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Böse Schafe: Roman (German Edition)

Böse Schafe: Roman (German Edition)

Titel: Böse Schafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Lange-Müller
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unbeirrbar sanft, ja demütig, hocktest im Morgengrauen neben meiner Matratze, strichst mir das Haar aus dem Gesicht, küßtest meine Wangen, meine Stirn und glaubtest wohl, ich schliefe. Manchmal legtest du sogar den Bademantel ab, krochst zu mir unter die Decke, gebrauchtest, wenngleich erfolglos, deine Finger oder schmiegtest dich nur an mich mit deinem so gesund wirkenden, kräftigen Leib, dessen Wärme mich noch trauriger machte, als ich eh schon war, doch irgendwie auch tröstete.
    Genug. Angst bleibt Angst, sich also gleich. Es ist vielleicht nicht ganz sinn-, aber völlig zwecklos, sie immer wieder zu beschwören, in ostinaten Wiederholungen.

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XIII
    Außer Thomas, von dem ich nie wieder etwas hörte, und Christoph, der mich seit unserem zweiten Treffen nicht mehr angerufen, aber eine bunte Postkarte aus »bella Italia« geschickt hatte, auf deren Rück- oder Schreibseite er mir für »circa vier Monate« den Blumenjob überließ und Glück »fürs weitere Leben« wünschte, waren alle gekommen zum großen Finale bei Joe, das du »Showdown« nanntest. Joe gratulierte uns und dir; und wenn ich mich nicht irre, klang er ein wenig ironisch, als er sagte, es sei sicher nicht leicht gewesen, so lange durchzuhalten.
    Nach kaum einer halben Stunde erklärte er das Treffen für beendet, und du sprachst, den Gerührten mimend, deine Einladung zu einer »ganz kleinen Feier« im Schwanensee aus, der selbst Joe folgte. Nicht gerade zu unserem Entzücken, denn niemand war daran interessiert, daß er unser Theater im letzten Moment doch noch durchschaute oder uns auch nur ehrlich sagte, was ihm, falls er nicht ganz blöd war – und es gab keinen Grund, ihn dafür zu halten –, kaum entgangen sein konnte. Aber Joe erwies sich als ein echter Schauspielerkumpel, löffelte seine heiße Schokolade, meinte, wir würden ihm zu viel rauchen, und außerdem sei er müde, und verließ schon bald unsere ohnehin nicht sehr vergnügliche Runde.
    Auch deine »Exgroupies«, wie du uns kühl nanntest, blieben nicht lange.
    Clara überreichte dir zum Abschied zwei Bücher, »Zwischen Gorleben und Stadtleben« von einem gewissen Dieter Panzer und eine Anthologie mit dem Titel »Früchte des Zorns«, die sie dir besonders ans Herz legte, weil darin drei ihrer »besten Gedichte verewigt« seien. Und ja, Harry, ich erinnere mich an vieles, was damals gesprochen wurde, selbst an den Quatsch, den Clara so redete, doch wie diese beiden Druckerzeugnisse hießen, das hätte ich längst vergessen, wenn nicht auch die, versehen mit gemeinen kleinen Randzeichnungen von keinem anderen als dir, bei mir gelandet wären, was immerhin beweist, daß du sie mal durchgeblättert, vielleicht sogar gelesen und bis zum Schluß behalten hast.
    Frank schenkte dir eine Vierfarblithographie, die dich darstellte, mit leerem Blick, hochgezogener Augenbraue und fast gewaltsam zu einem Grinsen verzerrten Mund. Dieses Blatt ist leider verschwunden, jedenfalls nicht mir in die Hände gefallen.
    Juli und Hanna schlangen, ehe sie gingen, kurz die Arme um dich und drehten dabei ihre Köpfe so zur Seite, daß gerade mal ihre Frisuren dein Gesicht berührten.
    Marlene aber gab weder dir noch mir die Hand, klopfte nur kurz auf den Tisch, und weg war sie.
    Marc zog aus seinem Rucksack eine dicke, grob gestrickte Jacke, legte sie dir über die Schultern und verknotete deren Ärmel unter deinem Kinn. Als er damit fertig war, knuffte er seine Faust gegen deine Brust. »Ein Winter kommt bestimmt noch«, sagte er lachend; und du und ich, wir lachten auch.
    »Über den Daumen gepeilt, gibt es nur vier Sorten von uns: die guten Guten, die bösen Bösen, die bösen Guten und die guten Bösen. Die guten Guten und die bösen Bö sen bleiben, was sie waren, die sind selten, aber langweilig. Ebenso die bösen Guten, die sind eine Weile die lieben Kinder braver Eltern mit Häuschen und Garten, doch sie werden größer und wollen die Häuschen und die Gärten und machen alles, damit sie alles bekommen, wovon sie meinen, es stünde ihnen zu. Die einzigen, die zählen, das sind die guten Bösen, die ziehen die Arschkarte schon am Tag ihrer Geburt und lernen, wie die bösen Bösen, nichts als lügen und betrügen und prügeln und rauben, bis sie ein paar Jahre Knast abgreifen und auf dem Zahnfleisch kriechen und manchmal unter die Röcke einer Religion oder einer Ideologie. Dann tun sie nicht einmal mehr einander Gewalt an, sondern nur noch sich selber, aus Angst vor Strafe und davor,

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