Boese Maedchen sterben nicht
Leben schon so viel ausgefressen und war damit davongekommen, da war es mir ziemlich egal, was die Seraphim davon hielten, dass ich mit meinem zukünftigen Gegenspieler gemeinsame Sache machte. Sie hatten mich schließlich selbst für den Job auserkoren. Wenn ihnen mein Hang zum Rebellieren nicht passte, hätten sie sich eben jemand anders aussuchen sollen. Oder? Ich blickte zum Himmel hoch. Ohne sein Amulett konnte Demus zwar sowieso nicht viel ausrichten, aber ich sollte wohl lieber kein Risiko eingehen.
»Hier«, sagte Nakita und reichte Barnabas ihren weißen Strumpf. Barnabas warf mir Demus' Amulett zu und ich fing es auf. Paul und ich betrachteten den lilafarbenen Stein, der sich ganz warm in meiner Hand anfühlte. Zwar hatte Kairos ihn gefertigt und nicht ich, aber mein Amulett war an seiner Herstellung beteiligt gewesen und die beiden Steine schienen sich zu begrüßen.
»Pfoten weg!«, knurrte Demus, als Barnabas ihm die Arme auf den Rücken drehte und seine Handgelenke fesselte. »Nakita, tu doch was! Ihr seid alle Verräter. Verräter!«
Nakita stellte sich breitbeinig über ihn, während Barnabas ihn in eine sitzende Position zerrte. »Ich hab gesagt, du sollst still sein!«, zischte sie und bückte sich betont langsam, um ihm ihren zweiten Strumpf in den Mund zu stopfen. »Und ich bin keine Verräterin«, fügte sie hinzu und trat unsicher einen Schritt zurück.
Paul sah mich an, als wollte er loslachen, traute sich aber nicht so recht. »Probleme mit deinen Engeln?«
Mein Herz hämmerte. Demus’ Gesicht war jetzt genauso rot wie seine Haare. »Meine Methoden sind noch etwas neu für ihn«, erwiderte ich bemüht unbeschwert und wandte mich dann ab, als wäre mir das alles egal. Aber das war es nicht.
Paul grinste und pikste mich mit dem Finger in die Schulter. »Du bist wieder lebendig, oder?«
Gegen meinen Willen musste ich lächeln. »Ja, also lass dein Schwert bitte, wo es ist, ja?«
Er lachte und tat so, als würde er mich mit einem imaginären Schwert durchbohren, als er sich an unsere erste Begegnung erinnerte, bei der er versucht hatte, mich zu töten. Damals hatte er mich für das Böse in Person gehalten. Mittlerweile sah er uns hoffentlich eher als Kollegen oder so was. Paul spähte zu Demus hinüber und sagte dann: »Ich weiß eigentlich gar nicht so richtig, was ich jetzt hier soll.«
Aufregung durchzuckte mich bis in die Zehen. »Dein Amulett ist doch so stark, dass du die Zeitlinien sehen kannst, oder?«, fragte ich. »Ich meine, Ron hat dir kein Amulett gegeben, mit dem du das nicht kannst, stimmt's?«
Paul sah auf seinen grünen Stein hinunter. »Ja, sehen kann ich sie. Aber das ist auch schon alles. Ich hab nicht die leiseste Ahnung, was ich damit anfangen soll.«
Barnabas versetzte Demus einen kleinen Schubser, damit er ruhig war. »Was hast du denn die letzten drei Monate über gemacht?«
»Was anderes«, war Pauls trotzige Antwort und Josh schnaubte.
»Wenn du dir die Zeitlinien vor Augen rufen kannst«, sagte ich, »kann ich sie durch deine Gedanken sehen. Dann zeige ich dir Tammys Resonanz, wie ich das bei einem Todesengel machen würde.«
Pauls Augen wurden groß. »So was kannst du? Jemand anderem zeigen, was du siehst?«
»So zeigt ein Zeitwächter seinem Todesengel, welche Seele er sich holen soll«, erklärte ich und begann langsam zu verstehen, dass Ron ihm wohl noch nicht allzu viel beigebracht hatte. Paul konnte zwar Raumhopser machen und ein Schwert aus dem Göttlichen erzeugen, aber über den Job an sich schien er so gut wie gar nichts zu wissen. Worauf wartete Ron nur?
»Wie ich schon sagte«, murmelte Barnabas und beugte sich zu mir rüber. »Was hast du die letzten drei Monate über gemacht?«
Ich warf Barnabas einen strafenden Blick zu, damit er den Mund hielt. Wir brauchten Pauls Hilfe. »Willst du es mal versuchen?«, fragte ich ihn. Wenn nicht, waren wir ziemlich erledigt.
Paul sah Josh an, dann mich. »Du, ähm, kannst dann aber nicht meine Gedanken lesen, oder?«
Ich warf Nakita und Barnabas einen Blick zu, denn da war ich mir nicht ganz sicher, und sie zuckten mit den Schultern. Vielleicht war das alles doch keine so gute Idee. »Ich weiß nicht, Paul, aber irgendwann musst du das ja mal lernen«, versuchte ich, ihn zu überreden, und in seinen Blick trat Entschlossenheit.
»Okay«, sagte er und setzte sich auf einen der Grabsteine.
Nakita gab ein leises Schnauben von sich. Die Arme vor der Brust verschränkt lehnte sie sich zu Barnabas
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