Böser Engel
der 55th Avenue total stoned gewesen, als Tramp sie aufgefordert habe, ihm einen zu blasen. Mittendrin habe sie »irgendjemandem« die Pistole abgenommen und sich damit in den Kopf geschossen. 48 Sonny sagte, es könne Ärger geben, wenn der Gerichtsmediziner die Leiche untersuche und die Kugel der Waffe eines Angels zuordne. Dann fragte er: »Sind diese Brunnenlöcher noch offen? Sie war ein paar Tage in einer Mülltonne und wird allmählich ganz schön reif.«
»Mehr oder weniger.«
»Gut, dann brauche ich die Schlüssel zur Ranch.«
Ich willigte ein, dass er die Leiche auf der Ranch verschwinden ließ, teils um einen alten Freund für seine unerschütterliche Loyalität zu belohnen, teils weil er sich mit 12 500 Dollar an dem Anwesen beteiligt hatte. Also drückte ich ihm die Torschlüssel in die Hand und sagte: »Ich brauche sie in einer Woche wieder. Nimm das Loch, das dem Haus am nächsten ist.« So konnten wir einen Teil der Ranch ohne Bedenken verkaufen: Wir konnten das Haus und ein wenig Land ringsherum behalten, ohne befürchten zu müssen, dass der neue Eigentümer die Tote zufällig ausbuddelt.
Ein paar Tage später fuhren Helen und ich zur Ranch. Das Gras war wintergrün, die verschlammten Bäche schlängelten sich zwischen knorrigen Eichen hindurch. In der Nähe des halb fertigen Hauses sahen wir einen Hügel aus frisch umgegrabener Erde. Er war nur einige Meter vom Fundament entfernt. Wir waren erschüttert und fühlten uns angewidert. Unser Traum war entweiht worden.
»Wer war sie?«, fragte ich, als wir vor dem Grab standen. »Wie war sie? Wir wissen nicht einmal, ob sie ein junges Highschool-Mädchen war oder eine der Älteren, die einigermaßen wissen, was sie tun.«
(Jahre später fanden wir heraus, dass es sich um Patricia McKnight aus Texas handelte, 26 Jahre alt. Sie hatte sich schon eine Weile mit Angels herumgetrieben, und wir hatten sie sogar schon auf Partys bei Skip getroffen.)
Diese Leiche ließ mir keine Ruhe. Ich hatte eine albtraumhafte Schießerei hinter mir und entdeckte gerade neue Freude am Leben. Und nun hatte ich plötzlich etwas an der Backe, was noch viel schlimmer war als Drogen. Ich hätte diese Tote für kein Geld der Welt versteckt, aber für Sonny tat ich es.
Wir glaubten Sonny, da er normalerweise die Wahrheit sagte und seine Geschichte sehr überzeugend klang. Mamas und andere Clubfrauen neigten zu Überdosierungen, Gruppensex und Sprunghaftigkeit. Hätte es sich um einen Mord gehandelt, hätte Sonny das wahrscheinlich gesagt, oder er hätte geschwiegen. Immerhin war ich bereits Mitwisser eines Mordes und hatte den Mund gehalten. Und wer im Umfeld des Clubs an heikle Informationen gelangte, hatte schwer daran zu tragen.
Obwohl Sonny und der Club mir wieder einmal ein Stück meines Lebens genommen hatten, machte ich mir Sorgen um meinen alten Freund. Anscheinend raste er in eine Sackgasse voller Anklagen und würde früher oder später gegen die Wand fahren. Nach dem Begräbnis der Leiche zog ich Sonny beiseite und sagte zu ihm: »Hör mal, Mann, es ist Zeit aufzuhören. Setz dich in einen Schaukelstuhl und steig aus diesem Hamsterrad aus.« Ich argumentierte, es sei doch unvernünftig, wenn ein Haufen Dreißigjähriger mit Motorrädern und Reklameschildern auf dem Rücken herumfahre und Polizisten dazu auffordere, sie festzunehmen. »Wenn du schon dealen musst, dann wenigstens im Geschäftsanzug«, sagte ich. »Sei Sonny Barger, der angesehene Geschäftsmann.«
Sonny zuckte nur mit den Achseln. Er tat so, als könne er jeder Strafe entgehen, und erklärte, er werde den Totenkopf so lange tragen, bis sein Glück und sein organisatorisches Talent ihn verließen. Er wollte sich auf seine Waffen, seine Absprachen mit Polizisten, seine raffinierten Verkleidungen, sein juristisches Wissen, seine gefälschten Ausweise und dergleichen mehr verlassen. Ich hatte mein Abzeichen aufgrund besonderer Umstände verloren, aber für Sonny war dieses Symbol fast ein Teil seines Körpers und der Clubkodex die Verkörperung seiner eigenen Prinzipien.
Mitte Februar 1970 verließ Tramp den Club fast zur gleichen Zeit wie diese Welt. Gut informierte Freunde aus dem Club verrieten mir, mindestens ein Mitglied sei wütend auf ihn gewesen, weil man in seinem Haus Drogenbesteck gefunden habe. Am Valentinstag starb Tramp wie German an einer Überdosis Beruhigungstabletten. Es war ein seltsamer Tod, oberflächlich betrachtet unauffällig, aber äußerst verdächtig für alle, die dem Club
Weitere Kostenlose Bücher