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Böse Sterne

Titel: Böse Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Bittrich
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Sekretärin anzustreben. Oder den des Vertreters. Oder des Briefträgers.
     Seien wir ehrlich: Wenn Sie eines davon erreichen können, ist das sehr viel.
    Uns würden Sie jedenfalls eine Freude machen. Ihren Eltern erst recht. Die leidgeprüften Alten haben anfangs ernsthaft geglaubt,
     aus Ihnen könne was werden. Damals, als Sie noch klitzeklein waren und schon sprechen konnten. Leider stellte sich bald heraus,
     dass Sie viel redeten, aber rein gar nichts sagten. Das ist bis heute so geblieben.
    In der Schule sind Sie außer durch Schwatzen vor allem durch Kasperkram aufgefallen, durch konfettihafte Ablenkungsmanöver
     und fadenscheinige Entschuldigungen. Auch daran hat sich nichts geändert. Also, was machen wir mit Ihnen? Sie sind so sympathisch,
     wir würden |40| Ihnen gern weiterhelfen, am besten ins Ausland. Aber wie?
    Die Agenturen für Arbeit hoffen immer, Zwilling-Geborene als Unterhalter unterzubringen, in einem Altersheim oder bei Verkaufsveranstaltungen.
     Und tatsächlich, wenn auf einer Bühne zur Kaffeestunde abgetakelte Witze erzählt werden, dann steht meist ein Zwilling drauf.
     Wenn bei einer Butterfahrt Kräuterkissen und Nierenschützer an Schwerhörige verscheuert werden, dann ist ein Zwilling der
     Verkäufer.
    Wäre das was für Sie? Sie sehen so interessiert aus! Und tatsächlich, in dem Bereich können Sie es zu etwas bringen: im Handel
     mit Kupferarmbändern gegen Herzbeschwerden, Gummifolien gegen Ischias, Cantharidenpflastern, Stutenmilch, Gelee aus Kalbsfüßen
     und Pastillen aus Grünlippenmuscheln. Das klingt verheißungsvoll in Ihren Ohren? Na wunderbar. In der alternden Gesellschaft
     werden Sie viel verdienen können.
    Auch der Beruf des Reiseleiters wird Zwillingen empfohlen. Wir können uns vorstellen, wie Sie vorne im Bus sitzen, nicht wissen,
     wo es gerade langgeht und wer diese sonderbaren Pyramiden errichtet hat und wie Sie trotzdem ungebremst reden. Denn das haben
     Sie schon in der Grundschule gelernt: darüber hinwegzutäuschen, dass Sie keine Ahnung haben.
    Deshalb verlaufen Ihre Einstellungsgespräche zu Anfang ermutigend. Sie treten salopp auf, talken unbekümmert drauflos und
     kehren den Kontaktfreudigen heraus. |41| Nur Ihr Lebenslauf weckt jedesmal Skepsis. Was denn, so viele Schulen haben Sie durchlaufen? So viele Ausbildungen angefangen?
     So häufig die Studienfächer gewechselt? In all diesen Firmen waren Sie mal angestellt? Ist ja sensationell!
    Und verdächtig ist es natürlich auch. Als Grund erwähnen Sie gern Ihre mannigfachen Begabungen. Ihre Vielseitigkeit. Wer so
     vieles kann, erklären Sie, der kann sich nicht leicht entscheiden. Und wer gar nichts kann, ergänzen wir, dem fällt die Entscheidung
     noch schwerer.
    Jedenfalls zeigen soziologische Untersuchungen, dass Sie und Ihresgleichen zu den Rekordlern im Studienabbruch und Jobwechsel
     gehören. Überall werden Sie binnen Kurzem vom Zweifel ergriffen, ob das wirklich das Passende ist. Ihre Anleiter oder Vorgesetzten
     werden noch früher von diesem Zweifel ergriffen. Und schon legt man Ihnen nahe, Ihre nebelhaften Begabungen an anderer Stelle
     einzubringen.
    Haben Sie das schon hinter sich? Sonst haben Sie es noch vor sich. Bereits jetzt verfügen Sie über den passenden Zynismus.
     Die perfekte Kombination mit Ihrem Schlaubergertum.
    Sollten Sie also Talkmaster werden? Sie reden gern über die Probleme anderer. Da könnten Sie es mit Journalismus versuchen.
     Sie dürften ganz offiziell und ungestraft andere Leute kritisieren. Sie würden mit professioneller Ahnungslosigkeit bezweifeln,
     ob diese Regierungsmaßnahme richtig oder jenes kulturelle Ereignis |42| politisch korrekt ist oder ob das da unten auf dem Spielfeld wirklich Abseits war.
    Das wäre doch was! Und im Ernst: Die meisten Leute, die den Fernsehzuschauern extrem auf den Keks gehen, sind Zwillinge.
     Die Moderatoren, bei deren aufgekratztem Gerede man sofort den Sender wechselt, das sind Zwillinge. Die Werbeanrufer. Die
     ahnungslosen Expertinnen im Callcenter. Die Journalisten, deren hohldrehende Artikel man im zweiten Absatz abbricht: Zwillinge.
     Leute wie Sie.
    Was machen wir nun mit Ihnen in Sachen Job? Das, was Sie zur Zeit tun, ist nicht das Richtige. Das ist klar. Das spüren Sie
     selbst. Also, bevor das klassische Zwillinge-Syndrom einsetzt, die Frühdemenz, müssen wir Sie irgendwo unterbringen.
    Sagen Sie mal: Hätten Sie nicht das Zeug zum Blogger? Sie sind doch so gern im Web! Und wenn Sie da nun einfach Ihre

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