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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Wethern
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sagte ich. »Wir können darauf verzichten.«
    Animal stürzte sich ohne Vorwarnung auf mich und packte mich an der Gurgel. Als ich kaum noch Luft bekam, stieß ich zwischen den zusammengepressten Zähnen hervor: »Lass los, verdammt!« Er lockerte seinen Griff. »Reden wir darüber«, sagte ich.
    »Du gehörst erschossen wegen dieser Sache«, schrie der kleine Schläger. Dann folgte eine Tirade über die Unantastbarkeit der Clubregeln und die notwendige Bestrafung von Verstößen.
    Ich unterbrach ihn kopfschüttelnd. »Mann, das sehe ich inzwischen anders. Ich musste auf bittere Weise lernen, dass ich Probleme nicht lösen kann, indem ich jemanden erschieße. Das ist der Unterschied zwischen dir und mir.«
    Animal kaufte mir das nicht ab. Wahrscheinlich hörte es sich heuchlerisch an, nachdem ich jahrelang Waffen benutzt hatte. Er wiederholte, dass man mich gemäß der Clubregel »Auge um Auge« hätte erschießen müssen.
    »Ich könnte niemanden mehr erschießen«, sagte ich. »Die Schießerei hat mich verändert. Du könntest mich jetzt wohl umlegen, ich dich aber nicht.« Dann kam ich irgendwie auf Tramp zu sprechen, Animals ehemaligen Mentor. »Es war falsch, wie Tramp mich behandelt hat. Er hat einen Bruder reingelegt und mit einem Nichtmitglied gemeinsame Sache gemacht.«
    Das machte Animal noch wütender. Er reagierte gereizt auf meine Kritik und überhäufte mich mit Schimpfworten. Dann rannte er weg. Ich stand unter Adrenalin. Immer wieder spielte ich die Auseinandersetzung im Kopf durch, Wort für Wort, Geste für Geste. Ich ärgerte mich, weil ich mich nicht gegen den Angriff gewehrt hatte. Mein Verstand hatte mir gesagt, dass Kämpfen und Schießen niemanden zum Mann machten, doch als die Chance für Vergeltung vorbei war, sprachen meine Gefühle und meine Überzeugungen eine ganz andere Sprache.
    J. B. bemerkte meine Scham und meine Wut. »Ich war drauf und dran, ihm eine zu verpassen«, sagte er.
    »Du hast das Richtige gesagt«, fügte Zorro hinzu. »Und du hast recht mit der Schießerei. Das ist vorbei. Vergiss es.«
    Die Konfrontation ging mir auch noch durch den Kopf, als wir mit unserem Hirschfleisch schon nach Hause zurückgekehrt waren. Ein paar Tage wanderte ich ruhelos durchs Haus, und nicht einmal Helen brachte mich dazu, über die Ereignisse in den Bergen zu reden.

Kapitel 22
Altamont und andere Schrecken
    »Niemand hat den Hells Angels je einen mutwilligen Mord vorgeworfen, zumindest nicht vor Gericht ..., aber es ist erschreckend, sich vorzustellen, was geschehen würde, wenn man die Gesetzlosen jemals für den Tod von drei oder vier Menschen verantwortlich machen würde, egal ob durch Unfälle oder auf andere Weise. Wahrscheinlich würde dann jeder Motorradfahrer in Kalifornien von der Straße gejagt und zu Frikadellen verarbeitet.«
    Hunter S. Thompson 47
    D er Rest der Welt erfuhr am 6. Dezember 1969, was die Angels und die Justizbehörden seit Jahren wussten: Der selige Optimismus, den Club als Hippieverein zu betrachten, war eine Täuschung.
    Von dem Moment an, als die Angels auf Choppern durch die Menschenmenge auf dem Altamont-Festival fuhren und alle mit Füßen traten, die ihnen im Weg standen, spielten sie die herablassenden Aggressoren. Die Frage war nur, wann und wie sie einen Vorwand finden würden, um in dieser Herde aus 300 000 Menschen jemanden zu schlachten.
    Der Club kam, um Party zu feiern, hatte aber eigentlich den Auftrag, die Rolling Stones und andere Künstler vor ausrastenden Fans zu schützen, die versuchten, die Bühne zu stürmen. Die Stones hatten die Angels auf Vorschlag der Grateful Dead engagiert. Als Lohn sollten sie Bier im Wert von 500 Dollar bekommen, das die Angels Dose für Dose kassierten, während sie um die Bühne patrouillierten.
    Altamont war auf Plakaten als Woodstock der Westküste angekündigt worden, ein weiteres Rockfestival mit freiem Eintritt. Es gab weder Eintrittskarten noch Zäune, um den Zustrom an Menschen und Autos einzudämmen, und die wenigen privaten Wachleute hätten sich eher als Ladendetektive geeignet.
    Unter diesen Umständen war auf dem mit Glassplittern übersäten Gelände eine Tragödie wahrscheinlicher als ein Fest der Liebe.
    In Marihuanawolken gehüllt, standen die Leute dicht gedrängt vor der Bühne. Bei Einbruch der Dämmerung waren die Angels mehr als ein Dutzend Mal in die Menge eingedrungen und hatten Menschen mit Stiefeln und Billardstöcken traktiert, weil sie den heiligen Bereich der Bühne betreten oder

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