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Boese Maedchen sterben nicht

Boese Maedchen sterben nicht

Titel: Boese Maedchen sterben nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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mussten sie es doch einfach einsehen. Dann aber ebbte meine Begeisterung wieder ab und verschwand. Tammys Schicksal war nicht meine einzige Sorge. Ich griff nach meinem Amulett und dachte an meinen Körper. Ich hatte versprochen, das Amulett zurückzugeben, wenn ich jemals meinen Körper finden sollte. Aber das wollte ich jetzt nicht mehr. Ich wollte bleiben. Sie würden mich doch bleiben lassen, wenn ich wollte, oder?
    »Tammy ist gerettet«, erwiderte der Seraph und seine Worte erfüllten mich mit Wärme, sodass ich mich plötzlich gut fühlte, obwohl mir gerade der Boden unter den Füßen wegsackte. »Und das ist Pauls und dein Verdienst. Weil ihr zusammengearbeitet habt.«
    Alle Selbstsicherheit schien von Ron abzufallen und er warf uns einen finsteren, hässlichen Blick zu. »Paul wird nicht mein Nachfolger sein«, sagte er entschlossen. »Das ist ein Skandal! Als ob Licht und Dunkel jemals Zusammenarbeiten könnten, so funktioniert das nicht! Ich bin seit Jahrhunderten Zeitwächter -«
    »Und das wirst du auch bleiben«, unterbrach ihn der Seraph und seine schönen nackten Füße ließen den Sand auf den Terrassenplatten knirschen, als er sich umdrehte. »Du wirst vergessen, was Paul getan hat und was an diesem Morgen passiert ist.«
    Ich riss die Augen auf, als der Seraph Rons Schwert über seinen Kopf hob und es dann tief in die Steinplatten rammte. Die Erde bebte und Ron und ich stürzten Boden. Ron rappelte sich sofort wieder auf. Ich aber blieb sitzen, als ich spürte, wie die Luft um mich herum plötzlich feucht wurde. Über uns hatten sich dicke Regenwolken gebildet. Regen in der Wüste - ein unerwartetes, unglaubliches Geschenk.
    Der Engel stand noch immer vor uns und er wirkte furchterregend in seiner Schönheit und seinem Zorn. »Hol dir dein Schwert zurück, um deinem himmlischen Auftrag nachzukommen«, dröhnte seine Stimme und Ron blickte voller Entsetzen auf sein Schwert, das nun wie Excalibur aus dem Steinboden ragte. »Nutze die Zeit, bevor du den Mut findest, dein Schwert zurückzuholen, zum Nachdenken«, fügte der Seraph hinzu. »Es bleibt mir noch eine letzte Angelegenheit, die ich erledigen muss, bevor ich diesen wirren Mahlstrom eures Lebens wieder verlasse. Und dafür brauche ich dich nicht, Chronos.«
    Ich verstand nicht, warum Ron mich so hasserfüllt anstarrte und vor seinem Schwert stand, als wäre es eine giftige Schlange. Wenn er es sich nicht zurückholte, würde sein Amulett nicht mehr richtig funktionieren.
    »Wenn er es nimmt, ist seine Erinnerung an das, was Paul heute Nacht getan hat, gelöscht«, erklärte der Seraph, der neben mir in die Hocke ging, bis er sich mit mir auf Augenhöhe befand. Es war eine seltsame Haltung für einen Engel und mir blieb fast der Atem weg, so nah war er mir.
    Langsam stand ich auf und meine Augenbrauen rutschten nach oben, als ich plötzlich verstand. »Und wenn er es dort lässt, hat er nicht die Kraft, uns aufzuhalten«, ergänzte ich und der Engel, der noch immer vor mir kniete, strahlte mich an. Dann streckte er die Hand aus.
    Mein Gesicht wurde kalt. Der Seraph forderte mein Amulett. »Und nun …«, begann er und ich umklammerte den Stein auf meiner Brust.
    »Du willst mein Amulett«, flüsterte ich und Ron schnaubte. Es schien ihn nicht unbedingt traurig zu stimmen, dass ich nun ebenfalls im Begriff war, alles zu verlieren.
    »Ja.« Der Seraph erhob sich würdevoll, doch seine Hand blieb ausgestreckt.
    »Aber ich habe bewiesen, dass das Schicksal gewendet werden kann und dass eine sterbende Seele sich erholen kann«, sagte ich. Ich blickte in die mittlerweile ziemlich abgekühlte Wüste hinaus, als lägen meine guten Taten irgendwo dort draußen, wo ich sie bloß aufzusammeln brauchte wie hübsche Steine. »Wir alle zusammen, die helle und die dunkle Seite. Wir haben Tammys Seele und ihr Leben gerettet. Ich weiß, dass ich gesagt habe, ich würde es zurückgeben, sobald ich meinen Körper wiederhabe. Doch ich habe gesehen, was mit den Menschen geschieht, die einen Schutzengel bekommen, aber es nicht schaffen, ihre Seele selbst zu heilen. Und das ist grausam.«
    »Stimmt«, pflichtete der Seraph mir bei. »Die Gesänge der Cherubim haben dazu beigetragen, dass auch der Himmel dies eingesehen hat.«
    »Aber einen Menschen einfach zu töten, um seine Seele zu retten«, jammerte ich, »das ist auch grausam.«
    »Stimmt«, sagte der Seraph wieder und in seiner Stimme lag ein Hauch von Ungeduld, während er noch immer die Hand ausgestreckt

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