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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Wethern
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Gelübde, ihre Hoffnungen und Träume von einer Pergamentrolle ablasen.

Kapitel 24
Engel ohne Kutte
    O b in der Stadt oder auf dem Land – ich sah immer noch aus wie ein Hells Angel, wenn auch ohne den Aufnäher. Mit meinen 125 Kilo, dem schwarzen Bart und dem übel zugerichteten Gesicht mussten die Leute mich einfach anglotzen, wenn ich auf einem Barhocker saß, Lebensmittel einkaufte oder mit meiner Familie die Kirche oder Schulveranstaltungen besuchte.
    Mein Aussehen und meine Vergangenheit machten mich zwangsweise zu einem Biker. Aber auf meine Kinder war ich ebenso stolz wie andere Väter. Im Gegensatz zu jenem George Wethern, der vor einigen Jahren den Geburtstag seinen Sohnes verpasst hatte, war ich nun immer da. Gute Noten wurden belohnt, schlechte bestraft. Der Erstkommunion folgte das Familienfrühstück.
    Von Bobbys Kommunion profitierte meine Familie in vielerlei Hinsicht. Unter den Eltern, die sich vor der Messe draußen tummelten, entdeckten wir auch den Richter Allen Broussard, der mich wegen Körperverletzung verurteilt hatte, und seine Frau. Da waren wir also, ein ehemaliger Hells Angel und ein schwarzer Richter, die Freundlichkeiten austauschten und über ihre Kinder plauderten. Als die Zeremonie begann, saßen wir hinter den Broussards, ganz aufgeregt wegen unseres Sohnes und hocherfreut über das Glück, in der Kirche den Richter getroffen zu haben. Nach der Messe schritt ich mit einer Aura der Ehrbarkeit hinaus in die Sonne.
    In den Augen des Gerichts und meines Bewährungshelfers ging ich unbeirrt den Weg der Resozialisierung. Ein Teil meines neuen Images war echt, einen anderen Teil verdankte ich meiner natürlichen Schauspielkunst. Ich löste mich vom Club. Ich hatte Arbeit. Ich interessierte mich für meine Kinder. Ich baute fern meiner kriminellen Heimat ein Haus für meine Familie. Und meine vom Gericht angeordneten Urintests zeigten, dass ich keine Drogen mehr nahm (ich hörte vor den Tests rechtzeitig auf, damit mein Körper Rückstände ausscheiden konnte).
    Wohl deshalb verringerte Richter Broussard meine Bewährungszeit am 28. August 1970 auf Vorschlag meines Bewährungshelfers von zwei Jahren auf ein Jahr und erklärte sie für beendet. Dann beglückwünschte er mich zu meiner schnellen Resozialisierung. Auf dem Weg nach Hause feierten Helen und ich den Erfolg mit einem wilden Drogentrip.
    Wir waren zurück in der Drogenszene. Zuerst begannen wir mit Gras und ein paar Beruhigungstabletten, dann gingen wir allmählich zu Speed über. Im Schlafzimmer schätzten wir Amphetamin, und wenn wir eine ganze Nacht aktiv gewesen waren, nahmen wir Beruhigungsmittel und schliefen ein paar Stunden. Helen sagte oft: »Wer high war, braucht danach ein wenig Ruhe.« Diese Lebensweise wurde bald zur Routine. Nach einem mehrtägigen Speed-Trip schluckten wir ein paar Tabletten, um uns abzuregen. Am folgenden Wochenende waren wir meist wieder fit und konnten erneut loslegen.
    Wir konsumierten zwar eine Menge Drogen, stießen aber an finanzielle Grenzen. Wir konnten nicht mehr Tausende von Tabletten von Drogenlieferungen abzweigen, sondern waren auf die Großzügigkeit von Dealerfreunden und unsere Ersparnisse angewiesen. Immerhin schafften wir es, eine Kühlbox voller Drogen in den Bergen zu verstecken.
    Eine Droge mieden wir allerdings: PCP. Sobald mein Kopf dem Stress einer Schießerei wieder gewachsen war, forschte ich nach PCP-Lieferanten, weil ich die Quelle ausschalten wollte. Manchmal begleitete mich Zorro, wenn ich Hinweisen nachging, die ich bei kleinen Drogengeschäften und sozialen Kontakten bekam, aber größtenteils war es mein eigener Kreuzzug.
    Winston brachte mich auf eine Spur, die zu Eddie führte, einem kraushaarigen Winkeladvokaten, der mich mit einem 1,98 Meter großen Killer besuchte. »Das Zeug, das du verscherbelst, ist nicht gut«, sagte ich zu ihm und schilderte ihm meine katastrophalen Erfahrungen. Eddy blieb bis zum Ende meiner Geschichte unbewegt, doch sein Bodyguard hatte Tränen in den Augen. Er gab zu, dass sein eigenes Gehirn sich entzündet hatte und kurz vorm Zerplatzen war, nachdem er diesen Mist zwei Wochen lang genommen hatte.
    »Entspann dich, Kumpel«, sagte ich und packte ihn an der Schulter. »Wir nehmen ein paar Beruhigungstabletten, und dort drüben steht Jack Daniel’s. Dir geht es bald wieder gut, aber du musst Geduld haben. Leg dich aufs Sofa und warte ab.«
    Als ich den Riesen aus dem Verkehr gezogen hatte, sprach ich Klartext mit Eddie. Ursprünglich

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