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Böser kleiner Junge (German Edition)

Böser kleiner Junge (German Edition)

Titel: Böser kleiner Junge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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vorkam, zu dehnbar, zu knochenlos , drehte er den Knauf und öffnete die Tür.
    Da war die Frau aus Zimmer 217, wie er gewusst hatte. Sie saß nackt mit gespreizten Beinen und prallen, bleichen Oberschenkeln auf der Toilette. Ihre grünlichen Brüste hingen herab wie schlaffe Luftballons. Das Haarbüschel unter ihrem Bauch war grau. Auch ihre Augen waren grau wie Aluminiumspiegel. Als sie ihn sah, verzogen ihre Lippen sich zu einem Grinsen.
    Mach die Augen zu, hatte Dick Hallorann ihm einmal gesagt. Wenn du etwas Schlimmes siehst, mach einfach die Augen zu, und sag dir, dass es nicht da ist, und wenn du sie wieder aufmachst, ist es fort.
    Aber das hatte schon damals, als er fünf Jahre alt gewesen war, in Zimmer 217 nicht funktioniert, und jetzt funktionierte es sicher auch nicht. Das wusste er. Er konnte die Frau riechen . Sie war dabei zu verwesen.
    Die Frau – er kannte ihren Namen, es war Mrs. Massey – erhob sich schwerfällig auf ihre violetten Beine und streckte die Hände nach ihm aus. Das Fleisch hing an ihren Armen herab, als würde es tropfen. Sie lächelte, als sähe sie einen alten Freund. Oder vielleicht etwas Gutes zu essen.
    Mit einem Ausdruck, den man fälschlich für Gelassenheit hätte halten können, schloss Danny leise die Tür und trat einen Schritt zurück. Er sah, wie der Knauf sich drehte, nach rechts … nach links … wieder nach rechts … und dann innehielt.
    Inzwischen war er acht Jahre alt und trotz dieses Horrors zumindest einiger rationaler Gedanken fähig. Teilweise deshalb, weil er so etwas in einem tiefen Winkel seines Denkens erwartet hatte. Allerdings hatte er immer gedacht, wenn irgendwann jemand auftauchte, würde es Horace Derwent sein. Oder vielleicht der Barkeeper, den sein Vater Lloyd genannt hatte. Aber schon bevor es endlich so weit war, hätte er wissen müssen, dass es Mrs. Massey sein würde. Weil sie von allen untoten Dingen im Overlook am schlimmsten gewesen war.
    Der rationale Teil seines Denkens sagte ihm, die Frau sei nur ein Bruchstück irgendeines schlimmen Traums, an den er sich nicht mehr erinnerte und der ihm aus dem Schlaf durch den Flur bis ins Bad gefolgt war. Dieser Teil behauptete steif und fest, wenn er die Tür wieder öffnete, würde nichts dahinter sein. Bestimmt nicht, denn jetzt war er ja wach. Doch ein anderer Teil von ihm, ein Teil, der hellsichtig war, wusste es besser. Das Overlook war nicht mit ihm fertig, noch nicht. Mindestens einer der rachsüchtigen Geister aus dem Hotel war ihm bis nach Florida gefolgt. Einmal war er auf die Frau gestoßen, während sie in einer Badewanne gelegen hatte. Sie war herausgestiegen und hatte versucht, ihn mit ihren fischigen (aber schrecklich starken) Fingern zu erwürgen. Wenn er die Badezimmertür jetzt öffnete, würde sie das zu Ende bringen.
    Er ging einen Kompromiss ein, indem er das Ohr an die Tür legte. Zuerst war da nichts. Dann hörte er ein leises Geräusch.
    Tote Fingernägel, die an Holz kratzten.
    Auf nicht vorhandenen Beinen ging Danny in die Küche, stellte sich auf einen Stuhl und pinkelte ins Spülbecken. Dann weckte er seine Mutter und sagte ihr, sie solle nicht ins Bad gehen, weil da etwas Schlimmes drin sei. Sobald das erledigt war, ging er wieder ins Bett und verkroch sich unter der Decke. Dort wollte er für immer bleiben und nur aufstehen, um ins Spülbecken zu pinkeln. Nachdem er seine Mutter gewarnt hatte, war er nicht mehr daran interessiert, mit ihr zu sprechen.
    Seine Mutter kannte das bereits. Es war schon einmal geschehen, nachdem Danny sich in Zimmer 217 des Overlook gewagt hatte.
    »Aber mit Dick wirst du sprechen, ja?«
    In seinem Bett liegend, sah er zu ihr hoch und nickte. Seine Mutter ging ans Telefon, obwohl es vier Uhr morgens war.
    Am späten Nachmittag des nächsten Tages kam Dick. Er hatte etwas mitgebracht. Ein Geschenk.
    4
    Nachdem Wendy Dick angerufen hatte – sie hatte dafür gesorgt, dass Danny das mitbekam –, schlief Danny wieder ein. Obwohl er schon acht und in der dritten Klasse war, nuckelte er am Daumen. Es tat ihr weh, das zu sehen. Sie ging zur Badezimmertür und starrte sie an. Sie hatte Angst – Danny hatte ihr Angst gemacht –, aber sie musste aufs Klo, und sie brachte es nicht über sich, in die Spüle zu pinkeln wie er. Bei der Vorstellung, wie sie auf dem Rand der Spüle hocken würde, während ihr Hintern schwankend über dem Becken hing (auch wenn niemand da war, der zusehen konnte), rümpfte sie unwillkürlich die Nase.
    In der Hand hatte

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