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Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8

Titel: Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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fest zusammen. Die Hände waren feucht, ihr Mund geöffnet. Sie zog mich zu sich, und ich dachte, sie wollte mich küssen. Stattdessen sagte sie mit schneidender Stimme: »Pass gefälligst auf! Hör zu, wenn ich rede, du kleiner Schwachkopf.«
    Ich unterdrückte den Drang, mich loszureißen.
    »Pass auf! Hör auf zu glotzen, du Schwachkopf! Das ist wichtig hier! Du musst es lernen! Wenn du nicht aufpasst, kannst du nichts lernen!«
    Sie drückte noch fester, dann ließ sie mich los und lächelte wieder. »Ihr Atem roch nach Pfefferminz. Ist es nicht komisch, wie man sich an einen Geruch erinnert? Eins war sicher: Nach einer schwierigen Lektion mit dem Miststück kam bestimmt eine Privatsitzung mit de Bosch, mit allen Schikanen. Sie sagen, sie ist ermordet worden?«
    »Auf sehr grausame Weise.«
    »Zu traurig.«
    »Und Rodney Shipler. Sagt der Name Ihnen etwas?«
    »Nein.«
    »Delmar Parker, der Junge, von dem ich Ihnen am Telefon erzählt habe?«
    »Ja, der Unfall. Das war vor meiner Zeit.«
    »Mai dreiundsiebzig. Aber Sie haben davon gehört?«
    »De Bosch hat davon erzählt. Und wie.«
    »Während dieser Sitzungen?«
    Sie nickte. »Der Lohn der Sünde. Als ich wieder einmal ein schlimmes Verbrechen begangen hatte - man hatte mich mit einem Jungen erwischt -, hielt er mir die Predigt über diese Ratte von einem Jungen, der schließlich die Strafe bekommen hatte für seine Schlechtigkeit. ›Der Tod, junge Dame, der Tod.‹«
    »Was war nach seinen Worten passiert?«
    »Delmar hatte einen Wagen gestohlen, war von der Straße abgekommen und verunglückt. Ein eindeutiger Beweis, was mit Ungeziefer wie uns passierte. De Bosch redete gern davon. Er machte sich lustig über das Kind, lachte, als sei alles furchtbar spaßig. ›Verstehst du, du böses, dummes Mädchen? Ein Junge, der so dumm war, dass er ein Auto stahl, wo er nicht einmal fahren konnte. Hahaha. Ein Junge, der so dumm war, dass er seinen eigenen Tod inszenierte. Hahaha.‹«
    »Das Wort hat er benutzt? ›Inszeniert‹?«
    »Ja.« Sie wirkte verblüfft. »Ich glaube, er hat genau dieses Wort benutzt.«
    »Was sagte er sonst noch über den Unfall?«
    »Lauter ekelhafte Einzelheiten. Dass sie den Jungen erst nach Tagen fanden, wie ihm die Maden aus Augen und Ohren krochen - ›Von Maden gefressen, meine liebe Meredith, ein Festschmaus für die Maden. Von innen aufgefressen. Sein halbes Gesicht hatten sie schon gefressen, furchtbar, hässlich wie dein Charakter. Denk darüber nach, Meredith. Denk an diesen dummen Jungen und wie sich die Maden über ihn hermachten. Das passiert, wenn Ungeziefer wie du sich nicht bessern will.‹«
    Sie lachte heiser und rieb sich die Nase.
    »Das Zitat stimmt vielleicht nicht ganz, aber es war verdammt ähnlich. Außerdem nannte er den Jungen einen Nigger, einen Wilden, einen Urwaldbewohner. ›Warum willst du es den Wilden gleichtun, Meredith, wenn da draußen die Zivilisation auf dich wartet? - Ein Rassist, das war er auch. Er brauchte es gar nicht auszusprechen, man sah es schon daran, wie er die Kinder ansah, die keine Weißen waren.«
    »Gab es viele farbige Schüler?«
    »Nein, nur eine Hand voll, fürs Image wahrscheinlich. Für die Öffentlichkeit war er nämlich der Musterliberale. Überall hingen Bilder von Martin Luther King, von Gandhi und den Kennedys. Wie gesagt - alles Schau.«
    Sie legte die Hände flach auf den Tisch und schien im Begriff aufzustehen.
    »Noch ein paar Namen«, bat ich sie. »Silk?«
    Kopfschütteln.
    »Merino.«
    »Soll das ein Witz sein? Kennen Sie noch mehr Stoffarten?«
    »Lyle Gritz?«
    »Nein, tut mir leid. Wie viele haben denn bisher dran glauben müssen?«
    »Viele. Ich stehe auch auf der Liste.«
    Sie riss die Augen auf. »Sie? Warum?«
    »Ich war im Vorsitz bei einem Symposium über de Boschs Lebenswerk, im Western Pediatric.«
    »Warum?«, fragte sie kalt. »Waren Sie ein Fan von ihm?«
    »Nein. Eigentlich hat mich Ihr Vater dazu gezwungen.«
    »Gezwungen? Warum denn das?«
    »Er schuldete Katharina einen Gefallen.«
    »Eine Konferenz, sagen Sie. Na, vielen Dank, Papa. Der Alte foltert mich, und zum Dank veranstaltet mein Vater eine Gedenkfeier für ihn. Wann war das?«
    »Neunundsiebzig.«
    Sie dachte nach. »Da war ich in Boston auf einer katholischen Mädchenschule, obwohl wir noch nicht einmal katholisch waren... Ein Symposium!« Sie lachte.
    »Sie haben Ihren Eltern nie erzählt, wie es Ihnen in dem Heim ergangen ist?«
    »Nein. Es war zu traumatisch, außerdem hätten sie mir

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