Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Und ging ausführlich auf die Mitgift ein. Stepan Trofimowitsch riß die Augen auf und zitterte. Er hörte zwar alles, vermochte aber nicht, es zu fassen. Er wollte etwas sagen, aber seine Stimme versagte immer wieder. Er wußte nur, daß alles so kommen würde, wie sie sagte, daß es sinnlos wäre, zu widersprechen oder sich zu weigern, und daß er unwiderruflich ein verheirateter Mann sei.
»Mais, ma bonne amie, zum dritten Mal und in meinem Alter … und mit solch einem Kind!« brach er endlich hervor. » Mais c’est une enfant !«
»Ein Kind, das mit Gottes Gnade schon zwanzig ist! Verdrehen Sie doch bitte nicht die Augen, ich bitte Sie, Sie sind nicht auf dem Theater. Sie sind sehr klug und gelehrt, aber Sie verstehen nichts vom Leben, Sie brauchen eine Kinderfrau, die ständig auf Sie aufpaßt. Und wenn ich sterbe, was soll dann aus Ihnen werden? Sie wird Ihnen eine gute Kinderfrau sein; sie ist ein bescheidenes Mädchen, charakterfest, verständig, außerdem werde ich auch noch dasein, ich werde doch nicht gleich sterben! Sie ist nicht vergnügungssüchtig, sie ist ein Engel an Sanftmut. Diese glückliche Idee ist mir schon in der Schweiz durch den Sinn gegangen. Begreifen Sie auch, was es bedeutet, wenn ich selbst Ihnen sage, sie ist ein Engel an Sanftmut?!« rief sie plötzlich wütend aus. »Bei Ihnen ist es schmutzig! Sie wird für Reinlichkeit sorgen, für Ordnung, und alles wird spiegelblank sein … Ach, bilden Sie sich etwa ein, ich müßte mit einem solchen Schatz in der Hand betteln, sämtliche Vorteile aufzählen, werben! Dabei müßten Sie auf Knien … Oh, Sie eitler, eitler kleinmütiger Mensch!«
»Aber … ich bin doch schon ein alter Mann!«
»Was bedeuten schon Ihre dreiundfünfzig Jahre! Fünfzig – das ist nicht das Ende, das ist erst die Hälfte des Lebens. Sie sind ein schöner Mann, das wissen Sie doch selbst. Und Sie wissen auch, wie sehr Sie von ihr geachtet werden. Sollte ich sterben – was wird aus ihr? Aber als Ihre Frau kann sie ruhig sein, und ich kann auch ruhig sein. Sie genießen hohes Ansehen, Sie haben einen Namen, ein liebevolles Herz; Sie erhalten eine Pension, was ich für meine Pflicht halte. Vielleicht werden Sie Dascha retten, retten! Auf alle Fälle erweisen Sie ihr eine Ehre. Sie formen sie für das Leben, entwickeln ihre Gefühle, leiten ihre Gedanken auf den richtigen Weg! Wie viele gehen heute zugrunde, weil ihre Gedanken auf den falschen Weg geleitet werden! Bis dahin wird auch Ihr Werk vollendet sein, und Sie werden mit einem Mal wieder von sich reden machen.«
»Ich schicke mich gerade an«, murmelte er bereitwillig, geschmeichelt von Warwara Petrownas geschickten Reden, »ich schicke mich gerade an, meine ›Erzählungen aus der spanischen Geschichte‹ wieder vorzunehmen …«
»Na, sehen Sie, wie glücklich sich das trifft!«
»Aber … sie? Haben Sie ihr schon etwas gesagt?«
»Ihretwegen brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen, und es gibt für Sie keinen Grund, darauf neugierig zu sein. Natürlich müssen Sie sie selbst um ihre Hand bitten, sie anflehen, Ihnen die Ehre zu erweisen, verstehen Sie? Aber Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen, ich werde dabeisein. Außerdem lieben Sie sie doch …«
Stepan Trofimowitsch schwindelte es; die Wände drehten sich. Da war noch eine entsetzliche Idee, gegen die er vergeblich ankämpfte.
»Excellente amie!« Plötzlich zitterte seine Stimme. »Ich … ich hätte mir nie vorgestellt, daß Sie sich entschließen könnten, mich mit … mit einer … anderen zu verheiraten!«
»Sie sind kein junges Mädchen, Stepan Trofimowitsch; nur junge Mädchen werden verheiratet, Sie aber heiraten aus eigenem Entschluß«, zischte Warwara Petrowna giftig.
» Oui, j’ai pris un mot pour un autre. Mais … c’est égal «, er starrte sie fassungslos an.
»Ich sehe, daß c’est egal«, murmelte sie verächtlich durch die Zähne. »Mein Gott, er wird ja ohnmächtig! Nastassja, Nastassja! Wasser!«
Aber das Wasser wurde nicht benötigt. Er kam zu sich. Warwara Petrowna griff nach ihrem Schirm.
»Ich sehe, daß ein Gespräch mit Ihnen im Augenblick sinnlos ist …«
» Oui, oui, je suis incapable .«
»Aber Sie haben bis morgen Zeit, um sich auszuruhen und sich die Sache zu überlegen. Bleiben Sie zu Hause, wenn etwas Unvorhergesehenes geschieht, lassen Sie es mich wissen, und sei es mitten in der Nacht. Schreiben Sie mir keine Briefe, ich werde sie nicht einmal lesen. Morgen um dieselbe Zeit
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