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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Wethern
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und sie setzten sich durch. 9
    Der Vorfall warf eine alte Frage auf: »Wie sind die Hells Angels wirklich?« Zudem berichteten die Medien mehr denn je über den Club, und das nutzte dieser aus.
    »Wir sind nur ein Haufen Männer, die gerne zusammen sind, so wie die Freimaurer oder jede andere Gruppe«, teilte Tiny, ein bärtiger, 1,98 Meter großer Riese, den Reportern mit. »Wir fahren einfach gerne Motorrad.«
    Und Tommy erklärte vor den Medien: »Die Staatsanwaltschaft möchte uns verbieten, aber sie kann uns nicht auflösen. Vielleicht fallen wir in ein Loch, doch wir werden zurückkommen.«
    In der Tat fiel der Club in ein Loch und blieb dort fast ein Jahr lang drin. Schikanen der Polizei, die man sogar eingeräumt hatte, zwangen das Charter Sacramento, das von Mother Miles geführt wurde, sich im Mai 1965 aufzulösen, sodass die Mitgliederzahl in ganz Kalifornien auf 85 sank. Dennoch kam der Club zurück, und zwar auf einem völlig unerwarteten Weg: Die Angels wurden von der nordkalifornischen Boheme als raue Verbündete gegen das Establishment adoptiert. Gegenseitige Neugier trug zu dieser Allianz zwar bei, doch hauptsächlich einte beide Gruppen die freie Art zu leben und ihr Hang zu Drogen. Vielleicht sorgte der Drogenkonsum mit den Angels dafür, dass die Beatniks sich in einer weniger intellektuellen und umso gewalttätigeren Umgebung wiederfanden, aber beide glaubten, sie befänden sich auf demselben Regenbogen, befreit von den Wolken der Heuchelei.
    Am Wochenende des 7. August 1965 luden mich ein paar Angels zu einer Küstenrundfahrt ein, um mich ihren neuen »Freunden« vorzustellen. Ich fuhr ein Motorrad, das mir ein Kumpel bei den Gypsy Jokers geliehen hatte, und fuhr mit ungefähr fünfzig Männern eine Stunde auf dem Highway 1 nach Süden. Wir alle sahen abschreckend aus und machten grimmige Gesichter. Unsere langen Mähnen und die Kutten flatterten im Wind. Ich hatte fast vergessen, wie aufregend es war, Teil dieses rollenden Donnerkeils zu sein.
    Die Gruppe wandte sich landeinwärts, fuhr bei La Honda an Mammutbäumen vorbei und ging an einem 3,60 Meter langen Banner vom Gas, auf dem stand: »Die Merry Pranksters begrüßen die Hells Angels.« Die Bäume dämpften das Dröhnen unserer funkelnden Motorräder, als wir anhielten. Freundliche, aber freakige Leute umringten uns. Sie trugen zerlumpte Kleider und Sandalen. Einige gingen barfuß und waren halb nackt und mit fluoreszierender Farbe beschmiert.
    Der Empfang verblüffte uns zunächst, weil Nichtbiker uns selten so liebenswürdig und furchtlos begrüßt hatten. Wir wurden einander ohne Umstände vorgestellt und waren bald high. Sonny und der Eigentümer des Grundstücks, der Schriftsteller Ken Kesey 10 , ein Superstar der Beat Generation, fanden und begrüßten sich.
    Die Pranksters benutzten Gesichtsfarben und Spitznamen nach bester Halloween-Tradition. Wir lachten schallend über Namen wie June the Good, Mountain Girl und Hermit, während sie überlegten, wie Buzzard, Baby Huey, Terry the Tramp und Tiny zu ihren Trägern passten. Alle trugen Kostüme und spielten eine Rolle, sogar ihre heiligen Männer: der Dichter Allen Ginsberg und der LSD-Guru Dr. Richard Alpert.
    Schon bevor ich meine Maschine abschaltete, begann ich mich zu fragen, was ich hier ohne meine Abzeichen zu suchen hatte – als halber Angel, umringt von Keseys Menagerie. Man kannte mich zwar von früher, doch nach den Clubregeln hatte selbst ein neu Aufgenommener einen höheren Rang als ein zurückgetretener Vizepräsident. Wenn es hart auf hart kam, würde man mir vielleicht einen unrühmlichen Abgang gestatten, aber wahrscheinlich würde ich mich auf gefährliche Weise behaupten müssen.
    Während ich zwischen den Mammutbäumen herumspazierte und mir die Beine vertrat, rauchte ich einen Joint. Marihuana hatte bei mir kaum gewirkt, als ich es mit meinen Arbeitskollegen probiert hatte, aber diesmal war ich in anderer Stimmung. Seltsame Geräusche drangen aus den Lautsprechern, die in den Bäumen und an einem Felsen hingen. Der sogenannte Rundfunksender der Pranksters, KLSD, brachte Musik, Nachrichten und Kommentare von jedem, der das Mikrofon in die Hand nahm. Eine Stimme – ich glaube, sie gehörte Tramp – verspottete die Hilfssheriffs des Bezirks San Mateo, die sich an der Grundstücksgrenze im Gebüsch versteckten: »Mr. Sheriff, wer kriecht deiner Alten zwischen die Beine, während du durchs Gestrüpp kriechst?« Es folgte raues Gelächter. Keseys Anwesen schien

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