beträufelte er mit Parfum, freilich sehr dezent, und als er durchs Fenster Warwara Petrowna kommen sah, holte er schleunigst ein anderes und schob das parfümierte unter ein Kissen.
    »Ausgezeichnet!« lobte Warwara Petrowna, nachdem sie seine Einwilligung vernommen hatte. »Erstens ist das eine edle Entschlossenheit, und zweitens haben Sie auf die Stimme der Vernunft gehört, auf die Sie in Privatangelegenheiten so selten hören. Es gibt übrigens keinen Grund zur Eile«, fügte sie hinzu, indem sie den Knoten seiner weißen Halsbinde betrachtete. »Bewahren Sie einstweilen Schweigen, auch ich werde schweigen. Sie haben ja bald Geburtstag; ich werde mit ihr zu Ihnen kommen. Lassen Sie ein leichtes Abendessen vorbereiten, Tee, aber bitte keinen Wein und keine Sakuska; übrigens werde ich alles selbst arrangieren. Laden Sie Ihre Freunde ein – die Auswahl übrigens wollen wir gemeinsam treffen. Einen Tag vorher können Sie mit ihr sprechen, wenn es nötig sein sollte; und auf Ihrer Abendgesellschaft wird es weder bekanntgegeben, noch wird gar Verlobung gefeiert, wir werden höchstens etwas andeuten oder zu verstehen geben, ohne jeden Umstand. Und dann, vielleicht zwei Wochen später, wird die Hochzeit stattfinden, und zwar möglichst ohne Aufsehen … Sie beide könnten sogar einige Zeit verreisen, unmittelbar nach der Trauung, nach Moskau zum Beispiel. Ich werde vielleicht mit Ihnen reisen … Vor allem aber müssen Sie bis dahin Stillschweigen bewahren.«
    Stepan Trofimowitsch war überrascht. Er wollte schon einwenden, daß er sich in einer unmöglichen Lage sehe, daß er doch mit der Braut sprechen müsse, aber Warwara Petrowna fuhr ihn gereizt an:
    »Wozu eigentlich? Erstens: vielleicht kommt es überhaupt nicht soweit …«
    »Aber wieso nicht?« murmelte der nun völlig konsternierte Bräutigam.
    »Einfach so. Ich will erst sehen … Übrigens wird alles so geschehen, wie ich es gesagt habe, seien Sie unbesorgt, ich werde mit Dascha alles regeln. Sie haben dort überhaupt nichts zu suchen. Alles Nötige wird gesagt und getan, und Sie haben dort überhaupt nichts zu suchen. Wozu auch? Welche Rolle wollen Sie spielen? Sie sollen nicht kommen und keine Briefe schreiben. Lassen Sie sich nicht blicken! Und kein Wort, ich bitte! Auch ich werde Schweigen bewahren.«
    Sie war offenkundig abgeneigt, sich näher zu erklären, und verabschiedete sich sichtlich verstimmt. Stepan Trofimowitschs allzu große Bereitwilligkeit schien sie getroffen zu haben. Ach, er war sich leider über seine Lage ganz und gar nicht im klaren und hatte gewisse andere Gesichtspunkte des Problems noch nicht ins Auge gefaßt. Im Gegenteil, er schlug einen neuen Ton an, irgendwie siegesbewußt und leichtsinnig. Er zeigte Courage.
    »Das gefällt mir!« rief er, indem er achselzuckend vor mir stehenblieb. »Haben Sie das gehört? Sie wird mich noch so weit bringen, daß ich am Ende keine Lust mehr habe. Ich kann schließlich auch einmal die Geduld verlieren und … und keine Lust mehr haben! ›Sie haben dort überhaupt nichts zu suchen‹, aber warum muß ich unbedingt heiraten? Nur deshalb, weil sie auf diese komische Idee gekommen ist? Aber ich bin ein seriöser Mann, und ich kann mich durchaus weigern, den müßigen Ideen eines überspannten Frauenzimmers zu folgen! Ich habe Pflichten meinem Sohn … und … und mir selber gegenüber! Ich bringe ein Opfer – begreift sie das überhaupt? Vielleicht habe ich nur deshalb eingewilligt, weil ich vom Leben genug habe und weil mir alles egal ist. Aber wenn sie mich reizt, dann wird mir nicht mehr alles egal sein; dann bin ich beleidigt und weigere mich. Et enfin, le ridicule  … Was werden sie im Club sagen? Was wird … Liputin sagen? ›Vielleicht kommt es überhaupt nicht soweit‹ – wie?! Das ist der Gipfel! Das ist ja … Was ist das eigentlich? Je suis un forçat, un Badinguet, un Mensch, der mit dem Rücken an der Wand steht! …«
    Aber zugleich klangen eine gewisse kapriziöse Selbstgefälligkeit, eine gewisse Leichtfertigkeit und Verspieltheit in all diesen Klagen mit. Und abends leerten wir

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