Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
Vom Netzwerk:
glücklich gesehen hatte. Es versteht sich von selbst, daß auch Mawrikij Nikolajewitsch nicht fehlte. Außerdem bemerkte ich in dem Schwarm junger Damen und halbliederlicher junger Herren, dem üblichen Gefolge Julija Michajlownas, die Liederlichkeit für Lebensfreude und billigen Zynismus für Geist hielt, zwei oder drei neue Gesichter: einen durchreisenden, um sie scharwenzelnden Polen, einen deutschen Arzt, einen kräftigen alten Herrn, der laut und genüßlich alle Augenblicke über seine eigenen » Fitze « lachte, und schließlich irgendein junges Fürstchen aus Petersburg, ein mechanisches Spielzeug mit der Haltung eines bedeutenden Staatsmannes und schrecklich hohem Stehkragen. Aber es war nicht zu übersehen, daß Julija Michajlowna diesen Gast ganz besonders ästimierte und für ihren Salon sogar bangte …
    »Cher monsieur Karmazinoff«, begann Stepan Trofimowitsch, der sehr wirkungsvoll auf dem Sofa Platz genommen hatte und plötzlich nicht weniger affektiert sprach als Karmasinow, »cher monsieur Karmazinoff, das Leben eines Mannes aus unserer einstigen Zeit und mit gewissen Anschauungen muß, auch nach einer Pause von fünfundzwanzig Jahren, monoton erscheinen …«
    Der Deutsche lachte laut und abgehackt, irgendwie wiehernd, weil er offenbar glaubte, Stepan Trofimowitsch habe etwas furchtbar Komisches gesagt. Dieser warf ihm einen betont erstaunten Blick zu, der übrigens keinerlei Wirkung tat. Auch der Fürst sah den Deutschen an, indem er sich samt seinem Stehkragen zu diesem umwandte und sein Pincenez aufsetzte, allerdings völlig desinteressiert.
    »… muß monoton erscheinen«, wiederholte wohlbedacht Stepan Trofimowitsch, wobei er jedes Wort möglichst lang und rücksichtslos dehnte. »So war auch mein Leben in diesem ganzen Vierteljahrhundert, et comme on trouve partout plus de moines que de raison , was ich uneingeschränkt bejahe, geschah es, daß ich in diesem ganzen Vierteljahrhundert …«
    » C’est charmant, les moines «, flüsterte Julija Michajlowna, indem sie sich der neben ihr sitzenden Warwara Petrowna zuwandte.
    Warwara Petrowna antwortete mit einem hochmütigen Blick. Aber Karmasinow ließ sich den Erfolg der französischen Phrase nicht gefallen und fiel Stepan Trofimowitsch hastig und schrill ins Wort.
    »Was meine Person angeht, so bin ich in dieser Beziehung inzwischen gelassen und sitze seit über sechs Jahren in Karlsruhe. Und als im letzten Jahr der Gemeinderat beschloß, ein neues Entwässerungskanalsystem zu legen, fühlte ich in meinem Herzen, daß die Karlsruher Entwässerungsfrage mir mehr am Herzen liegt und teurer ist als sämtliche Fragen meines teuren Vaterlandes … während der ganzen Zeit der sogenannten Reformen.«
    »Ich sehe mich genötigt, Ihnen beizupflichten, wenn auch gegen die Stimme meines Herzens.« Stepan Trofimowitsch seufzte und neigte vielsagend das Haupt.
    Julija Michajlowna triumphierte: Die Unterhaltung war tiefgründig und auch nicht ohne eine gewisse Tendenz.
    »Ein Kanalisationsrohr?« erkundigte sich lautstark der Doktor.
    »Ein Entwässerungskanal, Herr Doktor, ein Entwässerungskanal. Ich habe ihnen damals sogar geholfen, das Projekt zu Papier zu bringen.«
    Der Doktor lachte schallend. Viele schlossen sich ihm an, aber dieses Mal lachte man über den Doktor, der es überhaupt nicht merkte und sich freute, daß alle lachten.
    »Erlauben Sie mir, Ihre Meinung nicht ganz zu teilen, Karmasinow«, Julija Michajlowna beeilte sich, ihren Einwand vorzubringen, »Karlsruhe in allen Ehren, aber Sie lieben zu mystifizieren, und dieses Mal fallen wir nicht darauf herein. Welcher russische Schriftsteller hat so viele aktuelle, zeitgenössische Typen geschaffen, so viele aktuelle Probleme gelöst, die wichtigsten aktuellen Voraussetzungen genannt, aus denen der Typus des aktuellen Helden resultiert? Sie, Sie als einziger und niemand anderes. Daraufhin können Sie ohne weiteres auf Ihrer Gleichgültigkeit gegenüber der Heimat und dem brennenden Interesse für einen Karlsruher Entwässerungskanal bestehen! Ha-ha-ha!«
    »O ja, freilich, ich habe«, flötete Karmasinow, »in Pogoschew sämtliche schwachen Seiten der Slawophilen und in Nikodimow sämtliche typischen Fehler der Westler an den Pranger gestellt …«
    »Und auch noch sämtliche «, flüsterte Ljamschin.
    »Aber ich tue es nur en passant, nur um irgendwie der aufdringlichen Zeit zu entrinnen und … um dem aufdringlichen Verlangen meiner Landsleute irgendwie zu genügen.«
    »Sie

Weitere Kostenlose Bücher