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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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vorgedrungen. Als erstes: Wie steht es mit der Gesundheit? Ich sehe, es geht Ihnen ausgezeichnet, und es ist möglich, daß Sie morgen erscheinen werden. Nicht wahr?«
    »Es ist möglich.«
    »Machen Sie es ihnen endlich nicht so schwer, machen Sie es auch mir nicht so schwer!« Pjotr Stepanowitsch gestikulierte heftig, wie in angenehmster Laune und zum Scherzen aufgelegt. »Wenn Sie nur wüßten, was ich ihnen alles zusammengeschwatzt habe! Aber Sie wissen es ja.« Er lachte.
    »Ich weiß nicht alles. Ich habe nur von meiner Mutter gehört, daß Sie sehr … in Bewegung waren.«
    »Das heißt, ich erreichte nichts Bestimmtes«, plötzlich schien Pjotr Stepanowitsch sich gegen einen wütenden Angriff verteidigen zu müssen, »wissen Sie, ich habe Schatows Frau ins Spiel gebracht, das heißt die Gerüchte von dem Verhältnis, das Sie in Paris mit ihr hatten, womit sich natürlich auch dieser Vorfall am Sonntag erklären läßt … Ärgern Sie sich darüber?«
    »Ich bin überzeugt, daß Sie keine Mühe gescheut haben.«
    »Das war es ja, was ich befürchtete. Übrigens – was heißt ›keine Mühe gescheut‹? Das ist doch ein Vorwurf! Übrigens, Sie sind sehr direkt, und ich hatte am meisten befürchtet, auf dem Weg zu Ihnen, daß Sie keine Lust haben würden, direkt zu sein.«
    »Ich habe auch keine Lust, direkt zu sein«, sagte Nikolaj Wsewolodowitsch leicht gereizt, lächelte aber gleich darauf.
    »Das meine ich nicht; das meine ich nicht, täuschen Sie sich nicht, das meine ich nicht!« Pjotr Stepanowitsch winkte mit beiden Händen ab, seine Worte rieselten wie trockene Erbsen, und die Gereiztheit des Hausherrn erfüllte ihn augenblicklich mit Genugtuung. »Ich möchte Sie nicht mit unserer Sache reizen, zumal in Ihrer momentanen Lage. Ich bin hierhergeeilt nur wegen der Sonntagsgeschichte, und auch das möglichst kurz, weil es nun einmal nicht zu vermeiden ist. Mit den offenherzigsten Erklärungen, auf die vor allem ich selbst angewiesen bin, nicht Sie – dies für Ihre Eigenliebe, zugleich aber ist es auch die Wahrheit. Ich komme, um von jetzt an immer aufrichtig zu sein.«
    »Das heißt, Sie waren bis jetzt unaufrichtig?«
    »Das wissen Sie doch selbst. Ich war oft listig … Sie lächeln, ich freue mich über dieses Lächeln, als Vorwand für einen Kommentar; ich habe mich absichtlich mit dem Wort ›listig‹ gebrüstet und ein Lächeln provoziert, damit Sie sich gleich ärgern: Was fällt dem ein, auch nur zu denken, er sei listig – aber mir geht es nur darum, mich auf der Stelle zu erklären! Sehen Sie, sehen Sie, wie aufrichtig ich jetzt bin! Also, belieben Sie, mich anzuhören?«
    Nikolaj Wsewolodowitschs Gesicht, voll ruhiger Verachtung und sogar Spott trotz der offenkundigen Absicht seines Besuchers, ihn durch die Dreistigkeit der im voraus wohlüberlegten und plumpen Naivitäten zu reizen, drückte schließlich eine gewisse Unruhe und Neugier aus.
    »Also, passen Sie auf«, Pjotr Stepanowitsch wurde immer quirliger, »als ich mich auf den Weg hierher machte, das heißt überhaupt hierher, in diese Stadt, vor zehn Tagen, war ich selbstverständlich entschlossen, eine Rolle zu übernehmen. Am besten wäre gewesen gar keine Rolle, einfach die eigene Person, nicht wahr? Nichts ist listiger als die eigene Person, weil es niemand glaubt. Ich wollte, zugegeben, den Narren spielen, weil der Narr leichter zu spielen ist als die eigene Person; da aber der Narr immerhin ein Extrem ist und ein Extrem Neugier erweckt, habe ich mich endgültig für die eigene Person entschieden. Nun, und wie ist meine eigene Person? Eine goldene Mitte: weder dumm noch klug, ziemlich untalentiert und vom Mond gefallen, wie die vernünftigen Leute hier zu sagen pflegen, nicht wahr?«
    »Nun, vielleicht stimmt das auch.« Nikolaj Wsewolodowitsch lächelte kaum merklich.
    »Aha, Sie pflichten bei – freut mich sehr; ich wußte es im voraus, das sind Ihre eigenen Gedanken … Keine Sorge, keine Sorge, ich bin nicht böse und habe mich keineswegs deshalb so definiert, um Ihren Widerspruch zu wecken und Ihr Lob zu hören: ›O nein‹, könnte es heißen, ›Sie sind nicht untalentiert! O nein‹, könnte es heißen, ›Sie sind klug!‹ Sie lächeln schon wieder! … Ich sitze wieder in der Klemme. Meinetwegen, Sie würden nie sagen: ›Sie sind klug‹; ich halte alles für möglich. Passons, wie mein Herr Papa zu sagen pflegt, und, en parenthèse, nehmen Sie mir meine Redseligkeit nicht übel. Hier, nebenbei, das Exempel:

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