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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Wethern
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Überall waren Angels, doch keiner kümmerte sich um die Frau. Das wunderte mich. Ich fühlte mich so angestaubt wie mein alter, lederner Harley-Hut.
    Zeitweilig stritten die Angels und ihre neuen »Freunde« über den Vietnamkrieg. Wir hielten Pazifismus für feige, weibisch und unamerikanisch. »Wir stehen loyal zu den Vereinigten Staaten von Amerika«, hatte Sonny einmal erklärt. »Wenn es mal Ärger geben sollte, melden wir uns bei der Armee und kämpfen. Mehr als neunzig Prozent unserer Mitglieder sind Veteranen. Wir wollen keine Drückeberger.« Als die Antikriegsbewegung sich ausbreitete, schrieb Sonny einen Brief an Präsident Johnson und bot die Dienste des Clubs im vietnamesischen »Gorillakrieg« an. Mit anderen Worten, Hipster-Drogen und -Frauen waren in Ordnung, aber die Hipster-Ideologie nicht.
    Am 5. Oktober 1965, weniger als drei Monate nach der Party bei Kesey, versammelte Sonny die Clubmitglieder, als 1700 Kriegsdienstverweigerer von der University of California in Berkeley zum Musterungszentrum der Armee in Oakland marschierten. Polizisten hielten die Angels zurück. »Wir sollten ihr Auto umwerfen und uns diese Kommunistenfahne holen«, sagte Sonny. Dann brachten einige Jungs Limonade, um die Flaschen als Knüppel zu benutzen. Die Angels schrien »Kommunistenschweine!« und schlüpften überraschend mühelos durch die Polizeiabsperrung. 12 Sie entrissen den Führern des Vietnam Day Committee (VDC) ein Banner und überrannten dann – eine Dampfwalze aus 16 Männern mit Flaschen, Ketten und Stiefeln – die Protestler. Hunderte von Demonstranten wurden auseinandergetrieben, einige an der Telegraph Avenue zusammengeschlagen, ehe die Cops sechs Angels festnahmen und den Rest verjagten. Doch die Anklage gegen alle außer Tiny wurde fast unverzüglich eingestellt. Tiny, Geldeintreiber von Beruf, wurde beschuldigt, einem Polizisten mit einer Limonadenflasche ein Bein gebrochen zu haben (später gestand er mutwillige Sachbeschädigung und musste 56 Dollar berappen).
    Der Grund für den Überfall war die militaristische und patriotische Gesinnung des Clubs. Sie befremdete die Beatnikfreunde, erwies sich für den Club jedoch als erstklassige Publicity. Viele Leute hielten diesen Einsatz für die erste positive Tat der Hells Angels, seitdem Mitglieder aus San Francisco begonnen hatten, Autofahrern bei Pannen zu helfen und ihnen Visitenkarten im Lone-Ranger-Stil überreichten: »Ihr Helfer ist Mitglied der Hells Angels.« Konservative Journalisten lobten den Club dafür, dass er den Friedensaposteln eine Lektion erteilt hatte, und Fred Ullner, der Leiter der Initiative »Republikaner für Konservatismus« in San Rafael, gründete eigenmächtig eine Gruppe namens »Freunde der Hells Angels«. 13 Sie sammelte 4400 Dollar für Tinys Kaution und versprach angeblich, die patriotischen Aktivitäten des Clubs weiter zu unterstützen.
    Wie die meisten Freunde des Clubs und die Öffentlichkeit hielten Helen und ich die Protestler für rote Drückeberger und kommunistisch-jüdische Beatniks, genau wie den VDC-Chef Jerry Rubin. Das waren nicht unsere Leute. Wir lauschten gespannt, wenn Sonny, Tiny, Jimmy Hewitt und andere Clubmitglieder über das Handgemenge berichteten und mit Zeitungsausschnitten herumwedelten.
    Eines Tages betraten zwei Männer in Geschäftsanzügen unseren Laden. Sie waren freundlich, näselten wie Südstaatler und stellten sich als Mitglieder des Bundes amerikanischer Steuerzahler vor, einer mysteriösen Organisation, die in unserer Straße ein Büro hatte. 14
    Wir unterhielten uns bei einem Drink im Zella and Augie’s Townhouse, einer Kneipe neben unserem Geschäft. Sie überhäuften den Club mit Lob, weil er die Demonstranten auf so noble Art aufgemischt hatte, und schlugen weitere »patriotische Aktionen« vor, um die nationale Sicherheit zu gewährleisten. »Unsere Organisation glaubt unter anderem, dass jeder Amerikaner drei Schusswaffen besitzen sollte«, flüsterte einer der Männer. »Eine zu Hause und zwei in einem Versteck auf dem Land.« Nach einem Sermon über die Gefahren einer unbewaffneten Bürgerschaft angesichts subversiver Kräfte im Land kamen sie zur Sache. »Wir bieten den Hells Angels jede finanzielle und juristische Hilfe an, die sie brauchen – und das da.« Der zweite Typ streute eine Handvoll Patronen Kaliber .45 auf die Bar.
    »Warten Sie mal«, sagte ich abwehrend. »Sie sollten mit jemand anderem reden. Ich werde Sie weitervermitteln.« Als ehemaliges Mitglied

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