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Böse Schafe: Roman (German Edition)

Böse Schafe: Roman (German Edition)

Titel: Böse Schafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Lange-Müller
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Werbepostern und Reklametafeln herstellte, »die ganze Palette, von Persil – Weibern und Sarotti – Mohr bis Erdal – Frosch und Lurchi «. Sei nicht gerade dein Traum, so was zu machen, und gut bezahlt würde es auch nicht, und lieber, hättest du zum »verdutzten« Joe gesagt, wärst du »Drogenberater« geworden, weil du davon ja wirklich was verstündest; aber egal, entscheidend sei, daß »der Arsch nun gar keinen Wind mehr in den Segeln« und dein »Bewährungsfuzzi« den »Erlaß der Reststrafe aus gesundheitlichen Gründen« beantragt habe.
    Du warst verdammt gut gelaunt, als ich dich an jenem Tage aufsuchte, ohne Friede und ohne daß wir verabredet gewesen wären, eigentlich nur, um dir mitzuteilen, wie beschissen ich mich fühlte seit dem Morgen, seit ich bei mir grippeähnliche Symptome diagnostiziert hatte, die allerdings auch die ersten Anzeichen für eine HIV-Infektion sein konnten. Das hatte ich dir klagen und mich von dir beschwichtigen, wenn nicht trösten lassen wollen. Aber ich wußte nicht, wie ich beginnen sollte, denn du strahltest mich an, stelltest Kerzen auf den Kü chentisch, köpftest eine Flasche Sekt, setztest mir eine große Schüssel Fruchtquark vor und sagtest: »Ach Baby, nun guck nicht immer wie ne Domina mit Latexallergie. Läuft doch alles bestens, und spätestens Ende nächsten Monat hast du deine Piepen zurück. Wirst sehen, Haary macht das schon.« – Wieder fiel mir auf, daß du deinen Namen neuerdings anders betontest; du sagtest, wenn du in der dritten Person von dir sprachst, nicht Harry, sondern mit gesenkter Stimme das a dehnend: »Haary«. Als ich fragte, warum, lachtest du mutwillig laut, was auch neu war, und meintest, so ausgesprochen passe der Name besser zu dir. Dieses komische Argument wäre noch eine Recherche wert gewesen, doch ich ließ mich von deinem Optimismus mitreißen, zumal du mir deine »neueste Errungenschaft« vorführtest, einen Sony-Plattenspieler, den dir, wie du erklärtest, einer deiner neuen Kumpels überlassen hatte. Du warst gerade dabei, »Waiting for the Sun« von den Doors aus dem Cover zu ziehen, da klingelte es, mehrmals hintereinander. Du schautest etwas überrascht, und ich ärgerte mich ein wenig, obwohl ich schon neugierig war auf die Wesen, die um diese Zeit, immerhin war es elf Uhr abends, Einlaß begehrten, und außerdem hatte ich bislang weder bei mir noch bei dir erlebt, daß jemand, den ich womöglich nicht kannte, dich besuchen wollte.
    Du gingst zur Wohnungstür; ich blieb auf Julis Sofa sitzen, hörte drei fremde Stimmen, eine etwas nölige dialektfreie und zwei berlinernde Bässe. Und dann standen sie in deiner Küche, die Gebrüder Kling, die du mir in jenem Moment allerdings einzeln vorstelltest, sehr zu meinem durchaus skeptischen Erstaunen, denn ich fragte mich,anhand welcher Merkmale du die beiden, falls du sie nicht sehr lange und ganz genau kanntest, zu unterscheiden wußtest. Elmar und Eginhard, wie du sie nur dieses eine Mal nanntest, danach nie mehr anders als Elmi und Eggi oder einfach die Klingsbrüder, waren eineiige Zwillinge, die eineiigsten (verzeih den falschen Superlativ), die ich je sah. Habe ich dir irgendwann einmal gesagt, wie irre ich die fand? Die Klingsbrüder waren nicht kleinwüchsig, aber klein, richtiger kurz, was ihrer fast würfelförmigen Statur wegen besonders auffiel. Wirklich, sie sahen aus, als hätten sie Modell für die Lego-Männchen gestanden; doch im Unterschied zu diesen war an den Klingsbrüdern gar nichts rund, nicht einmal die Köpfe. Sie hatten, unter eckig geschnittenen, etwas verwilderten Prinz-Eisenherz-Frisuren, eckige, ausdrucksarme, aber nicht stupide wirkende Gesichter, kleine breite Hände mit gleich langen Fingern und kleine quadratische Füße, die, ehe sie sich ihrer entledigten, in klobigen Plateausohlenturnschuhen gesteckt hatten. Selbst die Bewegungen der Zwillinge und ihre Art zu sprechen wirkten eckig; absolut zutreffend hattest du deine beziehungsweise ihre Vorstellung mit der Bemerkung »die ecken auch immer mal wieder an« beendet.
    Wer weiß, warum das Mädchen, das ich ja, ebenso wie die Klingsbrüder, bereits an deiner Tür gehört hatte, uns erst Minuten später unter die Augen trat. Sie nölte was von »Taschentuch suchen und Tabak vergessen« und setzte sich, tief Luft holend, neben dich auf die Couch. »Das ist Lila«, sagtest du zu mir, »leider kenne ich sie nicht näher, noch nicht.«
    Du reichtest Lila, die es nicht für nötig hielt, deinen

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