Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Punkt, Fedjka und die Wohnung, ist sehr wichtig, sogar der wichtigste von allen. Sie sehen, ich bin mit Ihnen ganz aufrichtig.«
»Mit Schatow? Warum Schatow? Niemals über Schatow.«
»Noch schöner! Was kümmert Sie das? Sie können ihm nicht mehr schaden.«
»Seine Frau ist zurückgekommen. Wachte auf und schickte bei mir fragen: Wo ist er?«
»Hat sie zu Ihnen geschickt, um zu fragen, wo er ist? Hm, das ist fatal. Womöglich wird sie noch einmal fragen lassen; niemand darf wissen, daß ich hier …«
Pjotr Stepanowitsch wurde sichtlich unruhig.
»Sie wird nicht wissen, schläft wieder; die Hebamme ist bei ihr, Arina Wirginskaja.«
»Das ist gut, und … und sie wird auch nichts hören? Wissen Sie, Sie sollten die Haustür schließen.«
»Sie wird nichts hören. Und wenn Schatow kommt, verstecke ich Sie im anderen Zimmer.«
»Schatow kommt nicht; und Sie werden schreiben, daß Sie sich mit ihm über Verrat und Denunziation zerstritten haben … heute abend … und schuld an seinem Tod sind.«
»Er ist tot!« rief Kirillow und sprang vom Sofa auf.
»Heute, gegen acht Uhr abends, vielmehr gestern gegen acht Uhr abends, denn Mitternacht ist bereits vorüber.«
»Du, du hast ihn umgebracht! … Und ich habe das gestern geahnt!«
»Was gab es da zu ahnen? Hier, mit diesem Revolver« (er zog den Revolver hervor, als wollte er ihn zeigen, steckte ihn aber nicht wieder ein, sondern behielt ihn in der Rechten, wie schußbereit). »Was sind Sie für ein sonderbarer Mensch, Kirillow, Sie haben doch gewußt, daß dieser törichte Mensch ein solches Ende nehmen mußte. Was gab es da noch zu ahnen? Ich habe Ihnen das mehrfach vorgekaut. Schatow hatte vor zu denunzieren: Ich habe ihn beobachtet; man durfte ihn unmöglich gewähren lassen. Auch Sie hatten die Instruktion, ihn zu beobachten. Sie selbst haben mir vor drei Wochen berichtet, daß …«
»Schweig! Das ist, weil er dir in Genf ins Gesicht gespuckt hat!«
»Und auch für anderes. Für manches andere; übrigens ohne jeden Haß. Warum denn aufspringen? Und warum sich wild gebärden? Oho! So steht es mit uns! …«
Er sprang auf und hob die Hand mit dem Revolver. Kirillow hatte nämlich plötzlich nach seinem Revolver gegriffen, der schon seit dem Vormittag geladen auf dem Fensterbrett bereitlag. Pjotr Stepanowitsch stellte sich in Positur und zielte auf Kirillow. Dieser lachte boshaft.
»Gestehe, du Schurke, daß du den Revolver mitnahmst, weil ich dich erschieße … Aber ich erschieße dich nicht … obwohl …«
Und er zielte weiter auf Pjotr Stepanowitsch, gleichsam versuchsweise und als ginge es über seine Kräfte, auf den Genuß an der Vorstellung, er könne ihn niederschießen, zu verzichten. Pjotr Stepanowitsch, immer noch in Positur, wartete bis zum letzten Augenblick, ohne abzudrücken, und riskierte es, als erster eine Kugel gegen die Stirn zu bekommen: Von dem »Maniak« war alles zu erwarten. Aber der »Maniak« ließ schließlich den Arm sinken, atemlos, zitternd und außerstande zu sprechen.
»Jedes Spiel hat ein Ende«, sagte Pjotr Stepanowitsch und ließ ebenfalls die Waffe sinken. »Ich wußte ja, daß Sie nur spielen. Aber Sie haben viel riskiert: Ich hätte abdrücken können.«
Und er ließ sich ziemlich gelassen auf dem Sofa nieder und schenkte sich Tee ein, mit allerdings etwas zitternder Hand. Kirillow legte den Revolver auf den Tisch und begann, im Zimmer auf und ab zu wandern.
»Ich schreibe nicht, daß ich Schatow umbrachte und … schreibe jetzt nichts mehr. Kein Brief mehr!«
»Keinen Brief?«
»Kein Brief.«
»Was für eine Niedertracht und was für ein Blödsinn!« Pjotr Stepanowitsch lief vor Wut grün an. »Ich habe das übrigens vorausgesehen. Sie sollen wissen, daß Sie mich nicht überraschen. Ganz, wie Sie wünschen. Wenn ich Sie mit Gewalt dazu zwingen könnte, würde ich es tun. Sie sind, übrigens, ein Schuft«, Pjotr Stepanowitsch verlor zusehends die Beherrschung, »Sie haben damals von uns Geld verlangt und das Blaue vom Himmel versprochen … Aber ich werde ohne Resultat nicht weichen und will wenigstens dabeisein, wenn Sie sich die Kugel in den Kopf jagen.«
»Ich will, daß du sofort verschwindest«, sagte Kirillow und blieb entschlossen vor ihm stehen.
»Nein, das ist schlechterdings unmöglich«, Pjotr Stepanowitsch zückte wieder den Revolver, »jetzt könnten Sie vor lauter Wut und Feigheit darauf verfallen, alles aufzuschieben und morgen Anzeige zu erstatten, um wieder zu Geld zu
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