Boese - Horror
angehörte, mit seiner Lobpreisung und Totenweihe. Noch ehe er geendet hatte, fiel bereits leichter Regen, der sich rasch in einen regelrechten Platzregen verwandelte. Niemand hatte einen Schirm mitgebracht, und so rannten alle über den Friedhof zu ihren Wagen.
Doug dachte an die Autos und Fahrzeugteile auf Hobies Grundstück und fragte sich, was wohl damit geschehen würde.
Er und Trish verließen als Letzte den Friedhof und gingen langsam zwischen den Grabsteinen entlang, obwohl der Regen heftig auf sie niederprasselte. Sie sahen, wie Yard Stevens' Lincoln den Parkplatz verließ und der kurzen Reihe von Fahrzeugen folgte, die die Straße entlangfuhren.
Hobies Eltern waren nicht gekommen, obwohl Mike gesagt hatte, dass sie benachrichtigt worden waren und sich um alle Arrangements gekümmert hatten. Doug ertappte sich bei der Frage, ob sie vielleicht das Begräbnis ihres Sohnes verpasst hatten, weil ihre Post manipuliert worden war. Es war gut möglich, dass sie einen Brief von der Friedhofsverwaltung bekommen hatten, in denen ihnen mitgeteilt wurde, dass Hobies Begräbnis auf Grund von Terminschwierigkeiten um einen Tag verschoben werden müsste. Vielleicht kamen sie erst morgen - nur um festzustellen, dass ihr Sohn bereits beerdigt und das Begräbnis vorbei war.
»Er hat ihn umgebracht«, sagte Doug laut. »So sicher, als hätte er ihm eine Kugel in den Kopf gejagt.«
»Ich weiß«, sagte Trish und drückte seine Hand.
Doug schwieg eine Zeitlang, während sie weitergingen. Seine Schuhe sanken im Matsch ein. »Lass uns von hier weggehen«, sagte er. »Lass uns diese verdammte Stadt verlassen.« Er blickte Trish an. »Lass uns abhauen.«
»Auf Dauer oder für einen Urlaub?«
»Beides.«
»Ich weiß nicht«, sagte sie zögernd. »Es kommt mir nicht richtig vor, alle hier im Stich zu lassen.«
»Im Stich lassen? Wen?«
»Alle. Unsere Freunde.«
»Diejenigen, die tot sind? Die verrückt geworden sind? Oder die, die verschwunden sind?«
Trish drehte sich zu ihm um. »Was ist los mit dir?«
»Nichts ist los mit mir. Ich will nur von hier weg, damit wir unser Leben zurückbekommen, solange wir noch ein Leben haben.«
»Und wer wird diesen Irren aufhalten?«
»Wer wird ihn denn aufhalten, wenn wir hier sind?« Doug fuhr sich mit der Hand durch das nasse Haar. »Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest - wir haben ihn nicht dazu gebracht, seine Sachen zu packen. Zum Teufel, wir haben keinen einzigen Punkt gegen ihn herausgespielt. Wir haben absolut nichts erreicht. Vielleicht beruhigt sich alles, wenn wir gehen.«
»Und wer wird ihn bekämpfen?«
Sie starrten sich durch den Regen an. Doug blickte den Hügel hinunter zum Postamt und sah, dass die Flagge wie zum Hohn auf Halbmast hing.
»Wir können nicht gehen«, sagte Trish. »Wir haben hier eine Verantwortung.«
»Ich habe genug von der Verantwortung.«
Der Regen hörte abrupt auf, als wäre im Himmel ein Hahn zugedreht worden, aber Doug liefen immer noch Rinnsale übers Gesicht, und ihm wurde bewusst, dass er weinte. Trish streckte zögernd die Hand aus, berührte seine Wange, seine Stirn, sein Kinn. Sie trat auf ihn zu, legte die Arme um ihn und zog ihn zu sich heran. Sie hielt ihn fest, und sie blieben lange, lange Zeit so stehen.
Zum Abendessen gab es Tortillas mit Hühnchen - ein Gericht, das sie alle drei mochten. Trish hatte den größten Teil des Nachmittags mit der Zubereitung verbracht, doch keiner schien großen Appetit zu haben, und sie stocherten schweigend in ihrem Essen herum, jeder in seine Gedanken versunken.
Mitten in der Mahlzeit fiel wieder der Strom aus, und Trish nahm die Streichhölzer und zündete die Kerzen an, die sie auf den Tisch gestellt hatte. Der Strom war in letzter Zeit so oft ausgefallen, dass sie jetzt als Ersatzbeleuchtung in jedem Zimmer Kerzen und Taschenlampen aufbewahrten. Es wurde langsam zu einer Selbstverständlichkeit. Wenn dieses Martyrium sie etwas lehrte, dann war es Genügsamkeit und die Einsicht, dass sie all die Annehmlichkeiten, von denen sie bisher gedacht hatten, dass sie zum Überleben notwendig seien, eigentlich nicht brauchten. Trish fragte sich, wie einige der älteren Leute in der Stadt zurechtkamen.
Der Grund für die ständigen Stromausfälle war offensichtlich: Der Postbote wollte ihren Widerstand brechen, wollte sichergehen, dass sie wussten, dass sie sich auf nichts verlassen konnten. Wie er die Stromausfälle zuwege brachte, wie er die Einwohner der Stadt von Wasser, Gas und
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