Böse Schafe: Roman (German Edition)
Da kann ich uns allen ja gleich noch ne schöne Kanne Kaffee kochen, falls Ihre Genossen die Tüte nicht ausgekippt und das Pulver über den Fußboden verstreut haben.
»Genossen ist gut«, sagte mein Bewacher, »und Tüten auch. Doch jetzt mal zur Sache. Woher kannten Sie den Herrn Rademacher?«
Rademacher? Ich hatte keine Ahnung, von wem der sprach.
»Benno Rademacher«, setzte er nach, »nun tun Sie nicht dümmer, als Sie sind, Sie welkes Blumenkind aus dem nahen Osten. Wir haben bei der Leiche des Rademacher, Benno ein Notizbuch gefunden, in dem steht Ihr Name mit Adresse und Telefonnummer.«
Ich war wie vor den Kopf geschlagen, und so guckte ich wohl auch. Dann dämmerte mir, welcher Benno gemeint sein könnte; doch nur jener, der, als wir einander zum ersten Mal begegneten, bei dir gewesen war und den Sonntag drauf mit uns Spargel gegessen hatte. Dieser Benno oder Ben, wie du ihn genannt hattest, der war jetzt also tot, und mit Nachnamen hatte er Rademacher geheißen. Ich erinnerte mich an sein dichtes, krauses Haar, seinen Silberohrring, die etwas vorlaute und zugleich devote Art, in der er sich als dein treuer Freund gebärdet hatte, hütete mich aber, mir etwas anmerken zu lassen, denn ich spürte, wie scharf der Mann mein Mienenspiel beobachtete, und traute ihm ohne weiteres zu, daß er erkennen würde, ob ich log oder nicht.
Ja, da war mal einer, der Benno hieß, sagte ich leise. Das ist eine Ewigkeit her. Ich traf ihn zufällig auf der Straße. Und seinen Familiennamen, wie sagten Sie, Rademacher, den erwähnte er, glaube ich, gar nicht. Er wäre der Benno, und basta. Aber warum soll er tot sein? Und was habe ich damit zu tun?
»Irrelevant«, schnauzte der Zivile, von dem ich mittlerweile vermutete, daß er ein Kriminalkommissar sei, »reden Sie weiter.«
Nichts weiter, blaffte ich zurück, wir waren zusammen Kakao trinken, und dann habe ich ihm, wohl um ihn endlich loszuwerden, meine Koordinaten auf eine Serviettegekritzelt, leider die richtigen, weil ich sonst hätte überlegen müssen, und das hätte ihn stutzig gemacht. Da der Kommissar nicht nach dir gefragt hatte, verschwieg ich, daß du dabeigewesen warst, ja, daß ich diesen Kontakt keinem anderen als dir verdankte; aber im stillen wunderte ich mich schon.
»Ach so«, höhnte mein Gegenüber, »Sie wollten ihn loswerden. Deshalb haben Sie haarklein aufgeschrieben, unter welcher Nummer der Rademacher Sie erreicht und wo er Sie findet, falls Sie mal wieder die Telefonrechnung nicht bezahlen konnten. Klingt logisch, oder?«
Inzwischen hatten die Polizistin und ihre beiden Kollegen die Suche in meinem Zimmer beendet, und die drei übrigen kamen zurück aus Küche, Flur und Kammer. Sie schüttelten kaum merklich die Köpfe; nur einer präsentierte dem Kommissar grinsend mein Sparbuch. Der blätterte darin herum und sagte: »Hübsches Sümmchen. So was will natürlich gut versteckt sein.«
Mir schwoll nun doch der Kamm. Welch ein Schwachsinn, rief ich, von meinem Stuhl auffahrend, das ist ein stinknormaler Lottogewinn, den Sie sicher auch gerne hätten, und der langt sogar für die nächsten Telefonrechnungen. Ich kann’s beweisen. Wenn Sie bitte nachschauen wollen, in dem Sparbuch liegt noch die Bescheinigung der Deutschen Klassenlotterie. Außerdem habe ich immer nur was abgehoben, nichts eingezahlt.
»Okay«, meinte mein Vernehmer, »das war’s für heute. Bitte bestätigen Sie uns auf diesem Protokoll hier, daß wir nichts gefunden, nichts beschädigt und nichts mitgenommen haben. Eine Kopie verbleibt bei Ihnen. Ich rate Ihnen, legen Sie das Papierchen nicht zu weitweg und glauben Sie nicht, Sie wären schon raus aus der Partie.«
Ich unterschreibe gar nichts, sagte ich. Erst mal sehen, ob Ihre Genossen den Zucker wieder in die Zuckerdose und das Mehl wieder in die Mehlbüchse gefüllt und überhaupt alles so verlassen haben, wie es gewesen ist.
Kammer und Küche waren picobello; sie hatten sogar den Tisch abgewischt und drei benutzte Gläser in die Spüle gestellt. Ich signierte den Wisch, geleitete die Korona zur Tür, legte die Kette vor, ging in mein Zimmer zurück, rauchte eine Zigarette. Dann duschte ich schnell, zog mich an, schob mein Sparbuch unter einen Stapel Schallplatten, nahm den Beutel mit dem Schlafanzug, den ich dir bei Karstadt gekauft hatte, und schloß dreimal hinter mir ab.
Ich öffnete, ohne daß ich vorher angeklopft hätte, die Tür zu deiner Krankenzelle, blieb aber auf der Schwelle stehen und sagte, ehe du
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