Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
Vom Netzwerk:
endlich grob an. Dieser Schrei war der einzige, jähe Laut; alle gingen mit ihrer Last schweigend weiter, und erst unmittelbar am Teich rief Wirginskij, gebückt unter ihrem Gewicht und offenbar völlig erschöpft, plötzlich mit derselben lauten, tränenerstickten Stimme:
    »Das ist es nicht! Nein, nein, ganz und gar nicht!«
    Die Stelle, wo dieser dritte, ziemlich große Teich von Skworeschniki endete und wohin sie den Ermordeten gebracht hatten, war eine der abgelegensten und am wenigsten aufgesuchten des ganzen Parks, besonders in dieser späten Jahreszeit. Der Teich war an diesem Ende, am Ufer, mit Schilf zugewachsen. Man stellte die Laternen ab, schwenkte die Leiche ein paarmal hin und her und warf sie dann ins Wasser. Man hörte einen dumpfen, langen Ton. Pjotr Stepanowitsch hob die Laterne in die Höhe, und mit ihm starrten auch die anderen hinaus, neugierig zu erspähen, wie der Tote untergehe, aber es war nichts mehr zu sehen: Der Körper mit den zwei Steinen war sofort versunken. Die großen Ringe, die über die Wasseroberfläche liefen, verebbten bald. Die Sache war beendet.
    »Meine Herren«, wandte sich Pjotr Stepanowitsch an alle, »jetzt werden wir uns trennen. Sie haben zweifellos das stolze, freie Gefühl, das auf die Erfüllung einer freiwillig übernommenen Pflicht folgt. Wenn Sie jetzt bedauerlicherweise für derartige Gefühle zu aufgeregt sein sollten, so werden Sie dieses Gefühl zweifellos morgen empfinden, denn es wäre schmählich, es morgen nicht zu empfinden. Ich bin bereit, die ganz und gar schändliche Erregung Ljamschins als Delirium zu betrachten, zumal er, wie man hört, noch heute vormittag krank im Bett lag. Und Sie, Wirginskij, werden nach einem Augenblick voraussetzungslosen Überlegens einsehen, daß im Hinblick auf die Interessen der allgemeinen Sache ein Ehrenwort niemals genügen kann und daß genau so gehandelt werden muß, wie wir es getan haben. Die Folgen werden bestätigen, daß eine Anzeige vorlag. Ich bin bereit, Ihre Ausrufe zu vergessen. Gefahren irgendwelcher Art sind nicht zu befürchten. Niemand wird es einfallen, ausgerechnet einen von uns zu verdächtigen, besonders dann nicht, wenn Sie sich richtig verhalten; also hängt die Hauptsache abermals von Ihnen und Ihrer Überzeugung ab, die sich, wie ich hoffe, bis morgen bei Ihnen festigen wird. Unter anderem besteht der Zweck einer autonomen Organisation freier Gleichgesinnter darin, daß sie im Interesse der allgemeinen Sache gegebenenfalls ihre Energie gegenseitig steigern und, wenn es sein muß, sich gegenseitig beobachten und bewachen. Jeder von Ihnen ist zu strengster Rechenschaft verpflichtet. Sie sind berufen, eine bereits hinfällige und durch langen Stillstand sich zersetzende Sache zu erneuern; dies haben Sie sich ständig zur eigenen Ermutigung vor Augen zu halten. Einstweilen besteht Ihre Aufgabe darin, alles zu zerstören: den Staat und seine Moral. Übrigbleiben werden nur wir, die wir uns von Anfang an auf die Machtübernahme vorbereitet haben: Die Klugen werden wir integrieren, auf den Dummen werden wir reiten. Das darf Sie nicht befremden. Die Generation muß umerzogen werden, um sie der Freiheit würdig zu machen. Uns stehen noch Tausende Schatows bevor. Wir formieren uns, um die Richtung zu bestimmen; was müßig am Weg liegt und uns mit aufgerissenem Mund anstarrt, muß in die Hand genommen werden. Von hier begebe ich mich unmittelbar zu Kirillow, und gegen Morgen wird das Dokument vorliegen, in dem er sterbend in Form einer Erklärung an die Regierung alles auf sich nimmt. Etwas Glaubwürdigeres als diese Kombination kann es nicht geben. Erstens, er war mit Schatow verfeindet; sie hatten in Amerika zusammengelebt, hatten folglich genug Zeit, sich zu entzweien. Es ist bekannt, daß Schatow seine Überzeugungen geändert hat. Folglich ist ihre Feindschaft auf den Wechsel der Überzeugungen und die Angst vor einer Anzeige zurückzuführen – das ist die unerbittlichste Feindschaft. Alles wird so aufgeschrieben werden. Zum Schluß wird erwähnt, daß bei ihm, im Haus Filippow, Fedjka genächtigt hat. Damit wird jeder Verdacht von Ihnen abgelenkt, alle diese Schafsköpfe werden auf eine falsche Fährte gesetzt. Morgen, meine Herrschaften, werden wir uns nicht sehen; für ganz kurze Zeit verreise ich aufs Land. Aber übermorgen erhalten Sie meine Instruktionen. Ich möchte Ihnen raten, den morgigen Tag zu Hause zu verbringen. Und jetzt wollen wir paarweise auf verschiedenen Wegen zurückgehen. Ich

Weitere Kostenlose Bücher