Böser Engel
Whiskey, Rum und ein paar Kisten Bier zu kaufen. Nach ein paar Gläsern verlagerte sich die Party in die Kneipe You and I in Crockett. Dort blieben die Biker etwa drei Stunden, tranken und spielten Billard, bis sie sich auf die Rückfahrt machten.
Im Clubhaus ging das Gelage weiter. Meskalin und LSD wurden herumgereicht. Der Clubpräsident, »Rotten Richard« Barker, verteilte Kokain, und die Leute schnupften es durch einen zusammengerollten Hundert-Dollar-Schein. Es waren nur wenige Frauen anwesend, alle mehr oder weniger vergeben, darum nahm der Abend einen etwas anderen Verlauf.
»Whispering Bill« Pifer – ein großer, hagerer Angel, der seinen Spitznamen erhielt, nachdem Krebs seinen Kehlkopf zerstört hatte – ging in die Küche, um Kaffee für Tom und Bier für Charlie zu holen. »Tom möchte ja zu uns stoßen«, sagte er zu mehreren Mitgliedern. »Wollen wir ihn auf die Probe stellen?«
»Wir könnten seinen Kaffee mit LSD würzen«, schlug Rolland Crane, 29-jährig, vor.
»Klar. Das ist eine gute Idee«, meinte Barker. Acht oder zehn grüne LSD-Tabletten wurden in Shulls Kaffee verrührt, dann ließ Crane auch ein paar in Charlies Bier fallen.
Als sich bei den Versuchskaninchen die ersten Halluzinationen einstellten, wurden sie geprüft. Jemand zeigte Big Tom ein Foto von Martin Luther King Jr. und behauptete, der schwarze Bürgerrechtler werde möglicherweise der nächste Präsident der USA sein. Shull begann Schimpfnamen zu brüllen und stampfte auf dem Bild herum.
Bald setzte der Clubpräsident die Prüfung fort. »Gib mir deine Brieftasche«, sagte er, und Shull gehorchte, um den Chef nicht zu reizen. Dann ging Barker zu Charlie und gab vor, einen Mitarbeiterausweis des Sheriffbüros aus der Brieftasche zu ziehen. »Wusstest du, dass dein Freund ein Cop ist?«, fragte er grimmig.
Dem kleinen Burschen traten schier die Augen aus dem Kopf. »Nein. Ich glaube es nicht. Nein!«, rief er.
Dann benutzte Barker Charlies Brieftasche, um Tom den gleichen Streich zu spielen. »Dieser Zwerg ist ein Drogenfahnder«, sagte Barker. Damit wollte er andeuten, dass Big Tom entweder seinen Kumpel abservieren oder sich mit allen anderen anlegen musste.
»Ich bring ihn um, ich bring ihn um«, brüllte Tom, sprang auf die Füße und fuchtelte wild mit den Armen.
»Haltet den Hundesohn fest!«, schrie Barker, und ein halbes Dutzend Männer – Crane, »Big Boy«, Paul F. »Badger« Mumm, William J. Moran, Whispering Bill und dessen 16-jähriger Sohn – versuchten Tom zu bändigen. Die Frauen zogen sich zurück, und Charlie bemühte sich, seinen Kumpel zu beruhigen. Aber Big Tom tobte weiter. »Der Teufel ist hinter mir her. Der Teufel ist hinter mir her.« Er schlug mit der Kraft eines Verrückten um sich und war derart außer Rand und Band, dass Barker den ehemaligen Angel »Big Red« anrief und ihm befahl: »Bring ein paar Seconal-Tabletten her, und zwar schnell.«
Die Männer bekamen Big Toms Körper oder sein gestörtes Hirn nicht in den Griff. 45 blutige Minuten lang klammerten sich die keuchenden, ächzenden Männer an seine Arme und Beine, packten abwechselnd sein langes Haar und knallten seinen Kopf auf den Fußboden, um ihn bewusstlos zu machen. Alles war mit seinem Blut bespritzt. Dann endlich kamen »Big Red« und ein zweiter Biker mit den Beruhigungstabletten. Sie stopften Tom ein paar Handvoll in den Mund, und nach wenigen Minuten entspannte er sich, sodass sie ihm die Hände auf dem Rücken fesseln und ein Seil zwischen seinen ebenfalls gebundenen Füßen und seinem Hals spannen konnten. »Ich bring euch Hundesöhne um«, brüllte er.
»Bringt ihn ins hintere Schlafzimmer, dort hört ihn niemand schreien«, befahl Barker. Fast sämtliche Hände wurden benötigt, um ihn von der Stelle zu bewegen. Wie ein Irrer kreischend, blieb er allein zurück.
Die Party ging noch etwa zehn Minuten weiter, dann wurde Pifer ins Schlafzimmer geschickt, um nachzusehen, ob Big Tom ruhig war. Er war ruhig. Die Zunge in seinem weit offenen Mund war geschwollen, seine Augen waren nach hinten gerollt. Pifer legte ein Ohr an Toms Mund. Nichts. Er rannte ins Wohnzimmer. »Ich hoffe, ihr seid zufrieden«, stieß er keuchend hervor. »Ihr habt den Hundesohn umgebracht.«
Barker, Crane und Moran rannten los, um sich selbst zu überzeugen. Als sie zurückkamen, schickte Rotten Richard die Frauen weg. Dann zeigte er auf Charlie und befahl Pifer, der an diesem Abend Sergeant at Arms war: »Du bringst diesen Mistkerl um.
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