Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8
hätte ich es tun sollen, aber ich konnte nicht. Nach außen hin schwärmten alle, wie toll Dr. B. war. So ein toller Typ. Und dann sagst du auf einmal dasselbe, ohne nachzudenken, du singst einfach mit. Du dachtest, wenn du etwas gegen ihn sagst, fallen sie über dich her.«
»Gehörte körperliche Bestrafung auch zur bösen Liebe?«
»Ab und zu, ja, gewöhnlich ein Klaps oder Kneifen, nichts, was zu wehtat. Die Hauptsache war die Erniedrigung... Aber wenn er jemandem wehtun wollte, dann wusste er wie. Er kannte die empfindlichen Stellen, und er hinterließ keine Narben. Niemand würde uns glauben, wenn wir uns beschwerten. Was waren wir schließlich? Schulschwänzer, Versager, Ausgestoßene. Denken Sie etwa, jetzt würde mir jemand glauben? Nach vier Abtreibungen und all dem Valium, Librium, Elavil und Lithium und den anderen Sachen, die ich gemacht habe? Würde sich nicht jeder Anwalt sofort darauf stürzen und mir den Prozess machen? Ich wäre doch nur ein Stück Dreck für die Richter.«
»Wahrscheinlich.«
Sie verzog angewidert den Mund. »Ich finde es toll, dass er tot ist, und noch toller finde ich, dass er es selbst gemacht hat. Endlich war er mal an der Reihe.«
Sie schaute zur Decke.
»Woran denken Sie?«, fragte ich.
»Meinen Sie, er hatte vielleicht Schuldgefühle und hat sich deshalb umgebracht?«
»Nach dem, was Sie mir erzählen, kann ich mir das kaum vorstellen.«
»Ich auch nicht. -Wissen Sie, dass ich froh war, wenn er mich schlug? Dann redete er wenigstens nicht. Seine Stimme war das Schlimmste, seine Worte. Er redete sich in dich hinein und quetschte alles Leben aus dir heraus. Wissen Sie, dass er Zeitungskolumnen schrieb - über Kindererziehung? Die Leute schickten ihm Briefe mit Fragen, und er wusste immer einen Rat.«
Ich seufzte. »Und Sie haben nie mit jemandem darüber gesprochen?«
»Sie sind der Erste. - Fühlen Sie sich nicht geschmeichelt? Ich habe Dutzende von Psychiatern verschlissen, aber Sie sind der Erste, mit dem ich über de Bosch rede. Sie haben mich entjungfert, mein Schöner. Meine Seele blutet.«
»Interessant, wie Sie es ausdrücken.«
»Aber treffend, nicht wahr? Therapie ist wie Geschlechtsverkehr - du entblößt dich vor einem Fremden und hoffst das Beste.«
»Sie sagten, Sie hätten andere Kinder in dieses Zimmer gehen sehen. War es immer de Bosch, der sie bearbeitete, oder auch Angestellte?«
»Meistens er selbst, manchmal seine eklige Tochter. Um mich hat er sich immer persönlich gekümmert, weil mein Vater ein so angesehener Mann war.«
»Wann genau waren Sie dort?«
»Sechsundsiebzig.«
»Da war Katharina erst dreiundzwanzig und hat noch studiert.«
»Na und? Sie ist von allen behandelt worden, als wäre sie ausgebildete Psychologin. Papa war der König und sie die Prinzessin. Wenn es wirklich Töchter gibt, die mit ihrem Vater pennen wollen, dann war sie so eine.«
»Hatten Sie jemals direkt mit ihr zu tun?«
»Nein, ich musste nur ihre Arroganz ertragen.«
»Und die anderen Angestellten? Haben die auch manchmal Einzelsitzungen abgehalten?«
»Nein, ich glaube nicht. Es ist alles so verschwommen, mein ganzes Leben war bis vor wenigen Jahren ein einziger Nebel.«
»Soll ich die Namen mit Ihnen durchgehen?«
»Von mir aus.« Sie trank von ihrem Kaffee.
»Grant Stoumen.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Michael Lerner.«
»Vielleicht, aber ich weiß nicht genau, tut mir leid.«
»Harvey Rosenblatt?«
»Null Erinnerung.«
»Wilbert Harrison, ein kleiner Mann, der immer in roten Klamotten herumläuft?«
»Nein.«
»Mary Evans.«
Blinzeln. Stirnrunzeln. Ich wiederholte den Namen.
»Hatten Sie nicht vorher eine andere Mary - irgendein Doppelname?«
»Evans Parks - Parks hat sie sich nach ihrer Heirat genannt.«
»Evans.« Ein bitteres Lächeln. »Mary Evans - Mary das Miststück. Eine kleine Blonde mit verkniffenem Arsch und verkniffenem Benehmen, nicht wahr? Sie hatte den Auftrag, Lehrerin zu spielen, wenn alle anderen sich die Zähne ausgebissen hatten. Zum Beispiel sollte sie mir das Lesen beibringen. Sie kannte nur Drill und Piesacken. Sie zwang mich zu idiotischen Übungen, die völlig zwecklos waren, weil ich einfach keinen Sinn in den Wörtern erkennen konnte. Sie benahm sich, als hätte sie einen Hund zu trainieren. Sie behauptete, ich wäre dumm, schwachsinnig und würde nicht aufpassen. Sie nahm meinen Kopf zwischen ihre Hände und zwang mich, ihr in die Augen zu schauen.«
Sie legte ihre Hände auf meine Wangen und presste sie
Weitere Kostenlose Bücher