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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Mittel, um jeden Verdacht von uns abzulenken.«
    Und er erzählte mit derselben Genauigkeit von Kirillow, von dessen Absicht, sich zu erschießen, und von seinem Versprechen, ein Signal abzuwarten, um bei seinem Tod einen Brief zu hinterlassen und darin all das auf sich zu nehmen, was man ihm diktierten würde. (Mit einem Wort, all das, was der Leser bereits weiß.)
    »Sein fester Entschluß, sich das Leben zu nehmen – philosophischer Natur, meiner Meinung nach verrückt –, wurde dort bekannt« (fuhr Pjotr Stepanowitsch mit seinen Erklärungen fort). » Dort läßt man kein Härchen, kein Staubkörnchen unbenützt, alles zugunsten der Sache der Allgemeinheit. Man sah den Vorteil voraus, vergewisserte sich, daß seine Absicht durch und durch ernst war, stellte ihm die Mittel zur Verfügung, um nach Rußland zurückzukehren (aus irgendeinem Grund wünschte er unbedingt in Rußland zu sterben), betraute ihn mit einem Auftrag, den zu erfüllen er sich verpflichtete (und den er auch erfüllt hat), und nahm ihm, wie Sie wissen, das Versprechen ab, erst dann seinem Leben ein Ende zu setzen, wenn man es ihm sagen werde. Er versprach alles. Sie müssen wissen, daß er unter Sonderbedingungen der Sache angehört und wünscht, ihr nützlich zu sein; mehr darf ich Ihnen nicht anvertrauen. Morgen, nach Schatow, werde ich ihm einen Brief diktieren, daß er Schatow umgebracht habe. Das wird durchaus glaubhaft sein: Sie waren befreundet, sind zusammen nach Amerika gefahren, haben sich dort überworfen, all das wird in diesem Brief erklärt werden und … und … und gegebenenfalls wird es möglich sein, Kirillow doch etwas mehr zu diktieren, zum Beispiel über Proklamationen und vielleicht auch über das Feuer. Das muß ich mir allerdings noch überlegen. Keine Sorge, er hat keine Vorurteile; er wird alles unterschreiben.«
    Bedenken wurden laut. Die Erzählung schien unglaubwürdig. Von Kirillow hatten übrigens alle mehr oder weniger gehört, das meiste Liputin.
    »Und wenn er es sich plötzlich anders überlegt und sich weigert?« sagte Schigaljow. »Wie auch immer, verrückt ist er doch, also ist das eine unsichere Hoffnung.«
    »Keine Sorge, meine Herren, er wird es wollen«, antwortete Pjotr Stepanowitsch mit Schärfe. »Der Verabredung gemäß bin ich verpflichtet, ihn am Vorabend, das heißt heute noch, in Kenntnis zu setzen. Ich biete Liputin an, mich anschließend zu ihm zu begleiten, sich zu überzeugen, dann hierher zurückzukehren und Ihnen, meine Herren, zu bestätigen, wenn es sein muß, heute noch, ob ich Ihnen die Wahrheit gesagt habe oder nicht. Übrigens«, unterbrach er sich plötzlich auffällig gereizt, als fiele ihm plötzlich auf, daß er sich etwas vergäbe, wenn er vor solchem Volk so lange argumentierte und sich so sehr um sie bemühte, »übrigens, machen Sie, was Sie wollen. Sollten Sie sich nicht entschließen können, so ist der Bund aufgelöst – einzig und allein durch die Tatsache Ihrer Verweigerung und Ihres Verrats. In diesem Fall wären wir von diesem Augenblick an getrennte Leute. Aber bedenken Sie, daß Sie dann außer den unangenehmen Folgen der Schatowschen Denunziation mit einer weiteren kleinen Unannehmlichkeit zu rechnen hätten, wie es bei der Gründung unseres Bundes vereinbart wurde. Was mich betrifft, so habe ich vor Ihnen, meine Herren, keine besondere Angst … Glauben Sie nur ja nicht, ich wäre speziell auf Sie angewiesen … Übrigens spielt das keine Rolle.«
    »Nein, wir sind entschlossen«, erklärte Ljamschin.
    »Einen anderen Ausweg gibt es nicht«, murmelte Tolkatschenko, »und wenn Liputin das mit Kirillow bestätigt, dann …«
    »Ich bin dagegen; aus tiefstem Herzen protestiere ich gegen diesen blutigen Entschluß!« Wirginskij erhob sich von seinem Platz.
    »Aber?« fragte Pjotr Stepanowitsch.
    »Was heißt aber? «
    »Sie sagten aber  … und ich warte.«
    »Ich habe, glaube ich, keineswegs aber gesagt … Ich wollte lediglich sagen, daß, wenn man sich entschließt, dann …«
    »Dann?«
    Wirginskij schwieg.
    »Ich glaube, daß man die eigene Sicherheit aufs Spiel setzen darf«, plötzlich tat Erkel den Mund auf, »aber man darf die eigene Sicherheit nicht aufs Spiel setzen, wenn die Sache der Allgemeinheit darunter leidet …«
    Er verlor den Faden und errötete. Wie sehr auch alle mit sich selbst beschäftigt waren, sie sahen ihn erstaunt an, so überrascht waren sie, daß auch er etwas zu sagen wußte.
    »Ich bin für die Sache der Allgemeinheit«,

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